Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Förderfähige Nachhaltigkeitsziele


Kartellrecht: Kommission bittet um Stellungnahmen zum Entwurf von Leitlinien für Nachhaltigkeitsvereinbarungen in der Landwirtschaft
Mit den im Entwurf vorliegenden Leitlinien soll klargestellt werden, wie die Akteure im Agrar- und Lebensmittelsektor gemeinsame Initiativen für Nachhaltigkeit im Einklang mit Artikel 210a gestalten können




Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation gestartet und lädt alle interessierten Kreise ein, sich zu dem von ihr vorgelegten Entwurf für Leitlinien zur Ausgestaltung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen in der Landwirtschaft (im Folgenden "Leitlinien") im Einklang mit der neuen Ausnahme von den Wettbewerbsvorschriften der Union, die im Rahmen der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik eingeführt wurde, zu äußern.

Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet generell Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb beschränken, z. B. Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die zu höheren Preisen oder geringeren Mengen führen. Artikel 210a der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (im Folgenden "GMO-Verordnung") nimmt jedoch bestimmte wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen im Agrarsektor von diesem Verbot aus, sofern die Vereinbarungen für das Erreichen von Nachhaltigkeitsstandards unerlässlich sind.

Mit den im Entwurf vorliegenden Leitlinien soll klargestellt werden, wie die Akteure im Agrar- und Lebensmittelsektor gemeinsame Initiativen für Nachhaltigkeit im Einklang mit Artikel 210a gestalten können.

Im Leitlinienentwurf wird insbesondere Folgendes festgelegt:

>> Anwendungsbereich der Ausnahme:
Die Ausnahme gilt nur für Vereinbarungen, die landwirtschaftliche Erzeuger entweder untereinander oder mit anderen Akteuren der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette schließen, z. B. Unternehmen, die Vorleistungen für die Produktion, den Vertrieb, den Transport oder die Verpackung eines Erzeugnisses erbringen. Vereinbarungen, die nur zwischen Akteuren der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette ohne Beteiligung landwirtschaftlicher Erzeuger geschlossen werden, fallen nicht unter die Ausnahme, selbst wenn ein landwirtschaftliches Erzeugnis Gegenstand der Vereinbarung ist.

>> Förderfähige Nachhaltigkeitsziele: In den Leitlinien wird klarstellt, welche Nachhaltigkeitsziele in den Vereinbarungen verfolgt werden können. Diese in Artikel 210a der GMO-Verordnung festgelegten Ziele lassen sich in drei Kategorien unterteilen: i) Umweltschutz, ii) Verringerung des Einsatzes von Pestiziden und der Gefahr einer Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe und iii) Tiergesundheit und Tierwohl. In den Leitlinien wird etwa klargestellt, dass das Umweltschutzziel Vereinbarungen umfasst, die auf den Schutz des Bodens und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Erosion ausgerichtet sind, womit die Biodiversität im Boden erhöht oder seine Zusammensetzung verbessert werden soll.

>> Anforderungen an Nachhaltigkeitsstandards: Um für die Ausnahme in Betracht zu kommen, müssen sich die Parteien auf die Annahme eines Nachhaltigkeitsstandards einigen, der über das Unionsrecht oder nationales Recht hinausgeht. In den Leitlinien wird zwar kein Mindestmaß für die von den Parteien über die vorgeschriebenen Standards hinaus zu erreichende Verbesserung festgelegt, jedoch klargestellt, dass bei der Bewertung, ob die betreffende Verbesserung unerlässlich ist, das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt wird. Außerdem wird klargestellt, dass eine Vereinbarung über einen Nachhaltigkeitsstandard auch dann unter die Ausnahme fallen kann, wenn es keinen vorgeschriebenen Standard gibt, sofern mit der Vereinbarung eines der Nachhaltigkeitsziele gemäß Artikel 210a verfolgt wird.

>> Ermittlung unerlässlicher Wettbewerbsbeschränkungen: Die Parteien einer Nachhaltigkeitsvereinbarung müssen prüfen, ob etwaige Wettbewerbsbeschränkungen, die sich aus ihrer Vereinbarung ergeben, für das Erreichen des betreffenden Nachhaltigkeitsstandards unerlässlich sind. Diese Prüfung umfasst vier Schritte: i) Feststellung der Hindernisse, die es den Parteien unmöglich machen, den Nachhaltigkeitsstandard alleine zu erreichen, sowie Erläuterung, warum die Zusammenarbeit erforderlich ist, ii) Bestimmung der geeigneten Art der Vereinbarung (z. B. eine Vereinbarung über den Preis oder die Menge), iii) Ermittlung der unerlässlichen Wettbewerbsbeschränkung(en) (mit einer Vereinbarung über den Preis kann z. B. entweder der Endpreis, ein Mindestpreis oder ein Preisaufschlag festgelegt werden), und iv) Festlegung des angemessenen Ausmaßes (z. B. die Höhe des Preises) und der angemessenen Dauer der Beschränkung(en). Bei dieser Prüfung ist die Option auszuwählen, die den Wettbewerb am wenigsten beschränkt.

>> Möglichkeit der Ex-post-Intervention: In den Leitlinien wird klargestellt, dass die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden das Recht haben, Nachhaltigkeitsvereinbarungen aufzuheben oder Änderungen daran zu verlangen, wenn dies erforderlich ist, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten, oder wenn davon auszugehen ist, dass die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik gemäß Artikel 39 AEUV gefährdet sind.

Hintergrund
Im Zusammenhang mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik für 2023-2027 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union 2021 eine neue Ausnahme von den Wettbewerbsvorschriften für landwirtschaftliche Erzeugnisse angenommen.

Die neue Ausnahme ist in der Verordnung 2021/2117 enthalten, mit der Artikel 210a der GMO-Verordnung geändert wurde. Durch diesen Artikel werden Vereinbarungen zugelassen, die darauf abzielen, einen höheren Nachhaltigkeitsstandard anzuwenden, als er durch das Unionsrecht oder nationales Recht vorgeschrieben ist, sofern mit diesen Vereinbarungen lediglich Wettbewerbsbeschränkungen auferlegt werden, die für das Erreichen der betreffenden Ziele unerlässlich sind.

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben die Europäische Kommission ersucht, Leitlinien für die Anwendung dieser Ausnahme herauszugeben.

Am 28. Februar 2022 hat die Kommission eine Sondierung und eine öffentliche Konsultation gestartet und die Interessenträger gebeten, über ihre Erfahrungen mit Vereinbarungen über Nachhaltigkeitsziele in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette zu berichten. Die Kommission hat die im Rahmen dieser Konsultation eingegangenen Antworten im Mai 2022 veröffentlicht.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 25.01.23
Newsletterlauf: 06.04.23


Meldungen: Europäische Kommission

  • Straßenverkehrssicherheit und Luftqualität

    Um die Straßenverkehrssicherheit und die Luftqualität in der gesamten EU zu verbessern, schlägt die Kommission eine umfassende Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Straßenverkehrssicherheit und die Zulassung von Fahrzeugen vor.

  • Geldbußen bis zu 500 Mio. Euro

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apple nicht, wie im Gesetz über digitale Märkte vorgeschrieben, seine Einstellungen zur standardmäßigen Weiterleitung aufgehoben hat, und dass Meta gegen die im Gesetz über digitale Märkte vorgeschriebene Verpflichtung verstoßen hat, Verbraucherinnen und Verbraucher einen Dienst wählen zu lassen, bei dem weniger personenbezogene Daten verwendet werden.

  • Wiederherstellung der Rentabilität

    Die Europäische Kommission hat eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321,2 Mio. EUR, die Deutschland Condor zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität gewährt hatte, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Dieser Beschluss trägt dem Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2024 Rechnung, mit dem ein vorheriger Kommissionsbeschluss vom Juli 2021 für nichtig erklärt wurde. Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus Luftverkehrsdienstleistungen für Privatkunden und Reiseveranstalter, insbesondere im Rahmen von Freizeitreisen. Im September 2019 musste Condor wegen der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, des Reisekonzerns Thomas Cook, Insolvenz anmelden.

  • Effizienter Austausch von Fahrzeugdaten

    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

  • Verbesserung der Resilienz

    Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an 19 Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Frankreich, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden) zu richten, weil diese Länder es versäumt haben, ihr die vollständige Umsetzung der NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) mitzuteilen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen