Kritik an Steueränderung für Landwirte


Pauschalierende Landwirte: Der Deutsche Bauernverband erklärte, der künftige Durchschnittssatz für die Umsatzsteuerpauschalierung von 9,5 Prozent werde dem Anspruch an das Berechnungsverfahren nicht gerecht
Der Deutsche Steuerberaterverband kritisierte das Tempo, in dem das Vorhaben durchgezogen werde - Die Vorlaufzeit, um sich auf den geänderten Steuersatz einzustellen, sei zu knapp



Die von der Bundesregierung geplanten Steueränderungen für sogenannte pauschalierende Landwirte sind in einer öffentlichen Anhörung des Hauptausschusses bei den Sachverständigen überwiegend auf Kritik und auch auf Unverständnis gestoßen. Durch die in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht (20/12) ab dem 1. Januar 2022 vorgesehene Reduzierung des Durchschnittssatzes für pauschalierende Landwirte von derzeit 10,7 auf 9,5 Prozent soll es nach Angaben der Bundesregierung im kommenden Jahr zu Mehrbelastungen in Höhe von 80 Millionen Euro kommen. Bis zum Jahr 2025 soll sich die steuerliche Mehrbelastung auf 365 Millionen Euro summieren. "Uns fehlen nächstes Jahr 4.500 Euro", erklärte Landwirtin Lucia Heigl (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) in der Anhörung. Für die hauptsächlich betroffenen kleineren landwirtschaftlichen Betriebe müsse unbedingt etwas getan werden.

Der Deutsche Bauernverband erklärte, der künftige Durchschnittssatz für die Umsatzsteuerpauschalierung von 9,5 Prozent werde dem Anspruch an das Berechnungsverfahren nicht gerecht. Hintergrund ist nach Angaben des Verbandes, dass die Pauschalierung ab 2022 nur noch angewendet werden darf, wenn der Umsatz des Unternehmens im vorangegangenen Kalenderjahr weniger als 600.000 Euro betragen habe. Die Berechnung der Pauschale beziehe jedoch noch Zeiten mit ein, in denen über 10.000 Betriebe mehr die Pauschalierung wegen höherer Grenzen hätten anwenden können. Aus Sicht des Bauernverbandes verstößt die Neuregelung gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung. Außerdem kritisierte die Organisation, dass eine Umstellung des Pauschalierungssatzes mitten im laufenden Wirtschaftsjahr erhebliche buchführungsrechtliche Probleme und Komplikationen nach sich ziehen werde. Vorgeschlagen wurde, die Neuregelung später in Kraft zu setzen.

Kritisch äußerte sich auch der deutsche Weinbauverband. Die Organisation bemängelte, dass bei der Berechnung des Steuersatzes Betriebe einbezogen worden seien, deren Umsatz über 600.000 Euro und damit über der Höchstgrenze für die Pauschalierung gelegen habe. Außerdem sei man irritiert, dass es vielfach Zusagen gegeben habe, den Steuersatz bei 10,7 Prozent halten zu können. Ähnlich äußerte sich der Zentralverband Gartenbau, der es für möglich hält, mit den vorliegenden statistischen Daten zu einer sachgerechten Durchschnittssatzbesteuerung zu kommen.

Der Deutsche Steuerberaterverband kritisierte das Tempo, in dem das Vorhaben durchgezogen werde. Die Vorlaufzeit, um sich auf den geänderten Steuersatz einzustellen, sei zu knapp. Der Stichtag sei praxisfern gewählt, da Land- und Forstwirte steuerlich in der Regel ein abweichendes Wirtschaftsjahr beispielsweise vom 1. Juli bis 30 Juni führen würden.

Zustimmung fand der Gesetzentwurf bei der Deutschen Steuergewerkschaft, die sowohl die beabsichtigte Änderung des Satzes für die Umsatzsteuer wie des für die Vorsteuer geltenden Prozentsatzes wie auch das beabsichtigte Monitoring für die Zukunft begrüßte. Auch der Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen begrüßte die Initiative der Bundesregierung, die Umsatzsteuerpauschalierung in der Landwirtschaft angesichts von Bedenken der EU auf eine rechtssichere Basis zu stellen. Allerdings bezeichnete die Organisation das Berechnungsverfahren des Pauschalierungssatzes als intransparent und nicht nachvollziehbar. Man sei froh, dass dieses Verfahren jetzt diskutiert werde.

In dem Gesetzentwurf wird die Änderung unter anderem damit begründet, dass ein zu hoher Durchschnittssteuersatz nach dem EU-Recht nicht zulässig sei. Ein zu hoher Satz führe zudem zu Steuerausfällen. Außerdem wird mit dem Gesetzentwurf die in einer EU-Richtlinie für bestimmte europäische Einrichtungen vorgesehene Entlastung von der Umsatzsteuer im Wege eines Vergütungsverfahrens umgesetzt. Für bestimmte Einfuhren und Lieferungen als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie wird eine Steuerbefreiung eingeführt. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 18.11.21
Newsletterlauf: 24.01.22


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