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Gesundheitsversorgung und Patientenrechte


Mit einer neuen EU-Richtlinie wird klargestellt, dass Patienten ein Recht auf den Zugang zu sicherer, qualitativ hochwertiger Behandlung auch im EU-Ausland sowie auf die Kostenerstattung hierfür haben
Fragen und Antworten: Patientenrechte bei der Grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung

(25.01.11) - Ein älterer deutscher Diabetiker nimmt eigens Rezepte mit auf eine Reise nach Italien, doch ist fraglich, ob der Apotheker die Verschreibung anerkennt. Eine Polin möchte sich in dem Land, in dem ihre Enkelkinder leben und arbeiten, einer Hüftoperation unterziehen, aber wie kann sie das von Polen aus organisieren? Ein Portugiese möchte seinen grauen Star von einem Spezialisten in Spanien operieren lassen, aber werden ihm die Kosten hierfür erstattet? Dies sind nur einige Fälle, in denen Patienten Klarheit über ihre Rechte und die Vorschriften für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung benötigen können.

Mit einer neuen EU-Richtlinie wird klargestellt, dass Patienten ein Recht auf den Zugang zu sicherer, qualitativ hochwertiger Behandlung auch im EU-Ausland sowie auf die Kostenerstattung hierfür haben. Patienten, die in ein anderes EU-Land reisen, um sich dort medizinisch behandeln zu lassen, haben die gleichen Rechte wie die Bürger des betreffenden Landes, in dem sie behandelt werden.

Diese neue Regelung wird den Patienten in der EU in mehrfacher Hinsicht zugute kommen. Sie wird es den einzelstaatlichen Gesundheitsbehörden erleichtern, enger zusammenzuarbeiten und Informationen über Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der Gesundheitsversorgung auszutauschen. Sie wird Patienten helfen, die eine Behandlung durch Spezialisten benötigen, beispielsweise eine Diagnose oder Behandlung bei seltenen Krankheiten.

Sie unterstützt die Entwicklung eines "Europäischen Referenznetzes", in dem sich in Europa bereits anerkannte spezialisierte Kompetenzzentren auf freiwilliger Basis zusammenschließen. Gesundheitsexperten aus ganz Europa werden sich über vorbildliche Verfahren in der Gesundheitsversorgung austauschen und somit Leistungsstandards auf Spitzenniveau anbieten können.

In welchem Umfang besteht hier Bedarf?
Im Allgemeinen lassen sich Patienten lieber in ihrem eigenen Land behandeln als im Ausland. Aus diesem Grund beläuft sich die Nachfrage nach grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung nur auf etwa 1 Prozent der öffentlichen Gesundheitsausgaben, die derzeit etwa 10 Milliarden Euro betragen. Diese Schätzung schließt grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen ein, die die Patienten nicht vorher geplant hatten (wie die Notfallversorgung). So ist weniger als 1 Prozent der Ausgaben und der Auslandsbehandlungen von Patienten geplant (wie Hüft-, Knie- oder Kataraktoperationen).

Gibt es nicht geltende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet (Verordnungen über die soziale Sicherheit)?
Denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt eine medizinische Behandlung (einschließlich Notfallversorgung) benötigen, kommen weiterhin die geltenden Verordnungen zugute. Sie erhalten weiterhin die Versorgung, die sie brauchen.

Für geplante gesundheitliche Versorgung können Patienten bereits jetzt eine Vorabgenehmigung beantragen. Diese darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behandlung nicht innerhalb einer medizinisch vertretbaren Zeitspanne im Inland erbracht werden kann.

Wozu brauchen wir dann diese neuen Rechtsvorschriften?
Die Richtlinie lässt die durch die geltenden Verordnungen über die soziale Sicherheit gewährleisteten Rechte der Bürgerinnen und Bürger unberührt. Die bestehenden Regelungen – in deren Mittelpunkt allerdings Abkommen über die soziale Sicherheit und nicht über die Patientenrechte stehen – gelten zwar seit 1971, dennoch bedurfte es einer Klarstellung der Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger auf gesundheitliche Versorgung in anderen Mitgliedstaaten.

Was die stationäre Versorgung angeht, so besteht eine der wichtigsten Errungenschaften dieser neuen Richtlinie darin, dass die Patienten nun das Recht haben, den Leistungserbringer frei zu wählen.

Eine ambulante Versorgung können Patienten nach der neuen Richtlinie ohne vorherige Genehmigung oder Formalitäten im Ausland in Anspruch nehmen und bei ihrer Rückkehr ins Heimatland die Erstattung der entsprechenden Kosten beantragen. Die Richtlinie gilt nicht nur für öffentliche, sondern auch für private Leistungserbringer.

Sowohl für stationäre als auch für ambulante Versorgung erhalten die Patienten Zugang zu Informationen über deren Qualität und Sicherheit.

Außerdem soll die Richtlinie auch andere praktische Fragen regeln, beispielsweise, wo man Informationen über die vom Krankenhaus angewendeten Qualitätsstandards findet und in welcher Höhe die Kosten erstattet werden. Der Europäische Gerichtshof hat bestätigt, dass das Recht auf grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung bereits im Vertrag verankert ist. Mit der neuen Richtlinie wird dieses Recht jedoch klar und deutlich in einem einheitlichen und kohärenten Rechtsrahmen für alle Bürgerinnen und Bürger in Europa festgeschrieben.

Muss ich bei meiner einzelstaatlichen Behörde eine Vorabgenehmigung einholen, bevor ich zur Behandlung ins Ausland reise?
Die einzelstaatlichen Behörden können in drei Fällen ein System der "Vorabgenehmigung" einführen:

1) für eine Gesundheitsversorgung mit mindestens einer stationären Übernachtung;

2) für hoch spezialisierte und kostenintensive Gesundheitsversorgung und

3) in schweren und besonderen Fällen, die ein Risiko in Bezug auf Qualität und Sicherheit der im Ausland erbrachten Gesundheitsleistungen mit sich bringen. In diesen drei Fällen kann vom Patienten verlangt werden, bei der für die Kostenerstattung zuständigen einzelstaatlichen Stelle eine Vorabgenehmigung zu beantragen.

Kann diese Genehmigung abgelehnt werden?
Die einzelstaatlichen Gesundheitsbehörden können die Genehmigung verweigern, wenn die fragliche Behandlung oder der betreffende Gesundheitsdienstleister ein Risiko für den Patienten darstellen könnte. Auch wenn eine geeignete gesundheitliche Versorgung zeitnah im Heimatland erfolgen kann, ist es möglich, die Genehmigung abzulehnen. In diesem Fall muss der Mitgliedstaat jedoch erläutern, warum eine solche Entscheidung notwendig ist.

Was mache ich, wenn mein Antrag abgelehnt wird?
Patienten haben das Recht, eine Überprüfung jeder Verwaltungsentscheidung über grenzüberschreitende Gesundheitsversorung im Einzelfall zu verlangen.

In welcher Höhe werden mir die Kosten nach einer Behandlung im Ausland erstattet?
Patienten erhalten bei der Kostenerstattung den gleichen Betrag, den sie in ihrem Heimatland für die gleiche Gesundheitsleistung erhalten hätten. Mitgliedstaaten, in denen die Gesundheitsversorgung kostenfrei ist, müssen die Patienten über ihre Kostenerstattungstarife informieren.

Kann ich mich im Ausland behandeln lassen, wenn die Behandlung in meinem Heimatland nicht möglich ist?
Ja, wenn in einem Mitgliedstaat keine Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht, dürfen die einzelstaatlichen Gesundheitsbehörden den Antrag eines Patienten, der sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat behandeln lassen will, nicht ablehnen. Die Kosten werden jedoch nur dann erstattet, wenn diese Behandlung in das erstattungsfähige Leistungsspektrum des Heimatlandes fällt.

Normalerweise sind solche Leistungsspektren relativ allgemein definiert. Existiert jedoch eine genauere Liste (beispielsweise Codes für die Abrechnung medizinischer Leistungen), ist diese für die Zwecke der Kostenerstattung für grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu verwenden.

Muss ich für die Kosten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in Vorleistung treten?
Ja, im Allgemeinen bezahlt der Patient die Leistungen zunächst selbst; danach sollten ihm die Kosten so schnell wie möglich von der einzelstaatlichen Stelle erstattet werden. Die Richtlinie sieht außerdem vor, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Kostenerstattungsbetrag im Voraus auf der Grundlage eines vom Patienten vorzulegenden Kostenvoranschlags schriftlich zu bestätigen.

Wo kann ich weitere Informationen über meine Rechte auf gesundheitliche Versorgung im Ausland finden?
Die neuen Vorschriften sehen vor, dass in jedem Mitgliedstaat eine Anlaufstelle eingerichtet wird, die über die Rechte der Patienten auf gesundheitliche Versorgung in ganz Europa informiert. Diese Stellen werden untereinander Informationen austauschen und in der Lage sein, den Patienten praktische Informationen über die Voraussetzungen und die Höhe der Kostenerstattung, Behandlungsmöglichkeiten, Leistungserbringer, Rechtsbehelfe usw. zu geben. Die Patienten erhalten so ein klareres Bild von der Qualität und Sicherheit der gesundheitlichen Versorgung im Ausland, so dass sie in besserer Kenntnis der Sachlage entscheiden können, ob sie sich im Ausland behandeln lassen wollen oder nicht.

Kann ich meine medizinischen Daten an den Mitgliedstaat übermitteln, in dem ich behandelt werde?
Das Herkunftsland wird dafür sorgen, dass der Gesundheitsdienstleister des Landes, in dem die Behandlung erfolgt, nach den Datenschutzvorschriften Zugang zu den schriftlichen oder elektronischen Krankenakten des Patienten erhält. Durch die verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich der Gesundheitstelematik werden diese Daten in vollem Umfange lesbar und verständlich sein. Mit anderen Worten werden die IT-Systeme im Gesundheitswesen in der Lage sein, miteinander zu "kommunizieren". Dies kann nicht nur für die Sicherheit des Patienten, sondern auch für die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme von großem Nutzen sein.

Was sollte ich tun, wenn etwas bei der Behandlung im Ausland schiefgeht?
In den neuen Vorschriften ist die Verantwortung des Landes, in dem die Behandlung erfolgt, und des Landes, das für die Kostenerstattung zuständig ist, in Bezug auf Beschwerden und Rechtsbehelfe geregelt. Die einzelstaatlichen Anlaufstellen werden den Patienten die hierzu nötigen Informationen geben können.

Wie kann ich sicher sein, dass ich für die Behandlung, der ich mich im Ausland unterzogen habe, bei meiner Rückkehr ins Heimatland eine geeignete Nachsorge erhalte?

Es sind verschiedene Maßnahmen vorgesehen, mit denen die Kontinuität der gesundheitlichen Versorgung sichergestellt werden soll. Das Land, in dem die Behandlung erfolgt ist, sorgt dafür, dass der Patient die schriftliche oder elektronische Krankenakte mit Angaben über die erfolgte Behandlung erhält. Das Heimatland stellt sicher, dass die medizinische Nachsorge die gleiche Qualität hat, ungeachtet dessen, wo in der EU die Behandlung stattgefunden hat.

Wird mein Rezept in einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt?
Eine Verschreibung aus einem anderen EU-Land wird im Wohnsitzstaat des Patienten anerkannt und umgekehrt. Damit ist sichergestellt, dass die in einem anderen Mitgliedstaat erbrachte gesundheitliche Versorgung bei der Rückkehr des Patienten ins Heimatland ordnungsgemäß fortgesetzt wird. Der Patient hat Anspruch auf das verordnete Arzneimittel, sofern dieses Arzneimittel in dem Land, in dem er es kaufen möchte, für den Verkauf zugelassen und verfügbar ist.

Verschreibungen müssten im Prinzip bereits jetzt EU-weit anerkannt werden. Dennoch ist dies in der Praxis nicht immer der Fall. Mit der neuen Richtlinie erhalten Apotheker die notwendigen Instrumente, um ausländische Verschreibungen besser zu verstehen (beispielsweise zur besseren Identifizierung des verordneten Arzneimittels sowie der betreffenden Ärzte und Patienten).

Welche Vorteile bietet das Netz für Technologiefolgenabschätzung im Gesundheitswesen (HTA)?
Das Netz einzelstaatlicher Behörden oder Stellen, die für die Technologiefolgenabschätzung im Gesundheitswesen zuständig sind, wird die ständige Zusammenarbeit auf EU-Ebene in diesem Bereich ermöglichen. Der Mehrwert der Technologiefolgenabschätzung im Gesundheitswesen besteht darin, den Entscheidungsträgern dabei zu helfen, die richtigen Entscheidungen über Investitionen und Ausgaben zu treffen. Zweck der Zusammenarbeit ist es, objektive und zuverlässige Informationen über die Leistungsfähigkeit und Effektivität von Gesundheitstechnologien zu liefern. Hierbei handelt es sich um eine konkrete Maßnahme, die den Gesundheitsbehörden die Entscheidungsfindung anhand konkreter Informationen erleichtert.

Was bleibt noch zu tun?
Auf einzelstaatlicher Ebene werden die Mitgliedstaaten mindestens eine nationale Anlaufstelle einrichten, die den Patienten alle zweckdienlichen Informationen zur Verfügung stellt. Außerdem werden die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass ihre Referenzzentren sich am Europäischen Referenznetz beteiligen.

Sie müssen sicherstellen, dass die Verwaltungsverfahren für die Inanspruchnahme grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung und die entsprechende Kostenerstattung eingeführt werden; dazu gehören auch Beschwerdeverfahren und Mechanismen zur Kostenberechnung.

Die Kommission wird Netze errichten, um die EU-weite Zusammenarbeit bei der Technologiefolgenabschätzung im Gesundheitswesen und der Gesundheitstelematik zu fördern. Sie wird außerdem dazu beitragen, die Anerkennung grenzüberschreitend gültiger Verschreibungen zu unterstützen.

Wann werden diese Rechtsvorschriften in Kraft treten?
Die einzelstaatlichen Regierungen haben 30 Monate Zeit, um diese Maßnahmen in innerstaatliches Recht umzusetzen.
(Europäische Kommission: ra)


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