Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Codesharing und Wettbewerbsrecht


Kartellrecht: Kommission prüft Vereinbarungen zwischen Lufthansa und Turkish Airlines und zwischen Brussels Airlines und TAP Portugal
Während Codesharing-Vereinbarungen für Flugpassagiere erhebliche Vorteile generieren können, können manche Arten solcher Vereinbarungen auch wettbewerbswidrige Auswirkungen haben


(18.02.11) - Die Europäische Kommission hat von Amts wegen zwei Untersuchungen eingeleitet, um festzustellen, ob Codesharing-Vereinbarungen – eine besondere Form der Kooperation bei Ticketverkäufen, die in einem Fall zwischen Deutsche Lufthansa (Deutschland) und Turkish Airlines (Türkei) und in einem anderen Fall zwischen TAP Portugal (Portugal) und Brussels Airlines (Belgien) getroffen wurden – eine Zuwiderhandlung gegen die EU-Vorschriften über wettbewerbswidrige Absprachen (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) darstellen.

Während Codesharing-Vereinbarungen für Flugpassagiere erhebliche Vorteile generieren können, können manche Arten solcher Vereinbarungen auch wettbewerbswidrige Auswirkungen haben. Im Mittelpunkt der Kommissionsuntersuchungen steht eine bestimmte Art von Codesharing-Vereinbarungen, mit denen die betreffenden Fluglinien sich darauf geeinigt haben, Sitze der jeweils anderen Fluglinie auf den Strecken Deutschland-Türkei und Belgien-Portugal zu verkaufen, auf denen beide Unternehmen bereits eigene Flüge zwischen eigenen Drehkreuzen anbieten ("parallel hub-to-hub code-sharing") und grundsätzlich in Wettbewerb miteinander stehen sollten. Die Einleitung eines Verfahrens bedeutet nicht, dass der Kommission stichhaltige Beweise für einen Verstoß vorliegen, sondern vielmehr, dass sie den Fall vorrangig behandelt.

Die Kommission hat eine förmliche kartellrechtliche Untersuchung der Codesharing-Vereinbarungen eingeleitet, die zum einen zwischen Lufthansa und Turkish Airlines und zum anderen zwischen Brussels Airlines und TAP Air Portugal bestehen. Diese Vereinbarungen gestatten es den Betreibern, auf den Flügen ihrer Partner auf Strecken zwischen ihren Drehkreuzen ("parallel hub-to-hub code-sharing") im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten Sitze in unbegrenzter Zahl zu verkaufen ("free-flow").

Dies unterscheidet sich von einer anderen gängigen Form des Codesharing, bei der ein Unternehmen Sitze auf Flügen eines Partnerunternehmens auf solchen Strecken verkauft, die es selbst nicht betreibt, um die Reichweite der Dienstleistungen auszudehnen und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher zu vergrößern.

Die Art der Codesharing-Vereinbarung, bei der auf Parallelstrecken zwischen Drehkreuzen unbegrenzt Sitzkapazitäten verkauft werden, kann den Wettbewerb verzerren und auf Strecken zwischen Deutschland und der Türkei sowie zwischen Belgien und Portugal zu höheren Preisen und schlechterer Servicequalität für die Verbraucher führen. Gegenstand der Untersuchung sind zum einen die Strecken München-Istanbul und Frankfurt-Istanbul, auf denen Lufthansa und Turkish Airlines die größten Betreiber sind, und zum anderen die Strecke Brüssel-Lissabon, auf der Brussels Airlines und TAP Air Portugal die einzigen Betreiber sind.

Beide Untersuchungen laufen getrennt voneinander.
Für den Abschluss von Kartellverfahren gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer Untersuchung hängt von mehreren Faktoren ab, so etwa davon, wie komplex der betreffende Fall ist, inwieweit die beteiligten Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten, und inwieweit sie von ihren Verteidigungsrechten Gebrauch machen.

Rechtsgrundlage des Beschlusses
Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verbietet Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Wie diese Bestimmung umzusetzen ist, ist in der Kartellrechtsverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) festgelegt, die von der Kommission und den mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden angewendet werden kann.

Artikel 11 Absatz 6 der Kartellrechtsverordnung besagt, dass die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel 101 und 102 (Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung) entfällt, wenn die Kommission ein Verfahren zu den betreffenden Verhaltensweisen einleitet. Laut Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung dürfen die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, welchen die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Die Kommission hat die Parteien und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten davon in Kenntnis gesetzt, dass sie in diesem Fall das Verfahren eröffnet hat. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Verluste von Kunststoffpellets verringern

    Die Europäische Kommission begrüßt die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erzielte vorläufige Einigung über den Vorschlag der Kommission, die Verschmutzung durch Mikroplastik durch Kunststoffpellets in der gesamten Wertschöpfungskette, auch während des Transports, insbesondere auf See, zu regulieren und zu verhindern. Die neue Verordnung wird die Umwelt schützen und gleichzeitig sicherstellen, dass die europäischen Industrien weiterhin nachhaltig operieren und expandieren können.

  • Schutz vor möglichen Risiken in Spielzeug

    Die Europäische Kommission begrüßt die vorläufige politische Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über die neuen Vorschriften für die Sicherheit von Spielzeug im Anschluss an den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug vom 28. Juli 2023. Die neue Verordnung wird die Verwendung schädlicher Chemikalien wie PFAS, endokrine Disruptoren und Bisphenole in Spielzeug verbieten. Alle Spielzeuge werden über einen digitalen Produktpass verfügen, um zu verhindern, dass unsicheres Spielzeug, das online und offline verkauft wird, in die EU gelangt.

  • Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz)

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 25 Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Online-Händlern, die Gebrauchtwaren wie Kleidung, elektronische Geräte oder Spielzeug verkaufen, veröffentlicht. "Sweeps" werden von der Europäischen Kommission koordiniert und von den nationalen Durchsetzungsbehörden zeitgleich durchgeführt. Mit dem aktuellen Sweep sollte überprüft werden, ob die Praktiken dieser Händler mit dem EU-Verbraucherrecht im Einklang stehen. Die Verbraucherschutzbehörden überprüften 356 Online-Händler und stellten fest, dass 185 (52 Prozent) von ihnen möglicherweise gegen das EU-Verbraucherrecht verstoßen.

  • Ziele Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz

    Die Europäische Kommission hat ein neues Paket von Vorschlägen zur Vereinfachung der EU-Vorschriften und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit angenommen, das zusätzliche Investitionen freisetzen soll. Dies ist ein wichtiger Schritt nach vorn bei der Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen für Unternehmen in der EU, damit diese wachsen, innovativ sein und hochwertige Arbeitsplätze schaffen können.

  • Stärkung der Arzneimittel-Lieferketten

    Die Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, mit der die Verfügbarkeit kritischer Arzneimittel in der EU verbessert werden soll. Ziel des Vorschlags ist es, die menschliche Gesundheit zu schützen, indem Anreize für eine Diversifizierung der Lieferkette geschaffen werden und die Herstellung von Arzneimitteln in der EU gefördert wird. Dadurch wird die Arzneimittelbranche in der EU unterstützt, die einen großen Anteil an unserer Wirtschaftsleistung hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen