Außenwirtschaftsförderung und Menschenrechte


Balance zwischen Compliance-Misstrauensmanagement und unternehmerischen Selbstverpflichtungen
Experten informierten über Verantwortung von Unternehmen


(12.04.11) - Die menschenrechtliche Verantwortung internationaler Unternehmen war Thema einer öffentlichen Expertenanhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. In der Anhörung unter dem Vorsitz von Tom Koenigs (Bündnis 90/Die Grünen) informierten sechs Fachleute die Abgeordneten unter anderem über Risiken für international agierende Unternehmen, Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Beleuchtet wurde auch die Verantwortung der Bundesregierung in Fällen der Außenwirtschaftsförderung sowie eine angemessenen Balance zwischen Regulierungsversuchen (Compliance-Misstrauensmanagement) und unternehmerischen Selbstverpflichtungen (Integrität – Vertrauensmanagement).

Brigitte Hamm vom Institut für Frieden und Entwicklung der Universität Duisburg-Essen führte aus, dass bei über 80.000 internationalen Unternehmen, das Thema immer wichtiger werde. Sie sagte, dass die meisten Skandale und Probleme im ersten Glied der Kette auftreten würden. Die Wissenschaftlerin mahnte, dass Unternehmen bereits im Ansatz ihre Verantwortung in Menschenrechtsfragen wahrnehmen müssten, so zum Beispiel mit der Überprüfung ihrer Einkaufspraxis im Ausland.

In ihrer Stellungnahme bezog sie sich, wie auch die anderen Experten, auf den UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft und Menschenrechte, John Ruggie, dessen Rahmenwerk auf drei Säulen basiert: der staatlichen Schutzpflicht, der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen und dem Zugang zu Rechtsmitteln und Wiedergutmachung.

Albert Löhr (Internationales Hochschulinstitut Zittau) plädierte für eine angemessene Balance zwischen Regulierungsversuchen und unternehmerischer Selbstverpflichtungen. Für ihn ginge es auch darum, positive Ansätze und Beispiele zu unterstützen und nicht nur Abweichungen bei der Umsetzung von Menschenrechten oder Arbeitsstandards zu bestrafen.

Miriam Saage-Maaß, Programmdirektorin Wirtschaft und Menschenrechte beim Euro pean Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), führte aus, in welcher Form typischerweise Unternehmen Menschenrechte verletzen könnten. Zu diesen Risikolagen gehörten die mögliche Teilnahme an internationalen Straftaten, wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter oder sonstiges staatliches Unrecht. Es könnte zu der Verletzung der internationalen Kernarbeitsnormen (zum Beispiel Verbot der Zwangsarbeit oder Kinderarbeit, Diskriminierungsverbot) oder anderer grundlegender Sozialstandards kommen sowie zu der möglichen Verletzung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte (insbesondere das Recht auf Wasser, Nahrung, angemessenes Wohnen).

Katharina Spiess (Amnesty International) sprach die Verantwortung der Bundesregierung an. Diese müsse sicherstellen, dass bei Investitionen im Ausland und in Fällen der Außenwirtschaftsförderung menschenrechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Opfer von Menschenrechtsverletzungen deutscher Unternehmen könnten bisher kaum an Informationen gelangen, um ihr Recht einklagen zu können, sagte Spiess. Sie mahnte, dass eine Möglichkeit geschaffen werden müsse, diesen Menschen den Zugang zu deutschen Gerichten zu verschaffen. Sie forderte auch, dass jedes Unternehmen sicherstellen muss, dass es seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommt.

Der Ausschuss hatte auch zwei Mitarbeiter von international agierenden Unternehmen geladen: Michael Inacker (Metro Group) und Norbert Otten (Daimler AG).

Michael Inacker führte aus, dass sein Arbeitgeber Anfang des Jahres dem UN Global Compact beigetreten sei, dem Netzwerk der Vereinten Nationen für unternehmerische Verantwortung. "Unternehmen können zwar nicht direkt die politischen Rahmenbedingungen für Freiheit und Demokratie schaffen. Wir können aber mit unserer internationalen Präsenz die Grundlagen von politischer Partizipation und Teilhabe an Wohlstand legen", sagte er. "Westliche Werte, Lebensweisen und die mit ihnen verbundenen Produkte sind gefragte Güter in der heutigen Welt".

Norbert Otten betonte: "Wir erwarten von unseren Zulieferern, dass sie die Standards auch in ihrer eigenen Wertschöpfungs- und Lieferkette sicherstellen." Doch er sagte auch: "Klar muss jedoch sein: Wir lassen uns nicht für Missstände verantwortlich machen, die wir nicht beeinflussen können". Explizit sprach Otten von "politischen und grundlegenden Konflikten". Er sprach sich gegen die Verknüpfung der Menschenrechtsthematik mit Handelsabkommen aus. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Gleichstellung als verbindliches Förderkriterium

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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