Stärkung der deutschen Finanzaufsicht


Finanzbranche will an Kontrolle der Finanzaufsicht weiter mitwirken
Aber: Es werde noch Jahre dauern, bis man einen einheitlichen Aufsichtsansatz haben werde


(20.09.12) - Mehrere Sachverständige haben die geplanten Änderungen bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kritisiert und vor zu viel Bürokratie für die Wirtschaft durch Einführung zusätzlicher Mitteilungspflichten gewarnt. in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht (17/10040, 17/10252) pochte die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, auf ihr Recht, Vertreter in das Gremium entsenden zu können.

Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, die zehn Mandate für die Finanzbranche im Verwaltungsrat auf sechs zu reduzieren und das ausschließliche Bestellungsrecht dem Finanzministerium zu übertragen. Damit würden "den bisherigen Repräsentanten der beaufsichtigten Wirtschaftszweige ihre Mandate im Verwaltungsrat der BaFin de facto künftig entzogen", protestierte die Kreditwirtschaft in ihrer Stellungnahme.

Der Verband der Auslandsbanken beklagte, durch die Benachteiligung bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates könnten die beaufsichtigten Unternehmen ihr legitimes Recht zur Kostenkontrolle nicht mehr ausüben. Die Beiträge der Unternehmen an die BaFin seien jedoch inzwischen erheblich.

Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft erklärte, da die beaufsichtigten Branchen die BaFin zu 100 Prozent finanzieren würden, sei das vorgesehene Vorschlags- und Anhörungsrecht bei der Besetzung des Gremiums nicht ausreichend.

Das Deutsche Aktieninstitut verlangte auch die Berücksichtigung von Vertretern von Industrieemittenten im Verwaltungsrat, da diese auch zur Umlagefinanzierung der BaFin beitragen würden.

Eine andere Ansicht äußerte der Verband unabhängiger Vermögensberater in seiner Stellungnahme. Angesichts unpräziser Vorgaben im Gesetzentwurf wäre es weiter möglich, dass alle sechs Positionen wiederum mit Interessenvertretern nur der Kredit- oder Versicherungswirtschaft besetzt würden.

Die Gegenposition vertrat Professor Rudolf Hickel (Universität Bremen): Man könne die Kontrolle der BaFin nicht einem Verwaltungsrat überlassen, der von den Kontrollierten kontrolliert werde.

Die Kreditwirtschaft verlangte außerdem, den neu zu bildenden Ausschuss für Finanzstabilität zu stärken, indem dessen Mitglieder keine Weisungen annehmen sollen.

Nach den Regelungen des Gesetzentwurfs sollen dem Ausschuss für Finanzstabilität Vertreter der Deutschen Bundesbank, des Bundesfinanzministeriums, der BaFin sowie ein Vertreter der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (ohne Stimmrecht) angehören. Mit dem Entwurf wird der Deutschen Bundesbank die Aufgabe zugewiesen, auch zur Wahrung der Finanzstabilität beizutragen, indem sie "laufend die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte analysiert, um Gefahren für die Finanzstabilität zu identifizieren und gegebenenfalls Vorschläge zu Warnungen vor diesen Gefahren beziehungsweise zu Empfehlungen von Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahr zu erarbeiten". Auf dieser Grundlage solle dann der Ausschuss für Finanzstabilität gegebenenfalls Empfehlungen an zuständige nationale Stellen zur Beseitigung von Gefahren für die Finanzstabilität aussprechen. "Durch den Ausschuss für Finanzstabilität wird in Fragen der Finanzstabilität ein strukturierter und transparenter Dialog zwischen den für die Beaufsichtigung und Regulierung des deutschen Finanzplatzes maßgeblichen Institutionen geschaffen", heißt es in der Begründung.

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) warnte ebenso wie die Versicherungswirtschaft vor der Schaffung weiterer genereller Auskunftspflichten. Es müsse sichergestellt sein, dass bereits gemeldete und bei den Behörden vorliegende oder von ihnen abzurufende Daten nicht ein weiteres Mal angefordert werden könnten.

Zum Gesetzentwurf insgesamt hieß es von der Deutschen Bundesbank, dies sei ein "Beitrag zur weiteren Stärkung der Finanzaufsicht". Mit Blick auf die auf EU-Ebene geplante Schaffung einer europäischen Aufsicht äußerten Bundesbank und BaFin übereinstimmend die Auffassung, es werde noch Jahre dauern, bis man einen einheitlichen Aufsichtsansatz haben werde.

Auch Professor Stephan Paul (Ruhr-Universität Bochum) sagte, es werde bis zum 1. Januar 2013 nicht möglich sein, eine einheitliche Aufsicht über 6.600 Kreditinstitute in Europa zu schaffen.

Mit einem sehr weitgehenden Vorstoß meldete sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in seiner Stellungnahme. Die Bundesbank solle ihr Wirken nicht allein mehr nur vorrangig auf die Preisstabilität ausrichten, sondern auch auf einen hohen Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes Wirtschaftswachstum. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen