Marktmissbrauch bei den Strompreisen
Zurückhalten von Stromkapazitäten: Anhaltspunkte für missbräuchliche Kapazitätszurückhaltungen vorhanden, aber der Nachweis fällt schwer
Strombörse den "Designfehler", dass dort nur ein geringer Teil des erzeugten Stroms gehandelt werde
(28.02.11) - Eine vom Bundeskartellamt vorgenommene Sektoruntersuchung nach Preissteigerungen auf dem Strommarkt hat zu dem Ergebnis geführt, dass Stromerzeuger Kapazitäten zurückgehalten haben. Das Ausmaß der gefundenen Kapazitätszurückhaltungen sei aber zu gering gewesen, um ein Missbrauchsverfahren erfolgreich zu Ende zu bringen, erklärte ein Vertreter des Bundeskartellamtes in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie.
Die Untersuchung habe andererseits aber gezeigt, dass es "Möglichkeiten und Anreize" gebe, um Kapazitäten zurückzuhalten, was für die Stromverbraucher teure Folgen haben könne. Der Vertreter des Bundeskartellamtes befürwortete daher die Schaffung einer Transparenzstelle, um das Verhalten der Stromerzeuger überprüfen zu können. Ein Vertreter der Monopolkommission sagte in der Sitzung, wenn es diese Anreize gebe, könne auch vermutet werden, dass diesen Anreizen nachgegeben werde.
Das Ergebnis der Sektoruntersuchung des Kartellamtes zeigt nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion keine größeren Verwerfungen des Wettbewerbs. Auf der Seite der Stromanbieter gebe es sogar einen sehr großen Wettbewerb. Die Bereitschaft der Stromkunden, den Anbieter zu wechseln sei jedoch gering, wunderte sich ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Dabei könnten bis zu 150 Euro pro Haushalt und Jahr gespart werden.
Nach Ansicht der SPD-Fraktion ist der deutsche Strommarkt von einem Oligopol geprägt. Zwei Konzerne hätten einen Marktanteil von über 50 Prozent. Aus den Ergebnissen der Sektoruntersuchung zog auch die SPD-Fraktion den Schluss, es gebe Anhaltspunkte für missbräuchliche Kapazitätszurückhaltungen, aber der Nachweis falle schwer. Daher müsse ein Beobachtungsinstrumentarium wie die Markttransparenzstelle geschaffen werden.
Nach Ansicht der FDP-Fraktion hat die Strombörse den "Designfehler", dass dort nur ein geringer Teil des erzeugten Stroms gehandelt werde. Damit werde an der Börse kein aussagekräftiger Preis gebildet. Manipulationen könnten nicht ausgeschlossen werden. Die Markttransparenzstelle dürfe "kein zahnloser Tiger" werden, mahnte die FDP-Fraktion.
Dass es keine Belege für Manipulationen gebe, bedeutet nach Ansicht der Linksfraktion nicht, dass kein Marktmissbrauch bei den Strompreisen stattfinde. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies auf Angaben der Monopolkommission. Diese habe schon 2009 Kapazitätszurückhaltungen aus Sicht der Unternehmen als "gebotene Strategie" bezeichnet. Die Fraktion wies darauf hin, dass es ungewöhnlich viele Kraftwerksabschaltungen wegen technischer Probleme gegeben habe.
Ein Sprecher der Leipziger Strombörse EEX wies die Vermutung zurück, dass es zu Preisrückgängen kommen werde, wenn der gesamte Strom über die Börse gehandelt werde. Angebot und Nachfrage würden sich durch die Verlagerung des Handels nicht verändern, sagte er. Andererseits wäre es aber nicht mehr möglich, mittel- und langfristige Absicherungen gegen Preisschwankungen vorzunehmen, wenn der gesamte Stromhandel über die Börse erfolge. Diese Absicherungen seien jedoch wichtig. (Deutscher Bundestag: ra)
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