Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Geschäft unabhängiger Uhrmacher austrocknen?


Kartellrecht: Untersuchung der Kommission gegen Luxusuhrenhersteller
Luxusuhrenhersteller verletzen angeblich EU-Wettbewerbsrecht


(17.08.11) - Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellrechtsverfahren zur Prüfung des Vorwurfs eröffnet, eine Reihe von Luxusuhrenhersteller weigere sich unter Verletzung der EU-Wettbewerbsvorschriften, Ersatzteile an unabhängige Uhrmacher zu liefern. Das Verfahren wird im Anschluss an ein Urteil des Gerichts der Europäischen Union eröffnet, mit dem der Beschluss der Kommission zur Zurückweisung einer Beschwerde des Europäischen Uhrmacherverbands (Confédération européenne des Associations d'Horlogers-Réparateurs – CEAHR) aufgehoben wird. Die Einleitung des Verfahrens bedeutet nicht, dass der Kommission stichhaltige Beweise für einen Verstoß vorliegen, sondern vielmehr, dass sie den Fall als vorrangig erachtet und eingehend prüft.

2004 reichte der CEAHR eine Beschwerde ein, mit der er geltend machte, die Luxusuhrenhersteller verletzten EU-Wettbewerbsrecht. Dem Beschwerdeführer zufolge hatten die Uhrenhersteller 2002 begonnen, Uhrmachern, die nicht zu ihrem eigenen Reparatur- und Wartungsnetz gehörten, die Lieferung von Ersatzteilen zu verweigern, während Luxusuhren zuvor traditionell von unabhängigen, nicht markengebundenen Uhrmachern repariert worden waren. Die Beschwerde des CEAHR hebt darauf ab, dass diese Praxis das Geschäft unabhängiger Uhrmacher auszutrocknen drohe, weil es für die meisten dieser Ersatzteile keine alternativen Bezugsquellen gebe.

Am 10. Juli 2008 beschloss die Kommission, diese Beschwerde wegen mangelnden Gemeinschaftsinteresses zurückzuweisen.

Im Dezember 2010 erklärte das Gericht die Entscheidung der Kommission, die Beschwerde des CEAHR zurückzuweisen, vor allem deswegen für nichtig, weil die Kommission nicht stichhaltig begründen konnte, warum sie zu dem Schluss gekommen war, dass es kein hinreichendes Gemeinschaftsinteresse an der Fortsetzung der Prüfung gebe.

Die Kommission wird die Vorwürfe nun weiter prüfen, um dem Urteil des Gerichts Rechnung zu tragen.

Hintergrund
Die Praxis, die Gegenstand der Prüfung ist, könnte wegen wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und/oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (Artikel 101 bzw. 102 AEUV) gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen.

Das Verfahren wird aufgrund des Urteils des Gerichts vom 15. Dezember 2010 (Sache T-427/08 CEAHR/Kommission) eingeleitet.

Für den Abschluss von Kartellverfahren gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer Untersuchung hängt u. a. davon ab, wie komplex der betreffende Fall ist und inwieweit die beteiligten Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten und von ihren Verteidigungsrechten Gebrauch machen.

Die Rechtsgrundlage für diesen Verfahrensschritt ist Artikel 11 Absatz 6 der Kartellrechtsverordnung (Verordnung des Rates Nr. 1/2003).

Artikel 11 Absatz 6 der Kartellrechtsverordnung enthebt die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten ihrer Zuständigkeit für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften, wenn die Kommission ein Verfahren eingeleitet hat. Laut Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung dürfen die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, welchen die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Die Kommission hat die Parteien und die Wettbewerbsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten von der Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache unterrichtet. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Straßenverkehrssicherheit und Luftqualität

    Um die Straßenverkehrssicherheit und die Luftqualität in der gesamten EU zu verbessern, schlägt die Kommission eine umfassende Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Straßenverkehrssicherheit und die Zulassung von Fahrzeugen vor.

  • Geldbußen bis zu 500 Mio. Euro

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apple nicht, wie im Gesetz über digitale Märkte vorgeschrieben, seine Einstellungen zur standardmäßigen Weiterleitung aufgehoben hat, und dass Meta gegen die im Gesetz über digitale Märkte vorgeschriebene Verpflichtung verstoßen hat, Verbraucherinnen und Verbraucher einen Dienst wählen zu lassen, bei dem weniger personenbezogene Daten verwendet werden.

  • Wiederherstellung der Rentabilität

    Die Europäische Kommission hat eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321,2 Mio. EUR, die Deutschland Condor zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität gewährt hatte, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Dieser Beschluss trägt dem Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2024 Rechnung, mit dem ein vorheriger Kommissionsbeschluss vom Juli 2021 für nichtig erklärt wurde. Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus Luftverkehrsdienstleistungen für Privatkunden und Reiseveranstalter, insbesondere im Rahmen von Freizeitreisen. Im September 2019 musste Condor wegen der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, des Reisekonzerns Thomas Cook, Insolvenz anmelden.

  • Effizienter Austausch von Fahrzeugdaten

    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

  • Verbesserung der Resilienz

    Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an 19 Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Frankreich, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden) zu richten, weil diese Länder es versäumt haben, ihr die vollständige Umsetzung der NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) mitzuteilen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen