Der übliche Gesetzes-Verhau?


Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerecht: Bündnis 90/Die Grünen kritisieren, Überschrift und Inhalt des Gesetzentwurfs würden nicht mehr zusammenpassen - Kritik an "Alte-Hasen-Regelung" für Anlageberater
Zu beratende Änderungen am Emissionshandelsrecht sind plötzlich im Gesetzentwurf zum Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerecht zu finden


(11.10.11) - Die Hereinnahme von sachfremden Regelungen in Gesetzentwürfe durch Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen ist von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Finanzausschuss scharf kritisiert worden. Bei der Beratung der von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungsanträge zum Entwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts (17/6051) erklärte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die in den Änderungsanträgen enthaltenen Regelungen für Ratingagenturen hätten mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf nichts zu tun, sondern seien einfach angehängt worden. Überschrift und Inhalt des Gesetzentwurfs würden nicht mehr zusammenpassen. "Das ist nicht in Ordnung", kritisierte die Fraktion.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion gab der Opposition "grundsätzlich Recht". Er verwies aber andererseits auf die insgesamt große Zahl von Gesetzentwürfen, die im Finanzausschuss beraten werden müsse. Von der Opposition wurde auch kritisiert, dass ursprünglich im Umweltausschuss zu beratende Änderungen am Emissionshandelsrecht plötzlich im Gesetzentwurf zum Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerecht zu finden seien. Die Koalitionsfraktionen hatten außerdem Änderungsanträge mit dem Ziel der Begrenzung der Provisionen von Versicherungsvertretern eingebracht (Siehe gesonderten Bericht).

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Regulierung des sogenannten Grauen Kapitalmarkts. Missständen in diesem Marktsegment soll entgegengewirkt werden, indem Pflichten für Banken und Sparkassen im regulierten Bereich des Kapitalmarktes auf Anbieter im Grauen Markt ausgedehnt werden. "Hierzu gehören das aufsichtsrechtliche Gebot, anlegergerecht zu beraten, Provisionen offen zu legen und über ein Beratungsgespräch ein Protokoll zu führen und dem Anleger zur Verfügung zu stellen", heißt es in der Begründung des Entwurfs.

Verkaufsprospekte für Vermögensanlagen sollen zusätzliche inhaltliche Anforderungen erfüllen. Anbieter von Vermögensanlagen sollen verpflichtet werden, Kurzinformationsblätter zu erstellen. Wer Finanzanlagen verkaufen und Anlagenberatung betreiben will, muss mit erheblich verschärften Bedingungen für die Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis rechnen. Verlangt werden laut Gesetzentwurf ein Sachkundenachweis und der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung. Der Sachkundenachweis sei zum Schutz der Anleger vor unqualifizierter Beratung und unsachgemäßer Vermittlung von Finanzanlagen sinnvoll und angesichts des hohen Schädigungspotenzials bei Falschberatung auf Grund von mangelhafter Qualifikation auch erforderlich. Für die Überwachung des Grauen Marktes sollen die Gewerbebehörden zuständig sein und nicht die für die Banken zuständige Finanzaufsichtsbehörde Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Die FDP-Fraktion widersprach der Auffassung der SPD-Fraktion, dass die gespaltene Aufsicht das Problem des Anlegerschutzes nicht löse. Die BaFin und die Gewerbeaufsicht würden in den Finanzfragen eng kooperieren, so dass die Vorwürfe der SPD-Fraktion ins Leere laufen würden.

Auch die Bundesregierung wies darauf hin, dass man gute Erfahrungen mit der Aufsicht durch die Gewerbeämter gemacht habe. Die Ämter sind bereits für die Versicherungsvertreter zuständig. Finanzanlagevermittler gehörten ebenfalls in diesen Bereich, zumal der Personenkreis zu 80 Prozent identisch sei. Für die Linksfraktion besteht das Grundproblem weiter. Es gebe keinen "TÜV", der die Anlageprodukte prüfe. Es dürften nur geprüfte Produkte auf den Markt kommen, verlangte die Linksfraktion.

Die Opposition kritisierte einen Änderungsantrag der Koalition, der eine Bestandsschutzregelung für langjährig tätige Finanzanlagevermittler und Anlageberater vorsieht. Wer seit dem 1. Januar 2006 ununterbrochen in der Branche tätig war, soll von der Notwendigkeit des Sachkundenachweises befreit werden. Diese "Alte-Hasen-Regelung" stieß auf spöttische Kritik der SPD-Fraktion: "Das Problem ist, dass ein alter Hase ganz jung sein kann und eine lange Hasenzeit vor sich hat."

Von Bündnis 90/Die Grünen wurde eine Entwertung der Qualifikationen der jüngeren Berater und Vermittler durch die "Alte-Hasen-Regelung" kritisiert.

Der Finanzausschuss will den Gesetzentwurf am 19. Oktober weiter beraten. (Deutscher Bundestag: ra)




Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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