NSA-Spionagesoftware nur auf Probe


NSA-Spionagesoftware ist in der Lage, Kommunikationsdaten massenhaft zu erfassen und in großer Geschwindigkeit zu sortieren, zu analysieren und zu verknüpfen
Aus den Worten einer Zeugin konnte sich der Eindruck ergeben, dass sich der Verfassungsschutz nicht sicher ist, was er sich mit "XKeyscore" eingehandelt hat

(24.03.16) - Die Spionagesoftware "XKeyscore" wird beim Bundesamt für Verfasssungsschutz (BfV) in einer abgespeckten Variante genutzt, derzeit allerdings immer noch auf Probe. Sie sei für die Bedürfnisse ihrer Behörde auch nicht uneingeschränkt geeignet, berichtete am Donnerstag die Zeugin Doreen Delmdahl dem 1. Untersuchungssausschuss ("NSA"). Die 39-jährige Juristin ist seit 2008 beim Verfassungsschutz tätig, zunächst einige Monate in der Abteilung Islamismus, seither als G10-Sachverständige bei der Auswertung der Ergebnisse von Abhörmaßnahmen. Seit Anfang 2010 leitet sie in der Berliner Niederlassung das Referat 3G/6.

Entwickelt wurde XKeyscore von der amerikanischen National Security Agency (NSA). Das System ist in der Lage, Kommunikationsdaten massenhaft zu erfassen und in großer Geschwindigkeit zu sortieren, zu analysieren und zu verknüpfen. Auf diese Weise lassen sich von Zielpersonen exakte Profile gewinnen. Der Bundesnachrichtendienst (BND) nutzt XKeyscore seit 2007 in der Abhöranlage in Bad Aibling. Nach einer Vorführung des Systems 2011 interessierte sich auch der Verfassungsschutz dafür. Zur Leiterin einer Arbeitsgruppe, die die Installierung von XKeyscore betreuen sollte, wurde im Herbst 2012 die Zeugin Delmdahl berufen.

Ihre Qualifikation, meinte sie, habe sich aus ihrer Tätigkeit als G10-Juristin ergeben, die bei Abhörmaßnahmen die Wahrung der Rechte vom Fernmeldegeheimnis geschützter und keiner Straftat verdächtiger deutscher Staatsbürger zu überwachen hat. Aus Presseveröffentlichungen im vergangenen Jahr war hervorgegangen, dass der Verfassungsschutz sich im Gegenzug für die Überlassung von XKeyscore verpflichtet hatte, der NSA "in größtmöglichem Umfang" eigene Erkenntnisse mitzuteilen. Der Inhalt der Vereinbarung, der sogenannten "Terms of Reference" (ToR), sei ihr bekannt, erklärte die Zeugin. Sie wolle die Darstellung der Medien in öffentlicher Vernehmung aber weder bestätigen noch dementieren. In jedem Fall halte sich der Verfassungsschutz beim Datenaustausch mit auswärtigen Diensten strikt an die Vorgaben des deutschen Rechts. Er habe weder Zugriff auf Datenbanken der NSA noch sei dies umgekehrt der Fall.

Aus den Worten der Zeugin konnte sich der Eindruck ergeben, dass sich der Verfassungsschutz nicht sicher ist, was er sich mit XKeyscore eingehandelt hat. Zwar wurde aus der 2012 gebildeten Arbeitsgruppe 2014 ein Aufbaustab, der sich im April 2015 zur Referatsgruppe 3A verfestigte. Doch noch immer läuft XKeyscore nur im Probebetrieb. Das bedeutet, dass das System zwar bereits echte Daten bearbeitet, aber lediglich in begrenzter Anzahl. Bisher stehen der Abschluss der Sicherheitsprüfung und eine Unbedenklichkeitserklärung des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch aus: "Wir kennen den Quellcode nicht. Wir wissen nicht, wie es arbeitet. Wir haben es geschenkt bekommen, aber das heißt nicht... Wir müssen sicher sein, dass wirklich nichts nach außen gelangt", sagte Delmdahl.

Der Verfassungsschutz nutzt nur die Analyse-, nicht die Erfassungsfunktion des Systems. Dafür gebe es keinen Bedarf, weil die Behörde über eine eigene Abhöranlage mit dem Name "Perseus" in der Kölner Zentrale verfügt, sagte Delmdahl. Nach ihren Worten ist XKeyscore auf einem Rechner in Berlin installiert, der keine Verbindung nach außen hat. Dort werden Kopien der in Köln erfassten Daten eingespeist und nach Analyse gelöscht. Da es dem Verfassungsschutz weniger um die Filterung großer Datenmassen als um Kommunikationsinhalte im Einzelfall gehe, sei das System auf seine Bedürfnisse nicht ohne weiteres zugeschnitten. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen