Moderate Kritik am Daten-Governance-Gesetz


Mit dem EU-Data Governance Act sollen einheitliche Spielregeln für das Teilen von Daten festgelegt werden
Mit dem DGG werden die für die Umsetzung in Deutschland zuständigen Behörden, die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Statistische Bundesamt, benannt



Experten haben moderate Kritik am Daten-Governance-Gesetz (DGG) der Bundesregierung geübt, das die nationalen Durchführungsbestimmungen des EU-Data Governance Acts (DGA) regelt. Das ergab eine Anhörung des Digitalausschusses zum DGG (20/13090), in der mehrere Experten die Hoffnung äußerten, das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode verabschieden zu können.

Mit dem DGA sollen einheitliche Spielregeln für das Teilen von Daten festgelegt und der Weg zu einem gemeinsamen Datenbinnenmarkt geebnet werden. Mit dem DGG werden die für die Umsetzung in Deutschland zuständigen Behörden, die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Statistische Bundesamt, benannt. Zudem werden europarechtlich notwendige Bußgeldvorschriften und Durchsetzungsbefugnisse festgelegt. Während die BNetzA für Anmeldeverfahren für Datenvermittlungsdienste sowie für die Registrierung datenaltruistischer Organisationen zuständig ist, soll das Statistische Bundesamt als zentrale Informationsstelle ausgebaut werden. Es soll öffentliche Stellen dabei unterstützten, geschützte Daten nutzbar zu machen.

Aline Blankertz von Structural Integrity (eingeladen auf Vorschlag der Gruppe Die Linke) sagte, aus Perspektive der Zivilgesellschaft habe der DGA wenig Beachtung gefunden, was nicht erstaunlich sei, da er "begrenztes Potential zur Veränderung" habe. Das DGG gestalte die überschaubaren Freiräume im DGA aus. Es bestehe jedoch eine erhebliche Lücke zwischen dem Ziel einer besseren Nutzung des Potentials geteilter Daten und den erwarteten Wirkungen des DGA und des DGG. Um das Ziel von mehr geteilten Daten zu erreichen, brauche es vielmehr Datenzugangspflichten insbesondere für marktmächtige Digitalkonzerne, ein Transparenzgesetz und eine Stärkung von Open Data, sagte Blankertz.

Moritz Hennemann vom Institut für Medien- und Informationsrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingeladen) betonte, dass die Zielsetzung des DGA ausnahmslos zu begrüßen sei. Allerdings setzten die Regelungen zu Datenvermittlungsdiensten und datenaltruistischen Organisationen keine ausreichenden Anreize - daran könne jedoch ein nationales Durchführungsgesetz wenig ändern, betonte Hennemann weiter. Das DGG gewährleiste eine solide Durchführung des DGA, schöpfe allerdings den vorhandenen Spielraum nicht vollständig aus und fülle nicht die Leerstellen, die der DGA produziert habe. Die Bestimmung der zuständigen Behörden sei zweckmäßig, so Hennemann.

Auch Sarah Rachut vom Lehrstuhl für Recht und Sicherheit der Digitalisierung der Technischen Universität München (eingeladen auf Vorschlag der Vorsitzenden) befand die Vorgaben des DGG als überzeugend. Die Orientierung am Wortlaut des DGA sei zu begrüßen und verhindere Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten. Gleichwohl weise die regulatorische Umsetzung auf EU-Ebene Schwächen auf, es gebe offene Fragen, etwa im Verhältnis zum Datenschutzrecht. Angesichts dessen werde es entscheidend auf die Anwendung der Normen in der Praxis ankommen, sagte Rachut.

Anne Lauber-Rönsberg vom Rat für Informationsinfrastrukturen (eingeladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion) wies darauf hin, dass die noch ausstehende nationale Umsetzung des Data Acts mit der Durchführung des DGA abgestimmt werden müsse. Zusätzliche Anreize zum Ausbau von Datenvermittlungsdiensten seien notwendig, sagte die Sachverständige und verwies in diesem Zusammenhang auf Hindernisse wie die Entwicklung tragfähiger Geschäftsmodelle und Haftungsrisiken für Datenvermittlungsdienste und datenaltruistische Organisationen. Sie plädierte dafür, dass die vorgesehenen Sanktionen im Verhältnis zum Verstoß stehen sollten, um keine abschreckende Wirkung zu erzeugen. Dies könne dazu führen, dass Einrichtungen von vornherein von der Eintragung als datenaltruistische Organisation absehen, so Lauber-Rönsberg.

Anouk Ruhaak, Data Governance Expert bei Ruhaak Labs (eingeladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion) sagte, sie gehe davon aus, dass die Auswirkungen der Regulierung minimal sein werden.

Rolf Schwartmann von der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (eingeladen auf Vorschlag der Unionsfraktion) wies darauf hin, dass es derzeit eine Vielzahl an Aufsichtszuständigkeiten gebe. Als konkretes Problem nannte Schwartmann die Kompetenzzuweisung für die Anmeldung von Datenvermittlungsdiensten an die BNetzA: Hier gebe es einen Dualismus mit der für die Anerkennung von Diensten zur Einwilligungsverwaltung zuständigen Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Der Gesetzgeber müsse hier Klarheit schaffen, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Mit Blick auf die Datenkompetenz stehe es dem nationalen Gesetzgeber frei, Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu erhöhen.

David Schönwerth vom Bitkom (auf Vorschlag der Unionsfraktion eingeladen) verwies darauf, dass die EU-Kommission Ende Mai 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet habe, weil es keine zuständige Behörde für die Durchführung des DGA benannt habe. Aus Sicht des Bitkom müsse das Gesetzgebungsverfahren daher zügig abgeschlossen werden. Angesichts der Vielzahl an Digitalrechtsakten sei ein einheitlicher und kompetenter Ansprechpartner, wie er mit der BNetzA gefunden wurde, für die Wirtschaft sehr wichtig.

Oliver Süme vom eco - Verband der Internetwirtschaft (auf Vorschlag der FDP-Fraktion eingeladen) sagte, dass sich weite Teile der europäischen Wirtschaft zu einer datengetriebenen und datenbasierten Wirtschaft entwickeln. Gleichzeitig sähen sich die Unternehmen mit einem komplexen Geflecht unterschiedlicher Verordnungen, Rechtsakte und Aufsichtsbehörden konfrontiert. Er wies darauf hin, dass attraktive Rahmenbedingungen notwendig seien, um den Betrieb von Datenvermittlungsdiensten zu ermöglichen. Die praxisgerechte Ausgestaltung von Fristen und eine angemessene Balance bei den Sanktionen seien noch zu diskutieren, sagte Süme. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 18.11.24
Newsletterlauf: 04.02.25


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen