Österreichisch-russisches Netzwerk im Fokus
Zeuge berichtete von seinen Recherchen über die österreichische Polit-Szene und Verwaltung, deren Verflechtungen mit in- und ausländischen Unternehmen und mögliche Verbindungen zum Wirecard-Fall
Spendengesetzgebung lasse Schlupflöcher offen, die niemand zu schließen bereit sei. Auch Wirecard habe dort den Kontakt zur Politik gesucht und Parteispenden getätigt. Umgekehrt sei die Gesellschaft der "Point of Contact" für österreichische unternehmerische Interessen in Russland
Auf die Suche nach Schnittmengen des Wirecard-Finanzskandals mit der österreichischen Politik begab sich der 3. Untersuchungsausschuss. Zentrale Wirecard-Akteure sind österreichische Staatsangehörige. Dazu vernahm das Gremium den in Deutschland festgenommenen österreichischen Sicherheitsberater Julian Hessenthaler, der einer breiten Öffentlichkeit als Macher der sogenannten Ibiza-Videos bekannt geworden war, die 2019 die österreichische Partei FPÖ erschüttert und zum Bruch der damaligen Regierungskoalition in Wien geführt hatten. Hessenthaler hatte dem Untersuchungsausschuss seine Aussage angeboten. Seitens der österreichischen Justiz liegt ein Auslieferungsersuchen vor. Zurzeit sitzt Hessenthaler in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit ein.
Der Zeuge berichtete von seinen Recherchen über die österreichische Polit-Szene und Verwaltung, deren Verflechtungen mit in- und ausländischen Unternehmen und mögliche Verbindungen zum Wirecard-Fall. Er habe vor allem ein Interesse gehabt aufzuklären, "wer warum so einen Aufwand betreibt, um meiner habhaft zu werden."
Ihm sei durch eine Detektei nachgestellt worden, er und sein komplettes Umfeld seien beschattet und bedroht worden. Nun ermittelten die österreichischen Behörden gegen ihn wegen Erpressung des FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache und wegen Drogenhandels.
Der Zeuge gab vor allem einen Einblick in den spezifischen Kosmos aus Wirtschaft und Politik, Geben und Nehmen in der österreichischen Hauptstadt. Dreh- und Angelpunkt, ja der Hauptort, um Einfluss zu nehmen, sei dabei die "Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft", der zahlreiche Politiker, ehemalige Politiker, Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Sicherheitscommunity beider Länder angehörten.
Auffällig viele Personen mit Bezug zu Wirecard fänden sich dort wieder. Wirecard zähle zu den Spendern der Gesellschaft, die der Zeuge zudem als Einfallstor russischer Interessen in Österreich bezeichnete. Mit schmutzigem Geld kauften sich russische und ukrainische Geschäftsleute in die österreichische Politik ein, betrieben Geldwäsche.
Die Spendengesetzgebung des Landes lasse Schlupflöcher offen, die niemand zu schließen bereit sei. Auch Wirecard habe dort den Kontakt zur Politik gesucht und Parteispenden getätigt. Umgekehrt sei die Gesellschaft der "Point of Contact" für österreichische unternehmerische Interessen in Russland.
Durch seine Ibiza-Enthüllungen sei ihm bewusst geworden, in welchem Maße Einfluss aus dem Ausland auf die österreichische Politik genommen werde, sagte Hessenthaler. Im Zuge der Insolvenz von Wirecard im Frühjahr 2020 hätten sich für ihn dann Schnittmengen und Erkenntnisse zu dem von den Österreichern geführten Münchner Unternehmen ergeben.
Der Zeuge half dem Untersuchungsausschuss, sein Bild vom Wirecard-Fall zu vervollständigen, indem er vieles Bekannte bestätigen und durch seine österreichische Perspektive ergänzen konnte, warf aber auch neue Fragen auf und bat darum, die Beantwortung einiger Details in einen nichtöffentlichen Teil der Sitzung auszulagern. Dies geschah, bevor das Gremium am Nachmittag seine Sitzung mit der Befragung von Benjamin Weigert, Leiter des Zentralbereichs Finanzstabilität der Deutschen Bundesbank, und Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, fortsetzte. (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 09.03.21
Newsletterlauf: 20.04.21
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