Rechtsgrundlagen des Datenaustauschs


NSA-Skandal: Gesetzgeber habe die Übermittlung einzelner Daten und nicht einen massenhaften Datenabfluss vor Augen gehabt
Aus Bad Aibling waren Monat für Monat 500 Millionen Metadaten an die NSA geflossen

(31.03.16) - Der 1. Untersuchungsausschuss (NSA) hat mit einer ehemaligen Referatsleiterin im Kanzleramt erneut die Rechtsgrundlagen erörtert, auf denen der Bundesnachrichtendienst (BND) der amerikanischen National Security Agency (NSA) Metadaten aus der gemeinsam in Bad Aibling betriebenen Abhöranlage übermittelt hat. Dabei bekräftigte die Zeugin Christina Polzin ihre Auffassung, dass das BND-Gesetz dafür eine hinreichende Handhabe geboten hätte. Die heute 43-jährige Juristin leitete zwischen Juli 2011 und Dezember 2014 im Kanzleramt das Referat 601, zuständig unter anderem für Personal und Recht der Nachrichtendienste. Sie ist seither im Innenministerium tätig.

Bei ihrer ersten Vernehmung am 12. November 2015 hatte sie dem Ausschuss von einer Kontroverse berichtet, die sie im August 2013 mit ihrem Vorgesetzten im Kanzleramt, Geheimdienstkoordinator Günter Heiß, und BND-Präsident Gerhard Schindler ausgetragen hatte. Nach den Enthüllungen Edward Snowdens im Sommer 2013, aus denen unter anderem hervorgegangen war, dass aus Bad Aibling Monat für Monat 500 Millionen Metadaten an die NSA geflossen waren, hatte sich Polzin mit der Frage an den BND gewandt, auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehen sei.

Die Antwort lautete, in Bad Aibling werde satellitengestützter Datenverkehr aus Ländern des Nahen und Mittleren Osten überwacht. Da die Satelliten, wo die Daten erfasst würden, im Weltraum, also außerhalb Deutschlands, unterwegs seien, seien die Aktivitäten durch den allgemeinen Auftrag an den BND gedeckt, Informationen im Ausland zu sammeln. Restriktionen, die sich aus dem deutschen BND-Gesetz ergeben könnten, seien deshalb nicht einschlägig.

Gegenüber Geheimdienstkoordinator Heiß machte Polzin deutlich, dass sie diese sogenannte "Weltraumtheorie" rechtlich nicht überzeugend finde. In einer Unterredung mit Heiß und Schindler konnte sie sich indes nicht durchsetzen. Erneut betonte sie, dass das BND-Gesetz ihrer Meinung nach eine sicherere Rechtsgrundlage geboten hätte. Polzin bezog sich auf Paragraph 19, Absatz 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, der sich wortgleich im BND-Gesetz findet. Demnach ist der BND unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, Daten an "öffentliche" Stellen im Ausland zu übermitteln. Die Übermittlung müsse allerdings "aktenkundig" gemacht werden.

Zwar habe der Gesetzgeber dabei die Übermittlung einzelner Daten und nicht einen massenhaften Datenabfluss vor Augen gehabt. Die Anforderungen an die Dokumentation von Übermittlungen an eine "öffentliche" Stelle im Ausland seien aber nicht so hoch, dass sie nicht auch auf die automatisierte Weitergabe großer Datensätze anwendbar wäre. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit Absatz 4 desselben Paragraphen, der die Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen im Ausland regle und wesentlich strenger gefasst sei. Für eine Weitergabe an die NSA reiche es aus, Art, Herkunft und Umfang der übermittelten Daten sowie den Zweck de Übermittlung festzuhalten. Dazu sei der BND auch in Bad Aibling in der Lage: "Ich gehe davon aus, dass es Darstellungen gibt, was dort passiert."

Auf die Frage, warum Heiß und Schindler dennoch der Weltraumtheorie den Vorzug gegeben hatten, antwortete die Zeugin, sie hätten sich vermutlich genau diese komplexen juristischen Erörterungen ersparen wollen, zumal in der politisch brisanten Debattenlage nach den Snowden-Enthüllungen. Sie hätten die Weltraumtheorie für tragfähig gehalten und gemeint, auf diese Weise eine diffizile Diskussion um die Reichweite der gesetzlichen Dokumentationsspflicht "umschiffen" zu können. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen