Compliance bei Spielbanken und beim Online-Gaming


Sachverständiger: Mafia wäscht Milliardenbeträge in Deutschland - "Unglaubliche Geldströme von Italien nach Deutschland"
Problem des deutschen Strafrechts: Es verfügt nicht über geeignete Instrumentarien zur Beschlagnahme von Vermögen verfüge wie zum Beispiel das italienische

(07.11.12) - Für internationale Verbrechersyndikate wie die Mafia ist Deutschland für Zwecke der Geldwäsche eines der gefragtesten Länder. "Es gibt unglaubliche Geldströme von Italien nach Deutschland", erklärte Roberto Scarpinato, leitender Oberstaatsanwalt im Anti-Mafia-Pool in Palermo, in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Dabei gehe es um Milliardenbeträge. Seine Behörde habe bei Ermittlungen in den vergangenen 20 Jahren allein in Palermo über vier Milliarden Euro sichergestellt. Dass Deutschland eines von der Mafia für die Geldwäsche ausgesuchten Länder sei, hätten auch 45 Kronzeugen in Vernehmungen bestätigt.

Zu den Gründen zählte Scarpinato das deutsche Strafrecht, das nicht über geeignete Instrumentarien zur Beschlagnahme von Vermögen verfüge wie zum Beispiel das italienische. Der Staatsanwalt verwies auf einen Fall, in dem in Deutschland lagerndes Vermögen italienischer Mafiosi nicht beschlagnahmt werden konnte. Besonders intensiv zur Geldwäsche genutzt würden Spielhallen und Online-Spielbanken, die die Mafia über Strohmänner aufkaufe. Die Herkunft von Mafia-Geldern werde auch durch viele Zwischenstationen verschleiert. So würden die Gelder zum Teil durch über 90 internationale Finanzinstitutionen geschleust, um die Rückverfolgung unmöglich zu machen.

Grundlage der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (17/10745). Dabei wurde auch von anderen Sachverständigen heftige Kritik an den Zuständen bei der Geldwäschebekämpfung in Deutschland laut. Der Schweizer Sachverständige Andreas Frank (Frank Consultancy Services) warf der Bundesregierung vor, das Geldwäschegesetz auch 19 Jahre nach seinem Inkrafttreten nicht umzusetzen: Deutschland verletze die EU-Geldwäscherichtlinie und täusche die EU über die Umsetzung. Frank begrüßte, dass Glücksspiele ins Internet in das Geldwäschegesetz einbezogen werden sollten. Zugleich erkläre der Gesetzentwurf aber nicht, wie Grau- und Schwarzmarkt zurückgedrängt werden könnten: "Die geldwäschepräventive Wirkung des Gesetzentwurfs bleibt Makulatur."

Der Gesetzentwurf sieht für Branchen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie für Geldwäsche missbraucht werden, besondere Sorgfaltspflichten vor. So müssen Anbieter von Glücksspielen im Internet einen Geldwäschebeauftragten bestellen. Zahlungsflüsse von und auf Spielkonten sollen durch ein EDV-gestütztes Monitoring-System geprüft werden, so dass "anhand bestimmter Kriterien und Indizien sowie bei der systemischen Feststellung eines als auffällig eingestuften Verhaltens dem Verpflichteten und dessen Geldwäschebeauftragten eine sofortige Reaktion ermöglicht" wird. Grund für die Ergänzung des Gesetzes ist die durch den Glücksspiel-Staatsvertrag geschaffene Zuständigkeit der Bundesländer für Online-Glücksspiele. Das Land Schleswig-Holstein habe bereits Regelungen für ein legales Glücksspiel geschaffen, wird erläutert. Zuvor sei das Glücksspiel im Internet verboten gewesen. Daher sei es auch nicht notwendig gewesen, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche in diesem Bereich zu schaffen.

Der Bund deutscher Kriminalbeamter zweifelte am Erfolg der Gesetzgebung: "Die große Masse des Online-Glücksspielangebotes wird nach wie vor illegal angeboten und nachgefragt werden." Nur wenige Anbieter hätten durch die Marktöffnung in Schleswig-Holstein den Weg in die Legalität gesucht. Das illegale Glücksspiel sei aus Sicht der Betreiber erheblich günstiger anzubieten: "Es fallen weder Lizenzabgaben, noch Steuern oder gar Implementierungskosten zur Erfüllung von geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten an."

Die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, mahnte, die Zahlungsdienstleister sollten nur in Anspruch genommen werden, wenn das zwingend erforderlich sei.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) lehnte den Entwurf ab: "Es gibt keinerlei Belege dafür, dass das allgemeine Risiko für Geldwäsche im Online-Glücksspielbereich gravierend ist, besonders im Vergleich zu anderen möglichen Methoden der Geldwäsche, insbesondere im stationären Bereich, wo überwiegend Bargeld eingesetzt wird."

Der nach eigenen Angaben deutsche Marktführer bei Online-Glücksspielen, "bwin.party", versicherte, alle europäischen Anbieter würden schon heute die Anforderungen des Gesetzentwurfs erfüllen. Die Stoßrichtung des Gesetzentwurfs werde begrüßt.

Wie Geldwäsche bei Glücksspielen funktioniert, erläuterte die Organisation "Tax Justice Network" in ihrer Stellungnahme. Danach gibt es zwei Formen der Geldwäsche: 1. Der Anbieter täuscht überhöhte Umsätze vor und bringt auf diese Weise illegal erworbene Geldmittel in den legalen Kreislauf. 2. Ein Teilnehmer an Glücksspielen setzt illegal erworbenes Geld bei Glücksspielen ein und erhält im Gegenzug Glücksspielgewinne steuerfrei gewaschen zurück. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen