Deutscher Datenschutz "weltweit Spitze"


Experten: Deutschland hängt im internationalen Vergleich bei Digitalisierung zurück
Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft": Kein Gesetzgebungsbedarf im Bereich des Internets?


(13.07.10) - Im weltweiten Vergleich hängt Deutschland im Bereich Internet und Internetwirtschaft zurück. Diese Ansicht vertraten mehrere Experten während einer öffentlichen Anhörung der Enquete-Kommission "Internet und digitalisierte Gesellschaft".

Laut aktuellem Bericht des "World Economic Forum" sei Deutschland in diesem Bereich erneut zurück gefallen und liege nun auf Platz 16, sagte Marie-Thérèse Huppertz vom Software-Unternehmen SAP.

Lars Hinrichs, Gründer des Netzwerkes Xing, verwies darauf, dass ganz Europa "hinterher hinkt". Unter den 100 meistaufgerufenen Internetseiten liege mit der BBC-Homepage lediglich eine europäische. Die erfolgreichste deutsche Seite, Spiegel-Online, finde sich sogar erst auf Platz 142. Aus Sicht des mittelständischen Internetunternehmers Peter Bisa sei man in Deutschland "zu negativ bei der Evaluierung des Phänomens Internet".

Hinrichs machte die negative Entwicklung auch an Datenschutz-Problemen fest. Datenschutz sei zwar wichtig, doch gerate man mit "Formulierungen wie wir sie in Europa finden, noch weiter ins Hintertreffen". Bei jeder Innovation müsse sofort die Frage gestellt werden, ob dies auch erlaubt sei, kritisierte Hinrichs und befand: "Mit den derzeitigen Gesetzen haben wir keine Chance in der 'Champions League' mitzuspielen."

Peter Bisa wiederum bewertete den deutschen Datenschutz als "weltweit Spitze". "Die größere Sicherheit sollten wir auch hervorstellen, etwa unter dem Motto: 'Security made in Germany’", forderte er. Er sprach in diesem Zusammenhang von "großen Chancen für die deutsche Wirtschaft im Bereich Wachstum und Beschäftigungsentwicklung".

Um dem IKT-Bereich (Informations- und Kommunikationstechnologien) am Standort Deutschland weitere Chancen zu geben, so die Anregung der SAP-Vertreterin Huppertz, müsse ebenso wie in den Ausbau der Infrastruktur auch in die Bildung und Forschung investiert werden. Das gelte besonders für die "anwendungsnahen Bereiche", um dort neue Märkte zu erschließen. Damit könne "gar nicht früh genug begonnen werden", sagte sie. "Wir sollten das nicht den Universitäten überlassen."

Das Thema "Medienkompetenz" beschäftigte auch den Medienwissenschaftler Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn. Es brauche eine derartige Wissensvermittlung an den Schulen, sagte er. Allerdings fehle es dazu an geeigneten Lehrern. "Wir müssen an den Hochschulen endlich bessere Lehrer ausbilden", lautet seine Forderung. Das dies derzeit nicht getan werde, liege am "Föderalismus in der Bildung".

Um zu einer besseren Medienkompetenz zu gelangen brauche es nicht unbedingt ein eigenes Schulfach, sagte hingegen der Informatik-Professor Wolfgang Coy von der Berliner Humboldt-Universität. Gleichwohl müssten junge Menschen zu Datensparsamkeit erzogen werden und die Fähigkeit erwerben, Informationen im Netz zu finden und sie auch bewerten zu können.

In der Frage nach eventuellem Gesetzgebungsbedarf im Bereich des Internets forderte der Medienrechtler Thomas Hoeren: "Machen Sie keine Gesetze!" Selbstregulierung, so formuliert es Hoeren, sei immer der bessere Weg. Das hätten die "katastrophalen" Versuche mit dem Zugangserschwerungsgesetz, dem Fernabsatzrecht und dem Arbeitnehmerdatenschutz gezeigt, die nicht nur "inhaltlich problematisch" gewesen seien, sondern auch "formal unbrauchbar". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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