Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

HV 2006-Panne: HypoVereinsbank und UniCredit


Hauptversammlungsbeschluss der HypoVereinsbank vom 25. Oktober 2006 ist nichtig - Aktionäre wurden nicht ausreichend über Inhalt des mit UniCredit abgeschlossenen "Business Combination Agreement" informiert
HypoVereinsbank betont: LG-Urteil lässt Wirksamkeit der BACA-Übertragung unberührt - Gericht nimmt zur angeblichen Unterbewertung ausdrücklich keine Stellung


(18.02.08) - Das Landgericht München I hat den Beschluss der Hauptversammlung der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG vom 25. Oktober 2006, mit dem unter anderem dem Verkauf der von dieser Bank gehaltenen Aktien der Bank Austria Creditanstalt an UniCredit zu einem Kaufpreis von rund 12,5 Milliarden Euro zugestimmt worden war, für nichtig erklärt (Verfahren des Landgerichts München I, Az. 5 HK O 19782/06; bei Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig).

Zur Begründung wies die auf aktienrechtliche Fragestellungen spezialisierte 5. Kammer für Handelssachen unter ihrem Vorsitzenden Dr. Helmut Krenek darauf hin, dass die Aktionäre bei der Einladung nicht ausreichend über den Inhalt des mit UniCredit im Juni 2005 abgeschlossenen "Business Combination Agreement" informiert wurden. Dieser Vertrag enthielt die grundlegenden Vereinbarungen und das wechselseitige Verständnis der Parteien im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss, der Transaktionsstruktur, der zukünftigen organisatorischen gesellschaftsrechtlichen Struktur der Gemeinsamen Gruppe und den Verantwortlichkeiten von UniCredit und der HypoVereinsbank.

Die Kammer stützte ihre Entscheidung zudem darauf, dass die Frage eines Aktionärs nach dem Unternehmenswert bei Zugrundelegung eines niedrigeren Risikozuschlags nicht beantwortet worden sei, obwohl der Vorstand der HypoVereinsbank hierzu während der Hauptversammlung verpflichtet gewesen wäre.

Zudem stellte die Kammer aufgrund der Klagen eines Teils der Kläger fest, dass das Business Combination Agreement angesichts dessen Inhalts als Unternehmensvertrag der Zustimmung der Hauptversammlung der HypoVereinsbank bedurft hätte. Eine Gesamtschau des Vertrages zeigt nach Einschätzung des Gerichts, dass UniCredit als herrschender Vertragspartner in die Lage versetzt wird, eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und gegenüber dem Vorstand der HypoVereinsbank durchzusetzen. Ein ausdrückliches Weisungsrecht ist nicht Voraussetzung für die Annahme eines verdeckten Beherrschungsvertrages.

Die auf Feststellung der Nichtigkeit der einzelnen Kaufverträge erhobene Klage einer einzelnen Aktionärin wies die Kammer aus zivilprozessualen Gründen ab, ohne sich mit den gegen die Wirksamkeit der insgesamt sechs Kaufverträge erhobenen Rügen inhaltlich auseinandersetzen zu müssen.

Das Landgericht München I nahm in diesem Urteil nicht dazu Stellung, ob der Kaufpreis für die BACA-Aktien (Bank Austria Creditanstalt) oder die CEE-Beteiligungen zu niedrig gewesen sein könnte.

Kommentar der HypoVereinsbank:
Auch die HypoVereinsbank ist auf der Grundlage aller ihr vorliegenden Einschätzungen nach wie vor davon überzeugt, einen angemessenen Kaufpreis erhalten zu haben.

Die Wirksamkeit der Anfang 2007 separat vollzogenen Übertragung der BACA und der CEE-Einheiten bleibt damit unangetastet. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass sich das heutige Urteil des Landgerichts allein auf zwei angebliche Verfahrensmängel bei der Durchführung der außerordentlichen Hauptversammlung 2006 stützt.

Ganz abgesehen davon bleibt das heutige Urteil des Landgerichts schon deshalb folgenlos für die BACA-Transaktion, weil es noch nicht rechtskräftig ist.

Die HypoVereinsbank wird nun zunächst die Zustellung des vollständigen, schriftlichen Urteils des Landgerichts abwarten, im Anschluss die Urteilsgründe genau prüfen und sodann über die weiteren rechtlichen Schritte entscheiden. Nach derzeitigem Sachstand ist es aber wahrscheinlich, dass die HypoVereinsbank gegen das Urteil des Landgerichts Berufung beim Oberlandesgericht einlegen wird.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Hauptversammlung der HypoVereinsbank die vom Landgericht angenommenen Verfahrensmängel durch so genannte Bestätigungsbeschlüsse heilt. Durch eine solche Bestätigung der Hauptversammlung würden die ursprünglichen Verfahrensmängel – so sie denn tatsächlich vorlägen – irrelevant. Über das weitere Vorgehen wird die HypoVereinsbank insofern ebenfalls abschließend nach Vorlage und Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe entscheiden.

Auch auf den Fortgang des laufenden Squeeze-Out-Verfahrens hat das Urteil keine Auswirkungen. Der Squeeze-Out ist ein von den Transaktionen völlig getrenntes Verfahren und beruht auf einem separaten Beschluss der Hauptversammlung 2007, dessen Wirksamkeit in gesonderten Anfechtungs- und Freigabeverfahren geklärt werden wird.

Als Nebenaspekt des heute entschiedenen Verfahrens hat das Landgericht München festgestellt, dass das so genannte Business Combination Agreement (BCA) zwischen UniCredit und HypoVereinsbank aus dem Jahre 2005 der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe, weil es zwar keine Weisungsrechte vorsehe, aber nach seinem Gesamtinhalt einen "verdeckten Beherrschungsvertrag" darstelle. Die HypoVereinsbank teilt diese Auffassung nicht, da das BCA einen Beherrschungsvertrag dem beidseitigen Parteiwillen entsprechend ausdrücklich ausschließt. Aus Sicht der HypoVereinsbank kann es keinen Beherrschungsvertrag ohne Weisungsrecht geben. Das BCA hingegen begrenzt sogar die der UniCredit aufgrund ihrer Aktienmehrheit zustehenden Rechte. Vorbehaltlich der näheren Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe ist es daher wahrscheinlich, dass die HypoVereinsbank auch insoweit Berufung beim Oberlandesgericht einlegen und das Urteil des Landgerichts damit nicht rechtskräftig werden wird.

Der vom besonderen Vertreter, Dr. Heidel, auf Seiten der Anfechtungskläger erklärte Beitritt zum Verfahren wurde vom Gericht zurückgewiesen.

Die HypoVereinsbank ist nach wie vor der festen Überzeugung, dass die Hauptversammlungsbeschlüsse inhaltlich und formal einwandfrei sind.
(Landgericht München: HypoVereinsbank: ra)


Meldungen: Weitere Urteile

  • Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.05.2025 - IX R 2/23 entschieden, dass statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist. Er schließt sich damit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an (vgl. Urteile vom 30.11.2022 6 C 10.21, Rz 14, und vom 16.09.2020 6 C 10.19, Rz 12).

  • Betriebliche Veranlassung der Swap-Verträge

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.04.2025 - VI R 11/22 entschieden, dass Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps als Betriebsausgaben abzugsfähig sein können, soweit mit diesem ein betriebliches Zinsänderungsrisiko abgesichert werden soll.

  • Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz

    Ein Steuerpflichtiger hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz keinen Anspruch auf Informationen hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 09.05.2025 - IX R 1/24 entschieden. Die amtliche Richtsatzsammlung ist ein Hilfsmittel, das von den Betriebsprüfern der Finanzämter als Hilfsmittel für die Verprobung von Umsätzen und Gewinnen von Steuerpflichtigen herangezogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schreibens vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage veröffentlicht.

  • Steuererklärung und Steuerbescheid

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.11.2024 - X R 25/22 entschieden, dass ein Steuerbescheid stets geändert werden kann, wenn elektronisch übermittelte Daten an das Finanzamt (FA) übermittelt werden. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Inhalt der Daten dem FA bereits bekannt war.

  • Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2024 - VI R 1/23 entschieden, dass Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen