Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Gesetze

Schaffung einer neuen Sozialversicherung


Bundesregierung will in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung einen Bundesträger als Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts errichten
Konzentration der Organisationsstrukturen der LSV ist aufgrund der stetig abnehmenden Zahl der aktiv Versicherten notwendig


(27.01.12) - Eine gemeinsame Sozialversicherung für Bauern, Förster und Gärtner ist das Ziel der Neuordnung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) durch die Bundesregierung. Ein dazu vorgelegter Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/7916) wurde in einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung der Ausschüsse für Arbeit und Soziales und Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz von Sachverständigen begrüßt.

Darin plant die Bundesregierung, in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung einen Bundesträger als Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts zu errichten. Dieser bundeseinheitliche Träger soll künftig für die Alterssicherung, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung der Branche zuständig sein und den Titel "Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" tragen. Die bisherigen regionalen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, die Träger für den Gartenbau und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sollen in den neuen Bundesträger eingegliedert werden.

Der Sachverständige Wilfried Macke trat in der Anhörung dafür ein, dass im Zuge der Schaffung der neuen Sozialversicherung gleiche Regeln für alle Beschäftigten der neuen Körperschaft gelten müssen. Im Sinne der Sozialverträglichkeit sollen Versetzungen in den einstweiligen Ruhestand gegen den Willen der Angestellten und Beamten nicht durchgeführt werden dürfen, was aber nach dem Entwurf möglich wäre.

Enno Bahrs hielt einen bundeseinheitlichen Sozialversicherungsträger aus Sicht der Beitragsgestaltung für "realisierbar", denn in den Bereichen Landwirtschaft, Forst und Gartenbau seien jeweils einheitliche für das gesamte Bundesgebiet geltende Beitragsmaßstäbe umsetzbar. "Sowohl die für Sozialversicherungsträger maßgeblichen Prinzipien der Äquivalenz und Leistungsfähigkeit als auch das Solidaritätsprinzip können dabei gewährleistet werden", erläuterte er in einer Stellungnahme.

Für Peter Mehl ist die Konzentration der Organisationsstrukturen der LSV aufgrund der stetig abnehmenden Zahl der aktiv Versicherten notwendig: "Mit der Errichtung eines Bundesträgers wird zudem der Widerspruch aufgelöst, dass der Bund die LSV in erheblichem Umfang mitfinanziert, er aber aufgrund der Länderzuständigkeit in der Rechtsaufsicht nur begrenzte Einwirkungsmöglichkeiten auf die landesunmittelbaren Träger hat." Zum Vorteil vieler würden schließlich durch die Schaffung eines Bundesträgers bestehende regionale Beitragsunterschiede zwischen vergleichbaren Betrieben verkleinert und bis 2018 beendet.

Aus Sicht des Gartenbaus stimmte Frank Viebranz dem Gesetzentwurf zu, denn die Zahl der Versicherten in der Landwirtschaft sei seit vielen Jahren rückläufig. "Insbesondere im Bereich der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung besteht Handlungsbedarf", betonte er in seiner Stellungnahme. Viebranz drückte die Sorge aus, dass die Interessen der Versicherten im Deutschen Gartenbau nicht entsprechend ihrer hohen Anzahl in den in Zukunft zu besetzenden Gremien des Bundesträgers gewahrt werden. Er plädierte für die Erweiterung der für den sogenannten Errichtungsausschuss vorgesehenen Anzahl von 18 Mitgliedern auf insgesamt 27, um eine gerechtere Repräsentation zu gewährleisten.

Bernd Schmitz kritisierte hingegen, dass der Gesetzentwurf es der Selbstverwaltung ohne eine belastbare gutachterliche Quantifizierung überlasse, die bundesweit einheitlichen Maßstäbe zur Beitragsberechnung festzulegen. "Der Entwurf sieht bisher keine Höchstgrenzen für Beitragssteigerungen oder für die Beitragsspannen zwischen kleinen und großen Betrieben vor, wie es sie in der Krankenversicherung gibt", monierte er in seiner Stellungnahme. Er schlug die Festlegung eines bundesweit einheitlichen Beitragsmaßstabs in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung vor und forderte eine wissenschaftliche Basis sowie mehr Zeit für die Meinungsbildung. "Die Frist zur Einführung sollte daher vom Oktober 2013 auf Oktober 2014 verschoben werden."

Der Deutscher Landfrauenverband sprach sich für die geplante Neuordnung der LSV-Organisation aus. Doch als Vertretung der in der Landwirtschaft tätigen Frauen kritisierte der Verband, dass der Entwurf keine Rücksicht auf die Durchsetzung des Gleichstellungsgebotes nehme. "An keiner Stelle wird Bezug genommen, wie den unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen von Frauen und Männern im Rahmen von Entscheidungsprozessen Rechnung getragen werden kann", hieß es in einer vorab eingereichten Stellungnahme. Frauen sollen angemessen an den Führungs- und Entscheidungsprozessen beteiligt werden, forderte der Verband. "Notfalls durch Quoten in der Besetzung der Gremien", hieß es in der Anhörung, denn bereits bei der Aufstellung der Listen sei der Frauenanteil sehr gering. Was auch mit dem Wahlverfahren und den beteiligten Verbänden zusammenhänge, die traditionell männlich geprägt seien.

Auch der Bundesrechnungshof goss Wasser in den Wein und fasste zusammen, dass es der landwirtschaftlichen Sozialversicherung bislang nicht gelungen sei, ihre Verwaltungskosten entsprechend dem Rückgang an Versicherten und Beiträgen anzupassen. "Zwar ist die Neustrukturierung ein erster wichtiger Schritt", hieß es in einer vorgelegten Einschätzung, aber es gebe im Gesetzentwurf weder zusätzliche Einsparziele noch Vorgaben zu Personalzielgrößen. Der Bundesrechnungshof sah daher die Gefahr, dass die neuen Organisationsstrukturen es unmöglich machen werden, die Verwaltungskosten im erwarteten und gebotenen Maße einzusparen. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Gesetze

  • Grünes Licht für schnellere Genehmigungsverfahren

    Der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit hat grünes Licht für verkürzte Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz für Vorhaben zur Erzeugung erneuerbarer Energien gegeben. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Vorgaben der europäischen RED III-Richtlinie (21/568) stimmten in einer Sondersitzung des Ausschusses die Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Die Fraktion von AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke votierten dagegen. Angenommen wurde der Gesetzentwurf in einer auf Antrag der Koalitionsfraktionen zuvor geänderten Fassung.

  • Veröffentlichung von Geschäftsverteilungsplänen

    Die Bundesregierung hat den Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und zur Vererblichkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen" (21/15) vorgelegt. Der Entwurf verfolgt drei sachlich getrennte Ziele. Erstens soll durch eine Änderung im Gerichtsverfassungsgesetz eine bundeseinheitliche Pflicht zur Veröffentlichung der gerichtlichen Geschäftsverteilungspläne im Internet eingeführt werden. Dies soll sich nach dem Entwurf auf die Zugehörigkeit der hauptberuflichen Richterinnen und Richter zu den einzelnen Spruchkörpern beziehen.

  • Änderungen am Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer

    Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer soll weiterentwickelt werden. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer (21/16) vorgelegt. Von besonderer Bedeutung ist die in dem Entwurf vorgesehene Einführung des Syndikus-Wirtschaftsprüfers.

  • Vergaberecht soll vereinfacht werden

    Das Vergaberecht soll vereinfacht werden. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Transformation des Vergaberechts (Vergaberechtstransformationsgesetz - VergRTransfG, 20/14344) eingebracht. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Verwaltungen und Wirtschaft von Regelungen zu entlasten, die einen unverhältnismäßig hohen Mehraufwand für alle Akteure verursachen. Zudem sei eine Beschleunigung der Vergabeverfahren ebenso von hoher Bedeutung wie die Orientierung an Nachhaltigkeitskriterien.

  • Neues Batterierecht-Durchführungsgesetz

    Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/13953) zur Anpassung des Batterierechts an die neue EU-Batterieverordnung (EU) 2023/1542) vorgelegt. Damit sollen vor allem Vorgaben aus der europäischen Verordnung in nationales Recht umgesetzt werden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen