Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Gesetze

Neues Recht am Bau strittig


Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung
Erzeugt der Gesetzentwurf im Bemühen, Rechtssicherheit zu schaffen, nicht neue Rechtsunsicherheit?



Bei einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss zu einem Gesetzentwurf der Deutschen Bundesregierung (18/8486) "zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung" sind viele Einwände zur Sprache gekommen. Ziel der Novelle ist zum einen, privaten Bauherren mehr Sicherheit vor unliebsamen Überraschungen zu geben, und zum anderen, Handwerker vor hohen Folgekosten zu schützen, wenn ihnen mangelhaftes Material verkauft worden war. Zwar betonten die geladenen Experten wiederholt, wie wichtig diese Reform sei, doch warfen sie in verschiedener Hinsicht die Frage auf, ob der vorliegende Gesetzentwurf im Bemühen, Rechtssicherheit zu schaffen, nicht neue Rechtsunsicherheit erzeugt.

Mehrere Sachverständige gaben dem ursprünglichen Referentenentwurf, der als Ergebnis eines intensiven Konsultationsprozesses mit den betroffenen Gruppen entstanden war, den Vorzug gegenüber der schließlich nach der Ressortabstimmung vom Kabinett beschlossenen Fassung.

So sieht der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Olaf Lenkeit eingebaute Umgehungsmöglichkeiten in einer Regelung, die es Bauherren eigentlich erlauben soll, im Fall von Baumängeln einen größeren Teil des Endpreises als bisher einzubehalten. Denn Bauunternehmen könnten nach dem von der Regierung vorgelegten Gesetzestext die bisher üblichen ganzheitlichen Verträge in mehrere Einzelverträge aufspalten mit dem Ergebnis einer "Absenkung des Verbraucherschutzes", warnte Lenkeit.

Der ehemalige Bundesrichter und Vorsitzende des Deutschen Baugerichtstages, Stefan Leupertz, machte seine Kritik vor allem am geplanten Anordnungsrecht fest. Es soll Bauherren ermöglichen, Änderungen am Bauvorhaben anzuordnen, falls sich die Baufirma nicht freiwillig dazu bereiterklärt. Diese "Zentrale Vorschrift" sei gegenüber dem Referentenentwurf "abgeschwächt" worden, indem das Verfahren zur rechtlichen Durchsetzung einer solchen Anordnung komplizierter geworden sei, bemängelte Leupertz. Dies sei eine "Einladung zur Obstruktion und Verzögerung".

Vor gravierenden Folgen dieses Anordnungsrechts für Baufirmen warnte Philipp Mesenburg, Justiziar des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes. Der Bau erfordere eine komplizierte Disposition von Mitarbeitern, Gerätschaften und beteiligten Gewerken. Wenn nun ein Bauherr beispielsweise anordnen könne, das im Entstehen befindliche Haus ein Stockwerk höher zu bauen, habe das unweigerlich Auswirkungen auf andere Baustellen des Unternehmens. Mesenburg sprach von einem "Dominoeffekt".

Eine vorgesehene Bestimmung in diesem Zusammenhang besagt für den Fall, dass sich Bauherr und Bauträger nicht auf den Preis einer solchen angeordneten Veränderung einigen können, dass 80 Prozent des Angebots der Baufirma gelten sollen. Nach Ansicht des Heidelberger Wirtschaftsrechtlers Thomas Peiffer wird damit ein Anreiz geschaffen, schon beim Angebot deutlich zu übertreiben, so dass selbst 80 Prozent davon noch überteuert wären. Pfeiffer schlug vor, die Einführung des Anordnungsrechts mit einem wirksamen und schnellen Streitbeilegungsmechanismus zu unterlegen.

Auch an dem anderen Teil des Reformvorhabens, der Mängelhaftung, gab es viel Kritik. Dabei bestand durchaus Einigkeit, dass die jetzige Rechtslage schnellstens geändert werden sollte. Denn derzeit kann ein Handwerker, dem fehlerhaftes Material verkauft wurde, vom Lieferanten nur Ersatz durch fehlerfreies Material verlangen, auf den oft hohen Kosten für den Aus- und Wiedereinbau an dem Gebäude aber bleibt er sitzen. Künftig soll der Lieferant auch dafür geradestehen. Doch der Gesetzentwurf sieht vor, dass ein Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen genau diese Haftung ausschließen kann. Die Leiterin der Rechtsabteilung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Manja Schreiner, verwies darauf, dass kleine Handwerker praktisch keinen Einfluss auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nehmen könnten und nicht selten auch auf einen einzigen Fachhändler in ihrer Region angewiesen seien. Sie prophezeite, dass alle Händler diese Ausnahmemöglichkeit anwenden würde, sollte sie in Kraft treten, mit der Folge, dass die ganze Reform "nichts bringt".

Viel Kritik gab es daran, dass Lieferanten von mangelhaftem Material die Möglichkeit gegeben werden soll, anstelle einer Kostenerstattung für den Handwerker den Aus- und Wiedereinbau selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies würde dazu führen, dass auf der Baustelle eines Einfamilienhauses Arbeitskräfte auftauchten, die der Bauherr nie beauftragt hat, folgerte Peter Mauel, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Bauherren-Schutzbundes. Dies sei ein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Eine Koordination mit anderen auf der Baustelle laufenden Arbeiten sei nicht möglich. Zudem stelle sich die Frage der Gewährleistung in dem Fall, dass die Nachbesserung wiederum fehlerhaft ausgeführt wird. Der Bauherr habe ja nur mit dem von ihm beauftragten Handwerker ein Vertragsverhältnis.

Christin Moldenhauer, ehrenamtliche Vorsitzende des Ausschusses Vertragsrecht beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, wandte sich dagegen, die Ausweitung der Mängelhaftung auch in Geschäftsbeziehungen ohne Verbraucherbezug anzuwenden. Da es vergleichbare Regelungen in anderen Ländern nicht gebe, drohe ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Industrie. Nicht namens ihres Verbandes, sondern ihres Arbeitsgebers Siemens schlug Moldenhauer vor, die Anwendung des Gesetzes auf Handwerker und Kleinunternehmen zu beschränken.

Corinna Merzyn, Architektin und Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren, appellierte an die Abgeordneten, das Gesetzesvorhaben trotz er vielen Änderungswünsche schnell zum Abschluss zu bringen. Jedes Jahr begönnen 21.000 Bauherrenfamilien einen Eigenheimbau, zitierte Merzyn die Statistiken, und das wegen der geltenden Rechtslage "im Blindflug".

30 Prozent aller Altersvorsorgemittel flössen in Immobilien, gesetzliche Rentenbeiträge mitgerechnet. Andererseits zeigten die Auswertungen ihres Verbandes, dass in den Bauverträgen mit privaten Bauherren im Durchschnitt Leistungen im Wert von 16.000 Euro, die für die Fertigstellung zwingend erforderlich wären, nicht aufgeführt sind. Die entsprechenden Mehrkosten müssten die Bauherren dann aufbringen, um ihr Eigenheim fertigstellen zu können. Diese Rechtslage müsse dringend geändert werden. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 29.06.16
Home & Newsletterlauf: 02.08.16


Meldungen: Gesetze

  • Grünes Licht für schnellere Genehmigungsverfahren

    Der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit hat grünes Licht für verkürzte Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz für Vorhaben zur Erzeugung erneuerbarer Energien gegeben. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Vorgaben der europäischen RED III-Richtlinie (21/568) stimmten in einer Sondersitzung des Ausschusses die Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Die Fraktion von AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke votierten dagegen. Angenommen wurde der Gesetzentwurf in einer auf Antrag der Koalitionsfraktionen zuvor geänderten Fassung.

  • Veröffentlichung von Geschäftsverteilungsplänen

    Die Bundesregierung hat den Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und zur Vererblichkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen" (21/15) vorgelegt. Der Entwurf verfolgt drei sachlich getrennte Ziele. Erstens soll durch eine Änderung im Gerichtsverfassungsgesetz eine bundeseinheitliche Pflicht zur Veröffentlichung der gerichtlichen Geschäftsverteilungspläne im Internet eingeführt werden. Dies soll sich nach dem Entwurf auf die Zugehörigkeit der hauptberuflichen Richterinnen und Richter zu den einzelnen Spruchkörpern beziehen.

  • Änderungen am Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer

    Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer soll weiterentwickelt werden. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer (21/16) vorgelegt. Von besonderer Bedeutung ist die in dem Entwurf vorgesehene Einführung des Syndikus-Wirtschaftsprüfers.

  • Vergaberecht soll vereinfacht werden

    Das Vergaberecht soll vereinfacht werden. Dazu hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Transformation des Vergaberechts (Vergaberechtstransformationsgesetz - VergRTransfG, 20/14344) eingebracht. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Verwaltungen und Wirtschaft von Regelungen zu entlasten, die einen unverhältnismäßig hohen Mehraufwand für alle Akteure verursachen. Zudem sei eine Beschleunigung der Vergabeverfahren ebenso von hoher Bedeutung wie die Orientierung an Nachhaltigkeitskriterien.

  • Neues Batterierecht-Durchführungsgesetz

    Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/13953) zur Anpassung des Batterierechts an die neue EU-Batterieverordnung (EU) 2023/1542) vorgelegt. Damit sollen vor allem Vorgaben aus der europäischen Verordnung in nationales Recht umgesetzt werden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen