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Datenschutzrecht & internationale soziale Netze


Gegenüber Facebook direkt kann deutsches Datenschutzrecht nicht angewendet werden
Thilo Weichert: "Das Gericht erlaubt es, dass durch geschickte interne Organisation in einem IT-Konzern die Anwendbarkeit des strengen deutschen Datenschutzrechts ausgehebelt wird"

(27.05.13) - Mit Beschlüssen vom 22.04.2013 entschied das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) auf Beschwerden des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (VG) Schleswig, dass auf die Datenverarbeitung bei Facebook auch in Bezug auf deutsche Nutzer nicht deutsches, sondern ausschließlich irisches Datenschutzrecht anwendbar sei (Az. 4 MB 10/13, 4 MB 11/13). Damit wurde die vorläufige Vollstreckbarkeit der ULD-Verfügungen gegen Facebook Inc./USA und Facebook Ireland Ltd., gemäß dem deutschen Telemedienrecht eine anonyme oder pseudonyme Nutzung zuzulassen, rechtskräftig aufgehoben.

Begründet wurde dies vom OVG damit, dass Facebook Ireland Ltd. eine Niederlassung von Facebook in Europa darstellt, nicht aber die Facebook Germany GmbH, die nur in den Bereichen der Anzeigenakquise und des Marketing für den Konzern tätig sei.

Der nicht anfechtbare Beschluss des OVG hat zur Folge, dass gegenüber Facebook direkt deutsches Datenschutzrecht nicht angewendet werden kann. Der Leiter des ULD Thilo Weichert zeigt sich über die Beschlüsse enttäuscht:

"Das Gericht erlaubt es, dass durch geschickte interne Organisation in einem IT-Konzern die Anwendbarkeit des strengen deutschen Datenschutzrechts ausgehebelt wird. Bedauerlich ist auch, dass die vom ULD vorgetragene grundrechtliche Begründung seiner Bescheide nicht aufgegriffen wurde. Für Nutzende und deutsche Unternehmen, die sich an den deutschen Datenschutzstandards halten müssen, ist es schwer zu verstehen, weshalb ein Angebot für den deutschen Markt diese Standards ignorieren darf. Wir müssen diese Entscheidung aber akzeptieren und werden deshalb den Widersprüchen von Facebook gegen unsere Verfügungen im Hauptsacheverfahren entsprechen.

So bedauerlich die OVG-Entscheidungen für den Datenschutz auch sein mögen, sie haben eine obergerichtliche Aussage in der stark umstrittenen Rechtsfrage gebracht, welches Datenschutzrecht bei internationalen sozialen Netzwerken anwendbar ist.

Seit Dezember 2011 ist weiterhin vor dem VG Schleswig die Rechtsfrage anhängig, ob zumindest für deutsche Stellen, die über Facebook-Fanpages betreiben, das deutsche Datenschutzrecht anwendbar ist. Hierzu enthalten die OVG-Beschlüsse keine Aussagen. Es ist zu hoffen, dass diese Verfahren zügig in Angriff genommen werden, um weitere Rechtsklarheit zu erhalten.

Die OVG-Beschlüsse sollten von der Politik als Signal verstanden werden, dass auf europäischer Ebene mit der derzeit diskutierten Datenschutz-Grundverordnung nicht nur ein hoher Datenschutzstandard festgeschrieben, sondern auch dessen Durchsetzbarkeit sichergestellt werden muss. Anderenfalls wird Facebook weiterhin versuchen, sich durch organisatorische Tricks einer wirksamen Datenschutzkontrolle zu entziehen. Wir erleben derzeit, dass sich internationale IT-Unternehmen durch eine ausgeklügelte interne Organisation der Zahlung von Steuern entziehen. Die Politik muss verhindern, dass sich neben Steueroasen auch Datenschutzoasen – also Bereiche ohne effektive Datenschutzkontrolle – entwickeln."
(ULD: ra)

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