Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention


Behindertenrecht: Einzelsachverständiger Detlef Eckert forderte eine Neufassung des Behinderungsbegriffs - In Deutschland werde Behinderung meist als Defizit gesehen
Problem bei der Umsetzung des NAP: Das könnte daran liegen, dass die verantwortlichen Stellen nicht hinreichend mit Personalmitteln ausgestattet sind

(18.04.12) - Gut sieben Monate, nachdem das Kabinett den "Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention" (NAP) beschlossen hat, haben die Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Arbeit und Soziales den Fortschritten ein gemischtes Zeugnis ausgestellt. Grundlage für die Veranstaltung waren vier Oppositionsanträge (17/7942, 17/7872, 17/7889, 17/7951), die sich mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland beschäftigen.

Die NAP sei ein wichtiges Instrument, sagte Peter Bartmann von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Jedoch müssten die darin enthaltenen Maßnahmen verbindlich festgelegt werden und über das staatliche Engagement hinausgehen. Valentin Aichele vom Deutschen Institut für Menschenrechte kritisierte, dass das Problem bei der Umsetzung des NAP unter anderem darin liege, dass die verantwortlichen Stellen nicht hinreichend mit Personalmitteln ausgestattet seien. Ulrich Hellmann von der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung bedauerte, dass "bei Weitem nicht alle Anregungen von Menschen mit Behinderung in den NAP Eingang gefunden haben". Er forderte eine Intensivierung der Diskussion darüber, wie der NAP verbessert werden könne.

Kritik an einzelnen Aspekten äußerte Ingo Nürnberger vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Er sah unter anderem Handlungsbedarf beim Persönlichen Budget, das 2001 eingeführt wurde und Leistungsempfängern die Möglichkeit gibt, anstelle von Dienst- oder Sachleistungen zur Teilhabe ein Budget zu wählen. Der Einzelsachverständige Detlef Eckert forderte eine Neufassung des Behinderungsbegriffs. In Deutschland werde Behinderung meist als Defizit gesehen, kritisierte er.

Michael Conty, ebenfalls Einzelsachverständiger, bemängelte, dass das Sozialgesetzbuch (SGB) IX, wo das Leistungsrecht von Menschen mit Behinderung geregelt wird, nur für Leistungen zur Teilhabe gelte, sofern sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergebe. Dies seien faktisch Schlupflöcher für Leistungsträger. Die Einzelsachverständige Verena Göppert bedauerte, dass Länder von kommunaler Seite eine eigenfinanzierte Umsetzung der Inklusion an Schulen verlangten.

Positiv äußerte sich dagegen Raimund Becker von der Bundesagentur für Arbeit. Die Situation von Menschen mit Behinderung habe sich auf dem Arbeitsmarkt verbessert, sagte er. Anna Robra von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wies darauf hin, dass viele Behinderte über gute Qualifikationen verfügten. Diese zu nutzen sei vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels eine zentrale Aufgabe. Ebenfalls positiv äußerte sich Marion Götz vom Deutsche Rentenversicherung Bund. Bei den Leistungen zur Teilhabe würde auf die individuellen Wünsche der Betroffenen eingegangen. Das umfasse unter anderem Alter, Geschlecht oder Familie.

Der Vorschlag der SPD-Fraktion, zu prüfen, wie Leistungen zur sozialen Teilhabe einkommens- und vermögensunabhängig gezahlt werden könnten, stieß ebenfalls auf Kritik. Dies könne Kosten in Höhe von 300 Millionen bis eine Milliarde Euro bedeuten, sagte Matthias Münning von der Bundesgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Er schlug daher die Realisierung des Bundesteilhabegeldes als "realisierbaren und schnelleren Schritt" vor. Kritik an den Oppositionsanträgen kam auch von der Sozialrechtlerin Minou Banafsche. Viele Fragen blieben offen, vor allem die sozialrechtliche Schnittstelle sei problematisch, sagte sie. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen