Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Betreiber könnten Wettbewerbsverhalten abstimmen


Fusionskontrolle: Kommission eröffnet eingehende Untersuchung zur Übernahme von E-Plus durch Telefónica Deutschland
Durch die Übernahme würden zwei von insgesamt vier Mobilfunknetzen in Deutschland verschmolzen werden - Gleichzeitig würde ein Unternehmen entstehen, das mit den beiden größten Betreibern in Deutschland, Deutsche Telekom und Vodafone, vergleichbar wäre

(17.01.14) - Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die für Deutschland geplante Übernahme von E-Plus durch Telefónica Deutschland mit den EU-Fusionskontrollvorschriften im Einklang steht. Beide Unternehmen bieten über ihre eigenen Mobilfunknetze Mobilfunkdienste in Deutschland an. Aus Sicht der Kommission könnte die Übernahme den Wettbewerb in der deutschen Mobilfunkbranche auf dem Endkundenmarkt sowie auf den Märkten für den Großkundenzugang und den Verbindungsaufbau schwächen. Die Einleitung einer eingehenden Prüfung greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor. Die Kommission muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen, d. h. bis zum 14. Mai 2014, einen endgültigen Beschluss erlassen.

Eine erste Marktuntersuchung der Kommission hatte ergeben, dass der Wettbewerb auf dem Mobilfunkendkundenmarkt sowie auf den Märkten für den Großkundenzugang und den Verbindungsaufbau in Mobilfunknetzen in Deutschland, auf denen Telefónica und E-Plus miteinander in Konkurrenz stehen, durch die Übernahme geschwächt werden könnte. Durch die Übernahme würden zwei von insgesamt vier Mobilfunknetzen in Deutschland verschmolzen werden. Gleichzeitig würde ein Unternehmen entstehen, das mit den beiden größten Betreibern in Deutschland, Deutsche Telekom und Vodafone, vergleichbar wäre. Durch die Übernahme könnte nach Ansicht der Kommission nicht nur ein wichtiger Wettbewerber wegfallen, sondern auch dem neuen Unternehmen der Anreiz genommen werden, starken Wettbewerbsdruck auf die verbleibenden Konkurrenten auszuüben.

Des Weiteren hat die Kommission Bedenken, dass die verbleibenden Mobilfunknetzbetreiber aufgrund der Übernahme weniger Interesse daran haben könnten, virtuellen Mobilfunknetzbetreibern und Diensteanbietern Zugang zu ihrem Netz zu gewähren. Dies würde bedeuten, dass etablierte wie auch künftige Mobilfunkbetreiber und Diensteanbieter auf weniger Netze als Hosts zurückgreifen könnten. Gleichzeitig würden ihre Möglichkeiten geschmälert, günstige Zugangsbedingungen für Großkunden auszuhandeln.

Momentan kann nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund der übernahmebedingt sinkenden Zahl von Wettbewerbern möglicherweise das Risiko steigt, dass Mobilfunknetzbetreiber ihr Wettbewerbsverhalten abstimmen und die Preise erhöhen, da auf Einzelhandelsebene nur ein gewisser Grad an Transparenz herrscht.

Die Kommission wird nun im Rahmen einer eingehenden Prüfung der geplanten Übernahme feststellen, ob die Bedenken gerechtfertigt sind. Insbesondere wird sie prüfen, wie eng die beteiligten Unternehmen als Wettbewerber wirklich sind, ob nach der Übernahme für das neue Unternehmen noch Wettbewerbsanreize bestehen würden, wie die Wettbewerber auf die Übernahme reagieren könnten und ob für die Verbraucher Vorteile mit der Übernahme verbunden sein könnten, unter anderem in Bezug auf die Einführung von Mobilfunknetzen der vierten Generation (4G).

Das Vorhaben wurde am 31. Oktober 2013 bei der Kommission angemeldet.

Hintergrund
Die Mobilfunkbetreiber Telefónica und E-Plus bieten in Deutschland Mobilfunkdienste für Endkunden an und sind darüber hinaus auf damit verbundenen Märkten wie dem Netzzugang und Verbindungsaufbau für Großkunden tätig. Telefónica ist eine Tochtergesellschaft der in Spanien ansässigen Telefónica S.A. Der deutsche Anbieter E‑Plus ist eine Tochter des niederländischen Mobilfunkbetreibers Koninklijke KPN N.V. (KPN). In Deutschland würde es neben dem zusammengeschlossenen Unternehmen nur noch zwei andere Netzbetreiber geben, die Deutsche Telekom und Vodafone. Neben den bislang vier Mobilfunknetzbetreibern gibt es auf dem Mobilfunkmarkt noch virtuelle Mobilfunknetzbetreiber und Diensteanbieter wie Freenet, 1&1 und Drillisch. Die Mobilfunknetzbetreiber arbeiten zudem mit Wiederverkäufern zusammen, die in ihrem Namen Verträge für Mobilfunkdienstleistungen vertreiben.

Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Die Kommission ist verpflichtet, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.

Der weitaus größte Teil der Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Standardprüfung (Phase I) genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie den Zusammenschluss im Vorprüfverfahren genehmigt (Phase I) oder ein eingehendes Prüfverfahren einleitet (Phase II).

Derzeit laufen drei weitere eingehende Prüfverfahren (Phase II). Das erste Verfahren betrifft die geplante Übernahme des deutschen Zementherstellers Cemex West durch seinen in der Schweiz ansässigen Konkurrenten Holcim (siehe IP/13/986). Die Frist für den abschließenden Beschluss der Kommission endet in diesem Fall am 31. März 2014. Gegenstand des zweiten eingehenden Prüfverfahrens ist die von den Chemieunternehmen INEOS und Solvay geplante Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Die Frist für diese Untersuchung endet am 4. April 2014. Bei der dritten eingehenden Untersuchung geht es um die geplante Übernahme von Telefónica Ireland durch Hutchison 3G UK (H3G). Ähnlich wie bei der Übernahme von E-Plus durch Telefónica sind in diesem Fall der Mobilfunkendkundenmarkt sowie die Märkte für den Großkundenzugang und den Verbindungsaufbau in Irland betroffen. Die Frist für den abschließenden Beschluss der Kommission endet in diesem Fall am 24. April 2014. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen