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Mobilfunktarife: Netzbetreiberklagen abgewiesen


Bundesverwaltungsgericht zerschlägt Mobilfunkkartell: Breko sieht Ende der Gier nach überhöhten Terminierungsentgelten
Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth: "Zweifel an unserer Entscheidungspraxis sind widerlegt und ausgeräumt"


(04.04.08) - Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Klagen der Mobilfunknetzbetreiber T Mobile, Vodafone, E Plus und O2 abgewiesen, die sich gegen die Regulierung der sog. Terminierungsentgelte richteten (BVerwG 6 C 14, 6 C 15, 6 C 16 und 6 C 17.07 - Urteile vom 2. April 2008).

Bei den umstrittenen Terminierungsentgelten handelt es sich um die Beträge, die Festnetz- und Mobilfunknetzbetreiber für die Anrufzustellung ("Terminierung") in Mobilfunknetze anderer Betreiber zu entrichten haben und an ihre eigenen Endkunden, die Anrufer, weitergeben. Die Bundesnetzagentur entschied am 30. August 2006, dass die Anrufzustellung in die jeweiligen Mobilfunknetze regulierungsbedürftig sei, da jeder der vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber insoweit über beträchtliche Marktmacht verfüge. Mit dem Ziel einer deutlichen Absenkung der Terminierungsentgelte gab sie den Mobilfunkbetreibern u.a. auf, solche Entgelte künftig vorab genehmigen zu lassen. Genehmigungsfähig sind danach nur streng kostenorientierte Entgelte.

Die dagegen erhobenen Klagen der Mobilfunknetzbetreiber hatten in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Köln teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht bestätigte zwar grundsätzlich die Regulierungsbedürftigkeit der von der Bundesnetzagentur festgelegten Märkte für die Terminierung in Mobilfunknetze, beanstandete aber die den Unternehmen auferlegte Entgeltgenehmigungspflicht als unverhältnismäßig. Gegen diese Urteile legten alle Beteiligten Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Kläger erstrebten die Aufhebung der Regulierungsverfügungen insgesamt, während die Bundesnetzagentur die in erster Instanz aufgehobene Entgeltgenehmigungspflicht verteidigte.

Das Bundesverwaltungsgericht, das schon Eilanträge der vier Kläger abgelehnt hatte, gab nun insgesamt der Bundesnetzagentur Recht. Die an die klagenden Unternehmen gerichteten Regulierungsverfügungen wurden in vollem Umfang als rechtmäßig bestätigt. Die Behörde ist fehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass die betroffenen Unternehmen den Markt für Anrufzustellung in ihre jeweiligen Mobilfunknetze beherrschen. Die Entgelte für die Mobilfunkterminierung lagen in der Vergangenheit aufgrund der monopolartigen Struktur der Märkte deutlich über den Preisen, die unter Wettbewerbsbedingungen zu erzielen gewesen wären.

Die Bundesnetzagentur ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass eine enge Orientierung der Terminierungsentgelte an den tatsächlich entstehenden Kosten geboten ist, um insbesondere den Verbraucherinteressen angemessen Rechnung zu tragen. Um dieses Ziel zu erreichen, durfte sie anordnen, dass ihr die Terminierungsentgelte vorab zur Genehmigung vorgelegt werden.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation "Breko" zeigte sich erleichtert angesichts des aktuellen Urteils zur Entgeltgenehmigungspflicht für die Mobilfunkterminierung. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Ausführungen von gestern Abend die Bundesnetzagentur bestätigt, die von den vier Mobilfunkunternehmen verlangt, ihre Entgelte im Voraus genehmigen zu lassen. Diese Gelder müssen auch die Festnetznetzbetreiber des Breko an die Mobilfunker zahlen, wenn sie Gespräche in deren Netze durchreichen.

Breko-Geschäftsführer Rainer Lüddemann begrüßt insbesondere die Feststellung des Gerichtes, "dass die betroffenen Unternehmen den Markt für die Anrufzustellung in ihre jeweiligen Mobilfunknetze beherrschen."
Weiter wird ausgeführt: "Die Entgelte für die Mobilfunkterminierung lagen in der Vergangenheit aufgrund der monopolartigen Struktur der Märkte deutlich über den Preisen, die unter Wettbewerbsbedingungen zu erzielen gewesen wären."
"Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Mobilfunker", resümiert Lüddemann, "damit ist der Weg für weitere Entgeltsenkungen offen. Von der insbesondere im Verbraucherinteresse vom Bundesverwaltungsgericht geforderten engen Orientierung der Entgelte an den tatsächlichen Kosten sind wir noch meilenweit entfernt. Selbst das Gutachten von E Plus kam seinerzeit auf eine realistische Größenordnung von 5 Cent."

Zu entscheiden war speziell über den Zeitraum 2006 bis 3/2008, für den die Bundesnetzagentur erstmals die Entgelte vorab reguliert hatte. Sie betrugen damals 9,94 Cent/Minute für größere und 8,78 Cent für kleinere Mobilfunker. Die Mobilfunkunternehmen hatten für den aktuell geltenden Zeitraum sogar Entgelte von zum Teil 20 Cent gefordert, was nach Ergehen des aktuellen Urteils vom Breko nun als die pure Gier bezeichnet wird, die durch nichts gerechtfertigt sei. Tatsächlich kam es dann ja auch zu einer leichten Absenkung durch die Behörde.

Breko unterstützt die Position von Regulierungschef Matthias Kurth, der im Rahmen der Vorstellung seines Jahresberichtes gestern weiteren Spielraum nach unten für die Terminierungsentgelte sah. Auch angesichts der rasanten Zuwachsraten bei mobiler Datenübertragung und eines 20prozentigen Anstiegs der Verbindungsminuten im letzten Jahr hält Breko die Zeit für gekommen, die Mobilfunker endlich nicht weiter über Mondpreise bei der Terminierung querzusubventionieren.

Nur durch diese Quersubventionierung sei es überhaupt möglich, dass Mobilfunker Verträge anböten, die zum Teil mit einer horrenden Ersparnis aufwarten. "Dies ist eine dramatische Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Mobilfunks, insbesondere im wachsenden Markt der Datenübertragung", kritisiert Lüddemann.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, zeigte sich erleichtert über die heutige Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Mobilfunkterminierungsentgelten.

"Wir haben jetzt Klarheit und Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Zweifel an unserer Entscheidungspraxis sind widerlegt und ausgeräumt. Dies bildet eine gute Grundlage für die Zukunft des Mobilfunkmarkts, auch für das Verhältnis von Mobilfunk zum Festnetz. Es ist ein guter Tag für Kunden und Verbraucher, die nur die tatsächlich als effizient nachgewiesenen Kosten entrichten müssen. Ich appelliere auch an die Mobilfunkunternehmen, nun auf Basis der Entscheidung mit uns konstruktiv zusammenzuarbeiten, um die künftige Entwicklung planbar zu gestalten", sagte Präsident Kurth.
(Bundesverwaltungsgericht: Breko: Bundesnetzagentur: ra)


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