Patentvergleiche in der EU
Kartellrecht: Kommission begrüßt erneuten Rückgang problematischer Patentvergleiche im EU-Pharmasektor
Die zweite Monitoring-Runde ergab, dass im Jahr 2010 89 Patentvergleiche zwischen Originalpräparate- und Generikaherstellern geschlossen wurden
(15.07.11) - Die Europäische Kommission hat bei ihrem zweiten Monitoring der Patentvergleiche im Pharmasektor festgestellt, dass die Zahl der Vereinbarungen, die nach EU-Kartellrecht problematisch sein könnten, weiter zurückgegangen ist. Den Originalpräparate- und den Generikaherstellern ist demnach stärker bewusst, welche Arten von Vergleichen - nämlich vor allem die sogenannten "Pay-for-delay"-Vergleiche - Anlass für eine kartellrechtliche Prüfung sein können. Für die Verbraucher, die von billigeren Arzneimitteln profitieren werden, ist dies eine gute Nachricht. Insgesamt ist die Zahl der Patentvergleiche 2010 jedoch gestiegen, was zeigt, dass die Wachsamkeit der Kommission die Unternehmen nicht daran hindert, ihre Streitigkeiten erfolgreich im Rahmen der EU-Vorschriften beizulegen.
"Ich stelle mit Genugtuung fest, dass die Zahl der nach EU-Kartellrecht potenziell problematischen Patentvergleiche weiter rückläufig ist, ohne dass dadurch das legitime Recht der Unternehmen, Streitigkeiten gütlich beizulegen, in Frage gestellt wird. Die Kommission wird weiter darüber wachen, dass die Unternehmen das Kartellrecht beachten und die Markteinführung billigerer Arzneimittel nicht hinauszögern", so der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia.
Die zweite Monitoring-Runde ergab, dass im Jahr 2010 89 Patentvergleiche zwischen Originalpräparate- und Generikaherstellern geschlossen wurden. Bei der im Juli 2009 abgeschlossenen Sektoruntersuchung wurden über einen Zeitraum von achteinhalb Jahren insgesamt 207 Vereinbarungen ermittelt, während in den 18 Monaten der ersten Monitoring-Runde 93 Vereinbarungen gezählt wurden.
Jedoch gingen Zahl und Bedeutung der aus kartellrechtlicher Sicht potenziell problematischen Vergleiche – insbesondere des Inhalts, dass der Generikahersteller die Markteinführung seines Produkts gegen Zahlung durch den Originalpräparatehersteller hinauszögert – noch erheblich stärker zurück. Im Bezugszeitraum der Sektoruntersuchung entfiel auf solche Vergleiche ein Anteil von 22 Prozent (45 von 207). Ihre Zahl ging im ersten Monitoring-Zeitraum auf 10 Prozent (9 von 93) zurück. 2010 gehörten nur noch 3 Prozent (3 von 89) zur Kategorie der Vergleiche, die Anlass für eine Prüfung sein könnten.
Die Nutzung des Patentvergleichs zeigt gleichzeitig, dass weder die Sektoruntersuchung noch das Monitoring die Unternehmen veranlasst hat, ihre Patentstreitigkeiten bis zum Ende auszufechten, und dass die Unternehmen in den meisten Fällen durchaus in der Lage waren, Lösungen zu finden, die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht in der Regel unproblematisch sind.
2012 wird die Kommission ein weiteres Monitoring vornehmen.
Unabhängig davon hat die Kommission ein Kartellverfahren gegen Boehringer Ingelheim eingestellt, nachdem das Unternehmen einen Vergleich mit seinem Konkurrenten Almirall geschlossen hatte, durch den alle Hindernisse für Almirall beseitigt wurden. Diese Untersuchung stand in keinem Zusammenhang mit dem Monitoring der Patentvergleiche.
Hintergrund
Problematisch sind typischerweise Patentvergleiche, in denen sich ein Originalpräparatehersteller zu einer Zahlung verpflichtet, um die Markteinführung eines Generikums hinauszuzögern. Fälle, in denen die Parteien ihren Streit ohne Zahlung beenden und sich die Beschränkungen im Geltungsbereich des angefochtenen Patents halten, oder Patentvergleiche, die es dem Generikahersteller ermöglichen, sein Produkt ohne Verzögerung und Beschränkungen auf den Markt zu bringen, sind in der Regel kartellrechtlich nicht problematisch.
Mit dem Monitoring sollte ermittelt werden, wie Patentvergleiche in der EU gehandhabt werden und welche Vergleiche einer eingehenderen Prüfung bedürfen. Die Zahl der zu dieser Kategorie gehörenden Vergleiche hat sich als klein erwiesen. Keiner dieser Fälle wird automatisch ein Kartellverfahren der Kommission nach sich ziehen. Denn jeder Fall muss für sich betrachtet werden. Wenn nur ein einzelner Mitgliedstaat betroffen ist, könnte die Kommission bestimmte Informationen den zuständigen Wettbewerbsbehörden übermitteln.
Die Kommission hat bisher drei förmliche Verfahren in Bezug auf Patentvergleiche eingeleitet. Der vollständige Bericht ist abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/competition/sectors/pharmaceuticals/inquiry/index.html
(Eu-Kommission: ra)
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