Aufnahme des Notarberufs
Staatsangehörigkeitserfordernis für Notare: Europäische Kommission erhebt Klage gegen Ungarn, um Nichtdiskriminierung zu gewährleisten
Staatsangehörigkeitserfordernis läuft den Regeln der Niederlassungsfreiheit zuwider und ist nicht mit Artikel 51 AEUV zu rechtfertigen, der auf Tätigkeiten abstellt, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind
(20.05.15) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union gegen Ungarn zu erheben, weil Ungarn nur ungarischen Staatsangehörigen erlaubt, in Ungarn den Beruf des Notars zu ergreifen und auszuüben, und somit Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten ausschließt.
Nach Auffassung der Kommission läuft dieses Staatsangehörigkeitserfordernis den Regeln der Niederlassungsfreiheit zuwider und ist nicht mit Artikel 51 AEUV zu rechtfertigen, der auf Tätigkeiten abstellt, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.
In mehreren Fällen, die die Kommission vor den Gerichtshof der Europäischen Union brachte, entschied der Gerichtshof am 24. Mai 2011, dass die Notarstätigkeit in Belgien, Deutschland, Griechenland, Frankreich, Luxemburg, Österreich und den Niederlanden nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist. Nach dem Urteil des Gerichtshofs verstößt das Staatsangehörigkeitserfordernis, das in diesen Ländern mit der Aufnahme des Notarberufs verbunden ist, gegen EU-Recht. Dem Gerichtshof zufolge muss die Tätigkeit eines Notars unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sein. In den betreffenden sieben Ländern erfüllt der Notarberuf diese Anforderung nicht.
Nach Ansicht der Kommission unterscheidet sich die Tätigkeit ungarischer Notare nicht wesentlich von jener, die der Gerichtshof in den obengenannten Fällen untersucht hat. Da Ungarn an seinem Standpunkt festhielt, hat die Kommission nun beschlossen, den Gerichtshof mit dieser Angelegenheit zu befassen.
Ein ähnlich gelagerter Fall ist derzeit noch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig (siehe IP/14/48).
Hintergrund
Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Tätigkeit dann unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden, wenn die Tätigkeit nicht nur eine Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeit für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist, sondern Ermessensspielraum bei der Entscheidungsfindung in strittigen Fällen lässt, Zwangsbefugnisse umfasst oder den Einsatz von Zwangsmitteln erlaubt. Eine Tätigkeit ist nicht unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden, wenn die Parteien die ihnen auferlegte Entscheidung freiwillig akzeptieren. Wenngleich ungarische Notare ein breites Spektrum an Tätigkeiten ausüben, passt diese Definition auf keine der Tätigkeiten, die von ihnen ausgeübt werden.
Weitere Informationen unter:
Weitere Informationen über Berufsqualifikationen finden Sie unter:
http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/index_de.htm
Aktuelle Informationen über alle laufenden Vertragsverletzungsverfahren finden sich unter:
http://ec.europa.eu/eu_law/index_de.htm
(Europäische Kommission: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>