Ethik-Richtlinien und Betriebsrat
Code of Conduct-Richtlinien bzw. Ethik-Richtlinien unterliegen nur teilweise der Mitbestimmung des Betriebsrates
Für die Regelungen zum Whistleblowing und der Ausgestaltung des Whistleblowing-Verfahrens ist zwingend der Betriebsrat zu beteiligen
Von Rechtsanwalt Dr. Karsten Umnuß*
(28.07.08) - Viele Unternehmen haben im Rahmen ihres Compliance-Managements heute bereits Ethik-Richtlinien eingeführt. Das BAG hatte sich nun erstmals mit der Frage der Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Aufstellung und Einführung dieser Ethik-Richtlinien auseinanderzusetzen. Mit Beschluss vom 22.07.2008 (1 ABR 40/07) knüpfte das BAG an seine bisherige Rechtsprechung zu § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG an und unterscheidet auch bei Ethik-Richtlinien zwischen solchen Regeln, welche die betriebliche Ordnung betreffen (mitbestimmungspflichtige Regelungen), und solchen Regelungen, mit denen lediglich die geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert werden soll (mitbestimmungsfreie Regelungen). Es hob damit eine Entscheidung der Berufungsinstanz auf. Darauf wies jetzt die Luther Rechtsanwaltsgesllschaft GmbH hin.
In der Berufungsinstanz hatte das Hessische LAG (Beschluss vom 18.01.2007, 5 TaBV 31/06) entschieden, dass dann, wenn die Ethik-Richtlinie eine sog. Whistleblower-Klausel enthält, welche eine Meldepflicht für Verstöße gegen die Ethik-Richtlinie vorsieht, die gesamte Ethik-Richtlinie dem Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliege. Nach Auffassung des Hessischen LAG würde in einem solchen Fall auch hinsichtlich der unmittelbar (nur) das Arbeitsverhalten betreffenden oder lediglich gesetzlich ohnehin bestehende Verpflichtungen wiederholenden Regelungen durch die globale Verpflichtung zur Meldung von entsprechenden Verstöße das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter geregelt und damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates für alle Regelungen des gesamten Verhaltenskodex ausgelöst.
Dem trat das BAG entgegen. Trotz einer derartigen Whistleblower-Klausel besteht weiterhin kein Mitbestimmungsrecht bei Vorgaben, mit denen lediglich die geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert werden soll. Der Mitbestimmung entzogen sind auch die Angelegenheiten, die gesetzlich abschließend geregelt sind. Dabei schließen ausländische Vorschriften, die für börsennotierte Unternehmen die Einführung von Ethikrichtlinien vorsehen, die Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG jedoch nicht aus.
Soweit Ethikrichtlinien sowohl mitbestimmungspflichtige als auch mitbestimmungsfreie Teile enthalten, begründet das Mitbestimmungsrecht an einzelnen Regelungen nicht notwendig ein Mitbestimmungsrecht für das gesamte Regelwerk.
Das BAG hat daher – anders als des Hessische LAG – einen Antrag abgewiesen, mit dem der Konzernbetriebsrat des deutschen Tochterunternehmens einer US-amerikanischen Gesellschaft ein Mitbestimmungsrecht an der Gesamtheit der konzernweit eingeführten Ethik-Richtlinie festgestellt wissen wollte. Der Betriebsrat hatte dies damit begründet, dass über die Whistleblower-Klausel enthaltene Meldepflicht insgesamt das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter geregelt werde. Das BAG stellte auf entsprechende Hilfsanträge des Konzernbetriebsrates jedoch auch fest, dass die Verpflichtung der Arbeitnehmer, Interessenkonflikte schriftlich zu melden, mitbestimmungspflichtig und der Betriebsrat deshalb an der Ausgestaltung des Verfahrens zu beteiligen ist.
Diese Entscheidung des BAG bringt für die Praxis erfreuliche Klarheit hinsichtlich der Fortführung der bisherigen ständigen Rechtsprechung zur Differenzierung von mitbestimmungspflichtigen und nicht mitbestimmungspflichtigen Regelungen im Rahmen eines Gesamtwerkes. Allerdings stellt es auch klar, dass für die Regelungen zum Whistleblowing und der Ausgestaltung des Whistleblowing-Verfahrens zwingend der Betriebsrat zu beteiligen ist. (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: ra)
* Dr. Karsten Umnuß ist Rechtsanwalt und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München
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