Kinder hätten rein rechtlich nicht existiert


Petitionsausschuss: Tot geborene Kinder mit Geburtsgewicht unter 500 Gramm sollen ins Personenstandsregister eingetragen werden
Bestattungsrecht: Oft würden Kinder nicht würdevoll beerdigt werden


(07.07.11) - Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung, auch tot geborene Kinder, deren Geburtsgewicht unter 500 Gramm liegt, in das Personenstandsregister einzutragen. Während seiner Sitzung beschloss der Ausschuss daher, eine dahingehende öffentliche Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.

In der Eingabe wird darauf verwiesen, dass nach geltendem Recht Fehlgeburten, also Kinder unter einem Gewicht von 500 Gramm und ohne Lebensmerkmale wie Herzschlag, Nabelschnur, Pulsation oder Lungenatmung, nicht in den Personenstandregistern beurkundet würden. Dies bedeute, dass solche Kinder rein rechtlich nicht existiert hätten und auch nirgendwo statistisch registriert seien. Nach Ansicht der Petenten haben jedoch Kinder mit weniger als 500 Gramm Geburtsgewicht heute als Folge des medizinischen Fortschritts die Chance zu überleben. Vor diesem Hintergrund soll die 500-Gramm-Grenze abgeschafft werden, wird in der Eingabe gefordert.

Da das Bestattungsrecht Ländersache sei, so heißt es in der Petition weiter, werde dies in jedem Bundesland anders geregelt. Dies habe oft zur Folge, dass die Kinder nicht würdevoll beerdigt würden. Gerade für Eltern sei es jedoch wichtig, eine persönliche Anlaufstelle und einen Zufluchtsort zum Trauern und Gedenken ihres Kindes zu haben, schreiben die Petenten.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Ausschuss darauf, dass zum Zeitpunkt der 13. Personenstandsänderungsverordnung vom 1. April 1994 bei Kindern mit einem geringeren Geburtsgewicht als 500 Gramm ein Überleben nach medizinischen Erkenntnissen und nach Stand der medizinischen Forschung im Allgemeinen nicht zu erwarten gewesen sei. Zahlen aus den Neonatalstatistiken 2009 belegten jedoch, dass die Chancen auf eine gesunde Entwicklung bei Neu- und Frühgeborenen erheblich gestiegen seien. "Sogar extreme Frühgeburten mit einem Geburtstermin um die 24. Schwangerschaftswoche und einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm haben heute gute Überlebenschancen", schreibt der Ausschuss. Vor diesem Hintergrund sei es nicht nachvollziehbar, dass ein Kind mit einem Geburtsgewicht von unter 500 Gramm ohne Lebenszeichen zur Geburt generell als Fehlgeburt gelte.

Auch der Wunsch vieler Eltern auf Bestattung und Dokumentation einer Totgeburt ist aus Sicht des Petitionsausschusses verständlich. Angesichts der Tatsache, dass Bestattungsrecht Ländersache sei, begrüßen es die Abgeordneten sehr, dass die Bestattungsgesetze aller Bundesländer inzwischen ausdrücklich erlaubten, auch tot geborene Kinder bestatten zu lassen.

Zusammenfassend gelangt der Petitionsausschuss zu der Einschätzung, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen für die standesamtliche Registrierung von tot geborenen Kindern in Anbetracht der fortgeschrittenen medizinischen Möglichkeiten überholt sind. Eine gesetzliche Neuregelung erscheine daher angemessen. Zugleich sollte überlegt werden, auf eine starre Gewichtsgrenze generell zu verzichten. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bürokratie auf Bundesebene

    Zum Stichtag 24. Mai 2024 sind auf Bundesebene 1.797 Gesetze mit 52.401 Einzelnormen sowie 2.866 Rechtsverordnungen mit 44.475 Einzelnormen gültig gewesen. Das führt die Bundesregierung in einer Antwort (20/11746) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/11510) zu "Maßnahmen zur Reduzierung von Bürokratie auf Bundesebene" aus. Bezogen auf die Zahl der Gesetze beziehungsweise Rechtsverordnungen ist das jeweils der Höchstwert seit 2010.

  • Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz

    Der Rechtsausschuss hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien" (20/11308) befasst. Das Echo der geladenen Expertinnen und Experten zum Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz fiel dabei sehr unterschiedlich aus.

  • Finanzierung des EEG-Kontos

    Um erneuerbare Energien zu fördern, werden Betreibern von Photovoltaik- und Windanlagen Preise garantiert. Der paradoxe Effekt in der gegenwärtigen Situation: Die Strompreise an der Börse sinken, was gut für den Verbraucher ist.

  • Bekämpfung von Finanzkriminalität

    Geldwäsche soll in Deutschland besser bekämpft werden. Das ist das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (20/9648) zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG), das der Finanzausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppe Die Linke verabschiedet hat.

  • Innovative Ansätze in der Datenpolitik nötig

    Mit den Rahmenbedingungen für eine innovative Datenpolitik, also Datenaustausch und -nutzung sowie Datenschutz, hat sich der Digitalausschuss in einer öffentlichen Anhörung befasst. Die Sachverständigen bewerteten auch die nationalen Spielräume bei der Umsetzung des europäischen Data Acts, des Data Governance Acts aber auch der KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen