Geldwäscheprävention: Gegensätzliche Positionen


Gesetzentwurf sieht erweiterte Sorgfalts- und Meldepflichten zur besseren Bekämpfung der Geldwäsche vor
Die Ernennung eines Geldwäschebeauftragten stieß auf massiven Widerstand bei der Wirtschaft

(27.10.11) - Über den Gesetzentwurf zur Optimierung der Geldwäscheprävention (17/6804) sind die Meinungen der Sachverständigen weit auseinander gegangen. In einer Anhörung des Finanzausschusses warf ein Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) einem Vertreter der Fima "Lekkerland" sogar vor, die Abgeordneten "hinters Licht zu führen".

Bei dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf geht es unter anderem um erweiterte Sorgfalts- und Meldepflichten zur besseren Bekämpfung der Geldwäsche. Bestimmte Pflichten sollen auf den Nichtfinanzsektor (unter anderem Immobilienmakler, Spielbanken, Steuerberater und Rechtsanwälte) ausgeweitet werden. In Zukunft sollen persönliche Daten beim Erwerb von anonymen Prepaid-Karten erfasst werden müssen. Außerdem sollen Betriebe mit mindestens neun Beschäftigten einen "Geldwäschebeauftragten" ernennen müssen.

Die Ernennung eines Geldwäschebeauftragten stieß auf massiven Widerstand bei der Wirtschaft. Dies bedeute "eine nicht erforderliche Überregulierung und neue Bürokratie", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Zu der Verpflichtung zur Bestellung diverser Beauftragter käme ein weiterer Beauftragter hinzu, der geschult oder für die Erfüllung dieser Aufgabe freigestellt werden müsste", schrieben die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme. Professor Katharina Beckemper (Universität Leipzig) erklärte, bereits die Pflicht zu Ernennung von "Anti-Korruptions-Beauftragten" habe zu einer unglaublichen Mehrbelastung besonders in Behörden geführt. Es werde aber überwiegend nicht die Korruption bekämpft, sondern es würden Geschenke kontrolliert.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) protestierte gegen die geplante Regelung, dass beim Vertrieb von "E-Geld" (Prepaid-Karten) künftig in allen Fällen die persönlichen Daten des Kunden festgestellt werden müssen. Dadurch hätten 60.000 Verkaufsstellen von Bäckereien, die auch solche Karten vertreiben würden, künftig die Personalien festzustellen. "Das ist das Gegenteil von Bürokratieabbau", warnte der ZDH. Die Einführung von Geldwäschebeauftragten kommentierte die Organisation mit dem Hinweis, es würden hohe Kosten entstehen, ohne dass es zu einer besseren Bekämpfung der Geldwäsche komme. BDI und BGA sprachen sich dagegen aus, dass selbst Supermärkte und Tankstellen eine Identifizierung ihrer Geschäftspartner vorzunehmen hätten. Der Vertreter von "Lekkerland", eine Firma, die Tankstellen und Kioske beliefert, sprach die Erwartung aus, dass es für die kleinen Betriebe mit dem Prepaid-Geschäft vorbei sein werde, wenn die Regelung unverändert in Kraft treten werde.

Vertreter von Finanzaufsicht, Sicherheitsbehörden und Gewerkschaften widersprachen den Argumenten der Wirtschaft heftig. Der Vertreter der BaFin wies darauf hin, es gehe nicht um Prepaid-Aufladungen des Handys, sondern um völlig anonyme Karten, die gekauft würden und deren Gegenwert an Automaten in bar ausgezahlt werden könne. Auch der Vertreter des Bundeskriminalamtes (BKA) sagte, es sei für Kriminelle "äußerst lukrativ das zu nutzen". Man sehe bisher nur einen Bruchteil der Aktivitäten. Mit dem E-Geld könne das Geld in einem Bruchteil von Sekunden rund um den Globus transferiert werden. Diesen Transfers keine Personen zuordnen zu können, sei ein "Horrorszenario". Die Entwicklung sei dramatisch.

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft und die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßten den Gesetzentwurf. Im Bereich der Geldwäschedelikte sei davon auszugehen, dass in Deutschland über 50 Milliarden Euro gewaschen würden. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter machte am Beispiel einer Spielhalle deutlich, wie Geldwäsche funktioniert: In einem Spielgerät würden sich bei acht Stunden täglich 640 Euro einwerfen lassen. Möglich wären bis zu 20.000 Euro pro Gerät und Monat, die auf diese Weise gewaschen werden könnten. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen