Befristete Beschäftigungsverhältnisse


Arbeitsmarkt: Experten spricht sich mehrheitlich für Beibehaltung der "sachgrundlosen Befristung"
Unternehmer brauchen die Möglichkeit zur befristeten Beschäftigung vor allem in Krisensituationen


(12.10.10) - Bei einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales hat sich die Mehrheit der geladenen Experten für eine Beibehaltung der sogenannten "sachgrundlosen Befristung" bei Arbeitsverhältnissen auf Zeit ausgesprochen. Aktuell können Arbeitgeber Mitarbeiter bis zu zwei Jahre lang ohne Angabe von Gründen befristet beschäftigen.

Die SPD-Fraktion hat sich in einem Antrag (17/1769) dafür ausgesprochen, diese Möglichkeit zu streichen. Auch Linksfraktion (18/1968) und Bündnis 90/Die Grüne (17/2922) schlossen sich dieser Forderung an. Linke und Grüne wollen darüber hinaus die gesetzliche Möglichkeit einer "Befristung zur Erprobung" für neue Mitarbeiter abschaffen.

Bei der Anhörung betonten mehrere Experten die Chancen, die sich aus befristeten Beschäftigungsverhältnissen ergäben: Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sagte, 40 bis 50 Prozent der Arbeitnehmer würden nach Auslaufen der befristeten Verträge in unbefristete Jobs übernommen.

Hildegard Reppelm und vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sagte, eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen habe ergeben, dass sogar 60 Prozent der befristet Eingestellten zeitlich unbegrenzt weiterbeschäftigt würden.

Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln wies darauf hin, dass nach Untersuchungen seines Instituts die Beschäftigungschancen Einzelner auch durch befristete Arbeitsverträge erhöht würden.

Die Vertreter aller geladenen Wirtschaftsverbände betonten, dass Unternehmer die Möglichkeit zur befristeten Beschäftigung vor allem in Krisensituationen bräuchten. DIHK-Vertreterin Reppelmund sagte, mehr als 65 Prozent der befragten Mitglieder hätten angegeben, ohne diese Möglichkeit weniger Mitarbeiter einzustellen.

Martina Perreng vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte hingegen, dass die Schaffung neuer Jobs vor allem mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammenhänge. Bei Auftragsspitzen könnten Unternehmer Mitarbeiter mit genau dieser Begründung auf Zeit einstellen; wenn Arbeit dauerhaft anfalle, solle man eine unbefristete Stelle schaffen.

Nadine Zeibig vom Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht betonte die negativen Auswirkungen befristeter Arbeit auf die Lebensqualität: Den Mitarbeitern fehle die Planungssicherheit, außerdem gingen Verträge auf Zeit überdurchschnittlich oft mit prekärer Arbeit einher.

Allerdings sagte DGB-Vertreterin Perreng, dass Unternehmen vermutlich in andere Formen prekärer Beschäftigung wie Praktika, Volontariate oder Leiharbeit ausweichen würden, wenn man die Möglichkeit sachgrundloser Befristung abschaffen würde.

Christian Hohendanner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wies darauf hin, dass befristet Beschäftigte gerade in den Branchen häufig übernommen würden, wo Verträge in der Regel ohne Sachgrund befristet seien, wie im produzierenden Gewerbe. Im öffentlichen und im sozialen Sektor, wo Mitarbeiter überwiegend aufgrund eines Sachgrundes auf Zeit eingestellt würden – also beispielsweise als Schwangerschaftsvertretung –, würden sie hingegen weniger häufig weiterbeschäftigt.

Die geladenen Wirtschaftsverbände unterstützten den Plan der schwarz-gelben Koalition, das "Ersteinstellungsgebot" abzuschaffen: Es besagt, dass Firmen, die einen Mitarbeiter schon einmal auf Zeit beschäftigt haben, ihn nicht wieder befristet einstellen dürfen. Laut Koalitionsvertrag soll eine erneute Einstellung nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten erlaubt werden, um sogenannte "Kettenbefristungen" zu verhindern.

BDA-Vertreter Wolf und DIHK-Vertreterin Reppelm und plädierten sogar für kürzere Karenzzeiten. (Deutscher Bundestag: ra)




Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen