Modernisierung des Versicherungsteuerrechts


Mit einem Gesetzentwurf will die Bundesregierung auf verschiedene Urteile von Gerichten reagieren, die eine Präzisierung von Normen des Versicherungsteuergesetzes notwendig gemacht hätten
Versicherungen protestieren gegen Steuer



Die deutsche Versicherungswirtschaft hat mit massiver Kritik auf den Gesetzentwurf der Deutschen Bundesregierung zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (19/21089) reagiert. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) erklärte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), es könnte in einigen Bereichen der Krankenversicherung zu einer Pflicht zur Zahlung von Versicherungsteuer kommen. So könnte bei Ehescheidungen eine Versicherungsteuerpflicht für den mitversicherten bisherigen Ehegatten in Höhe von 19 Prozent entstehen. Neue Lebensmodelle würden dadurch steuerlich diskriminiert.

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung auch auf verschiedene Urteile von Gerichten reagieren, die eine Präzisierung von Normen des Versicherungsteuergesetzes notwendig gemacht hätten. Außerdem soll die Frage des nationalen Besteuerungsrechts im Verhältnis zu anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums neu geregelt werden. Weiterhin wird eine grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Steueranmeldung normiert. Einzelne Regelungen aus dem Versicherungsteuergesetz sollen zudem wieder in die Versicherungsteuer-Durchführungsverordnung verlagert werden.

In der Anhörung beklagten die Versicherungsverbände einen erheblich größeren bürokratischen Aufwand durch das Gesetz. Allein im Bereich der privaten Krankenversicherung würde ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand von knapp 100 Millionen Euro bis zum Jahre 2030 entstehen. Hinzu komme ein einmaliger Umsetzungsaufwand von circa 50 Millionen Euro. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sprach von einem massiven bürokratischen Mehraufwand in mehrstelliger Millionenhöhe. Dies sei ein Aufwand, der letztlich zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehe und der das Bürokratieabbauziel des Koalitionsvertrages konterkariere. Das Ziel der Regierung, ein besser verständliches, eindeutigeres und für die Wirtschaft praktikableres Regelungssystem für die Besteuerung von Versicherungsprämien zu erreichen, wird nach Ansicht des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft nicht erreicht: "Anstatt mehr Rechtsklarheit zu schaffen, ergeben sich vielmehr neue Rechtsunsicherheiten, neue Prüf- und Dokumentationspflichten in erheblichem Umfang sowie massiver Anpassungsbedarf bei den Verwaltungsprozessen für die Versicherungsunternehmen.".

Sozialpolitische und wirtschaftspolitische Probleme sieht der GDV auch bei den geplanten Regelungen für den Bereich sogenannter Schlüsselkraft-Versicherungen. Die Versicherungen würden es ermöglichen, dass sich insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen gegen die Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder schwere Krankheit von für den Betrieb wesentlichen Mitarbeitern oder eines Geschäftsführers (sogenannte Schlüsselkräfte) versichern könnten. Diese Schlüsselkraft- Versicherungen sollten im Falle eines Falles Liquiditätsausfälle ausgleichen und Mittel für die Sicherung des Betriebs zur Verfügung stellen. Durch die Einführung einer Versicherungsteuer in Höhe von 19 Prozent auf diese Beiträge würde eine Absicherung der Existenz für die Unternehmen erheblich verteuert. Diese Regelung wurde auch von Daniel Troost (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO) kritisiert. Die Bayerische Beamtenkrankenkasse forderte eine Klarstellung, damit die von vielen kleinen Kommunen abgeschlossenen Beihilfeablösungsversicherungen nicht von der Steuerpflicht erfasst werden würden. Kommunen würden diese Versicherung abschließen, um sich gegen zu hohe Beihilfezahlungen für Beamte abzusichern.

Ein anderes Anliegen hatte der Verband deutscher Reeder (VDR). Nach seinen Angaben werden vom deutschen Standort aus von hiesigen Reedereien nicht nur eigene Schiffe, sondern auch Schiffe, die ausländischen Eigentümern gehören und nicht im deutschen Seeschiffregister eingetragen sind, gereedert. Diese Dienstleistung habe erheblich an Bedeutung gewonnen. Der VDR geht von 500 Seeschiffen aus, die von Deutschland aus in dieser Form betreut beziehungsweise bereedert würden. Die in Deutschland erhobene Versicherungssteuer auf die Prämien für Schiffsversicherungen hätte sich schon seit geraumer Zeit zu einem echten Wettbewerbsnachteil für den Schifffahrtsstandort Deutschland entwickelt. Nach Angeben des Verbandes gilt in der Schiffsversicherung eine Versicherungsteuer von 19 Prozent (mit Ausnahme der in deutschen Registern registrierten Seeschiffe). Alle anderen bedeutenden und insbesondere auch europäischen Schifffahrtsstandorte hätten den gesamten relevanten Bereich der Seeschiffsversicherung für Handelsschiffe von einer Versicherungsteuer freigestellt. Als Beispiele nannte der Reederverband Dänemark, die Niederlande, Frankreich, das Vereinigte Königreich oder auch Singapur. Daher sollte das aktuelle Gesetzgebungsverfahren dazu genutzt werden, die Besteuerung von Seeschiffsversicherungen in Deutschland wettbewerbsfähiger zu gestalten.

Troost wies auch auf die drohende Gefahr von Doppelbesteuerungen bei Versicherungsprämien im In- und Ausland hin. Dies betreffe vor allem die engen Verbindungen zwischen der deutschen Wirtschaft und Versicherungsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich, da bisher keine Regelung über das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien getroffen werden konnte. Hier könne ein "harter Brexit" drohen. Professor David Hummel (Leipzig) warnte vor zu vielen Detailregelungen. Es sei besser, abstrakte Regelungen zu schaffen, die dann von den Gerichten ausgelegt werden könnten. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 17.11.20
Newsletterlauf: 15.12.20



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