Schattenbankensektor im Auge behalten


Für ein stabileres und widerstandsfähigeres Finanzsystem sorgen: Koalitionsfraktionen wollen die Finanzmärkte weiter regulieren
Mit der Anhebung des Aufsichts- und Regulierungsstandards müsse verhindert werden, dass die Finanzmarktakteure Geschäftstätigkeiten in weniger oder gar nicht regulierte Bereiche auslagern


(06.07.11) - Die Bundesregierung soll bei der effektiven Regulierung der Finanzmärkte weiterhin "konsequent und mit Augenmaß vorgehen und dauerhaft für ein stabileres und widerstandsfähigeres Finanzsystem sorgen. Alle Reformvorhaben auf internationaler Ebene sollten zügig abgeschlossen werden. Besonders die Arbeiten der G20 und des Finanzstabilitätsrates als globales Frühwarnsystem zu systemrelevanten Instituten sowie zur Regulierung des Schattenbankensystems müssten weiter vorangetrieben werden, fordern die Fraktionen von CDU/CSU und FDP in einem gemeinsamen Antrag (17/6313). Ziel müsse es sein, "auf nationaler Ebene den Finanzmarkt krisenfest zu machen und auf europäischer wie globaler Ebene einen entscheidenden Beitrag für dauerhaft stabile Finanzmärte zu leisten".

Mit der Anhebung des Aufsichts- und Regulierungsstandards müsse verhindert werden, dass die Finanzmarktakteure Geschäftstätigkeiten in weniger oder gar nicht regulierte Bereiche auslagern, fordern die Fraktionen. Das betreffe nicht nur regionale Verlagerungen in "nicht-kooperative Jurisdiktionen", also Länder, in denen keine oder nur eine schwache Regulierung des Kapitalmarktes erfolge. Mehr Aufmerksamkeit müsse dem Schattenbankensektor gewidmet werden. Dazu zählen die Fraktionen die Aktivitäten von Zweckgesellschaften, Geldmarktfonds und Hedgefonds. Es müsse vermieden werden, das ein großer Teil der Geschäfte außerhalb des Bankensektors stattfinde "und in diesen Bereichen Risiken entstehen, denen gerade mit den umgesetzten Regulierungsmaßnahmen im Bankensektor entgegengewirkt wurde".

Zu den weiteren Forderungen gehört die Einführung einer europäischen Finanzmarktsteuer "zur Entlastung der nationalen Haushalte". Die Verwendung externer Ratings von sogenannten Ratingagenturen soll reduziert werden. Investoren müssten Risiken wieder stärker eigenverantwortlich einschätzen. Für Ratingagenturen sollen zivilrechtliche Haftungsregelungen eingeführt werden.

In einer Bilanz weisen CDU/CSU- und FDP-Fraktion auf zahlreiche Maßnahmen hin, mit denen zukünftige Fehlentwicklungen vermieden werden sollen. Zu den zentralen Reformen gehörten die unter dem Begriff "Basel III" bekannten neuen Kapital- und Liquiditätsregen für Banken. Die Regelungen, die in Deutschland vom 1. Januar 2013 an zur Anwendung kommen sollen, sollen die Verlusttragfähigkeit nicht nur jeder einzelnen Bank, sondern die Widerstandsfähigkeit des ganzen Bankensektors stärken. Auch im Versicherungsbereich gebe es eine Reform des Aufsichtsrechts (Solvency II).

Beide Fraktionen erinnern ferner an das Restrukturierungsgesetz. Mit Hilfe der neuen Regeln könnten systemisch relevante Banken entweder schonend restrukturiert oder abgewickelt werden. Die Finanzierung erfolge durch einen Fonds, der von Beiträgen der Banken gespeist werde. "Damit wird die Finanzwirtschaft erstmals für die Kosten zur Bewältigung einer Finanzkrise herangezogen", loben die Fraktionen.

Manager alternativer Investmentfonds, von Hedgefonds und von Fonds mit privatem Beteiligungskapital müssten in Zukunft bestimmte Zulassungskriterien erfüllen, deren Einhaltung fortlaufend beaufsichtigt werde. Die EU-Richtlinie werde spätestens im Frühjahr 2013 in deutsches Recht umgesetzt, kündigen CDU/CSU- und FDP-Fraktion an. Des weiteren erinnern sie an die verschärften Kapital- und Liquiditätsanforderungen. In sogenannte Kreditverbriefungen dürften Banken nur noch dann investieren, wenn deren Emittenten fünf Prozent (ab 2015 10 Prozent) der verbrieften Risiken selbst behalten würden.

Gefährliche Finanzmarktpraktiken wie ungedeckte Leerverkäufe deutscher Aktien sowie von Staatsanleihen der Eurozone seien verboten und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen sei mit neuen Zuständigkeiten ausgestattet worden. Begrüßt wird die Schaffung des europäischen Finanzaufsichtssystems. Zur Stärkung des Verbraucherschutzes sei ein "Beipackzettel" für Finanzprodukte eingeführt worden. Außerdem werde jetzt "im Bereich des Grauen Kapitalmarktes ein mit dem Bankensektor vergleichbares Anlegerschutzniveau geschaffen". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

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  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

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    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

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  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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