Verstöße gegen das Parteiengesetz
Parteifinanzierung: FDP muss Sanktionszahlungen leisten - Jürgen W. Möllemann, ehemaliger Landesvorsitzende der FDP in Nordrhein‑Westfalen, hatte Bargeld in beträchtlicher Höhe persönlich übergeben
Das exklusive Wissen des Landesschatzmeisters beziehungsweise Landesgeschäftsführers der Partei über die Identität des Spenders ändert nichts daran, dass diese der Öffentlichkeit und dem übrigen Landesvorstand verborgen blieb
(03.07.09) - Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gegenüber der FDP einen Sanktionsbescheid erlassen, in dem eine Gesamtzahlungsverpflichtung der Partei in Höhe von insgesamt 4.336.648,79 Euro festgestellt wird. Damit werden Verstöße gegen das Parteiengesetz geahndet, die im nordrhein-westfälischen Landesverband der Partei in den Jahren 1996 bis 2002 begangen wurden. In der Gesamtsumme sind 873.500 Euro berücksichtigt, die von der FDP – bei abweichender Rechtsauffassung - bereits im November 2002 vorsorglich bei der Bundestagsverwaltung hinterlegt wurden.
In den Jahren 1996 bis 2000 und 2002 hat der damalige Landesvorsitzende der FDP in Nordrhein‑Westfalen, Jürgen W. Möllemann, Bargeld in beträchtlicher Höhe persönlich an den damaligen Landesschatzmeister und späteren Landesgeschäftsführer übergeben. Die Gelder wurden „gestückelt“, unter falschen Spendernamen auf Konten des Landesverbandes eingezahlt und entsprechend verbucht.
Verstöße gegen ein Spendenannahmeverbot
Diese Spendenvorgänge sind jeweils als Verstöße gegen das parteienrechtliche Verbot zu bewerten, Spenden anzunehmen, wenn ihre wahre Herkunft nicht feststellbar ist. Das exklusive Wissen des Landesschatzmeisters beziehungsweise Landesgeschäftsführers der Partei über die Identität des Spenders ändert nichts daran, dass diese der Öffentlichkeit und dem übrigen Landesvorstand verborgen blieb. Damit wurde gegen ein Spendenannahmeverbot des Parteiengesetzes verstoßen, das der Umsetzung des verfassungsrechtlichen Transparenzgebots dient.
Auf den genannten Verstößen beruhen folgende Zahlungsverpflichtungen, die sich jeweils aus dem Dreifachen der unzulässigerweise angenommenen Spendenbeträge ergeben:
>> 1996: 94.716,82 Euro
>> 1997: 80.911,94 Euro
>> 1998: 59.054,21 Euro
>> 1999: 299.105,75 Euro
>> 2000: 1.505.882,41 Euro
>> 2002: 319.500,00 Euro
Verstöße gegen das Publizitätsgebot
Als Publikationsverstoß sind die der FDP zugeflossenen und nicht veröffentlichten Spenden in Gestalt von Wahlkampfmaßnahmen wie zum Beispiel Plakat- und Anzeigenaktionen in den Jahren 1998 und 2000 zu bewerten. Dafür sieht das Parteiengesetz eine finanzielle Sanktion in Höhe des Zweifachen der nicht in den Rechenschaftsberichten veröffentlichten Beträge vor.
An Zahlungsverpflichtungen ergeben sich daraus im Einzelnen:
>> 1998: 653.271,33 Euro
>> 2000: 450.706,24 Euro
Für das Rechnungsjahr 2000 war die Frage zu prüfen, ob fehlende bzw. falsch verzeichnete Spendenbeträge den Rechenschaftsbericht für dieses Jahr wesentlich unrichtig gemacht haben, d. h. in einem Maße unrichtig, dass er insgesamt als entwertet anzusehen gewesen wäre. Die Rechtsprechung hat für die Feststellung einer wesentlichen Unrichtigkeit als Orientierungswert eine Abweichung von fünf Prozent für zulässig gehalten.
Um dem Gebot der Gleichbehandlung aller Parteien angesichts ihrer sehr unterschiedlichen Einnahmestrukturen zu entsprechen, war der Anteil der von der Partei unrichtig angegebenen Spendeneinnahmen an ihren Gesamteinnahmen zur Grundlage der Bewertung zu machen. Für den FDP-Rechenschaftsbericht 2000 hat sich deshalb eine deutliche Unterschreitung dieses Wertes ergeben. Die Partei wird den aufgeführten Einzelsanktionen unterworfen und verliert nicht ihren Zuwendungsanteil für das Jahr 2001 insgesamt.
Der Anteil der FDP an der Aufklärung des Sachverhalts ist zu würdigen, ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit der Spendenvorgänge. Er führt im Ergebnis immerhin dazu, dass in Bezug auf die 873.500 Euro, die die Partei unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsposition, die Spenden seien rechtmäßig angenommen worden, hinterlegt hat, über die Einbehaltung dieses Betrages hinaus keine weitergehenden Sanktionen ausgesprochen werden.
Mit dem vorliegenden Bescheid wird ein im Hinblick auf die vielfältigen Sachverhalte und ihre rechtliche Bewertung äußerst komplexer Vorgang verwaltungsseitig abgeschlossen. Die mehrjährige Bearbeitungszeit hält sich durchaus im Rahmen vergleichbarer parteienrechtlicher Verfahren. Sie erklärt sich im konkreten Fall auch durch die außerhalb der Bundestagsverwaltung geleistete und für die Beurteilung relevante justizielle Aufarbeitung seitens der Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte, die bis Mitte 2007 angedauert hat. (Deutscher Bundestag: ra)
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