Derzeitige Personalbestand unzureichend
Finanzmarkt-Compliance: Die Einführung des neuen Bankenaufsichtssystems der EU ist erfolgreich verlaufen, doch es sind noch große Probleme zu lösen, so die Prüfer des Europäischen Rechnungshofs
EZB hat kein umfassendes Personalbeurteilungssystem hat, das an gemeinsamen Aufsichtsteams beteiligtes Personal aus nationalen Aufsichtsbehörden einschließt
Wie aus einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervorgeht, ist es der Europäischen Zentralbank (EZB) gelungen, den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) innerhalb der knappen Zeitvorgaben einzurichten und mit Personal auszustatten. Im Rahmen des SSM ist die EZB nun für die direkte Beaufsichtigung von rund 120 der wichtigsten Bankengruppen im Euro-Währungsgebiet zuständig. Sie stützt sich jedoch zu sehr auf die nationalen zuständigen Behörden, um die in den EU-Rechtsvorschriften geforderte "umfassende und wirksame Beaufsichtigung" sicherzustellen.
Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus wurde 2014 eingerichtet und sollte einen Großteil der zuvor von den nationalen Bankenaufsichtsbehörden wahrgenommenen Tätigkeiten übernehmen. Er ist der Europäischen Zentralbank unterstellt, die Mitgliedstaaten sind jedoch ebenfalls eng eingebunden. Die Ergebnisse dieser ersten Prüfung, die der Europäische Rechnungshof zur Effizienz der Verwaltung der EZB in Bezug auf den SSM durchgeführt hat, sind den Prüfern zufolge gemischt. Die Prüfer stellten fest, dass die EZB bei der Einrichtung des SSM den Bedarf an Aufsichtspersonal nicht so ausführlich wie nötig analysiert hat und der derzeitige Personalbestand unzureichend ist.
Obwohl die EZB gemäß der SSM-Verordnung für die direkte Beaufsichtigung großer Bankengruppen zuständig ist, haben EZB-Mitarbeiter bislang nur 12 Prozent der Vor-Ort-Prüfungen bei diesen Banken geleitet. Insgesamt bestanden die Prüfungsteams in erster Linie (92 Prozent) aus Mitarbeitern der nationalen zuständigen Behörden. Auch die externen aufsichtsrechtlichen Aktivitäten hängen in hohem Maße von den Mitarbeitern ab, die von den nationalenBehörden ernannt werden, und faktisch hat die EZB kaum Einfluss auf die Zusammensetzung und die Qualifikationen der gemeinsamen Teams für externe aufsichtsrechtliche Tätigkeiten.
Ferner stellten die Prüfer fest, dass die EZB kein umfassendes Personalbeurteilungssystem hat, das an gemeinsamen Aufsichtsteams beteiligtes Personal aus nationalen Aufsichtsbehörden einschließt. Ebenso fehlt eine Datenbank zur Erfassung der Fähigkeiten des Personals, anhand deren die Effizienz der Vor-Ort-Prüfungsteams sowie der Teams für die externe Aufsicht sichergestellt werden könnte. Die Prüfer weisen darauf hin, dass die geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben gemäß der SSM-Verordnung vollständig voneinander getrennt wahrzunehmen sind. Nach Ansicht der EZB steht dies der Nutzung bestimmter Gemeinsamer Dienste nicht im Wege. Nach Einschätzung der Prüfer werden dadurch zwar Ressourcen eingespart, doch darf das Risiko nicht außer Acht gelassen werden, dass in einigen Bereichen Interessenkonflikte bestehen könnten.
Die Prüfer zeigten sich besorgt, dass sie während der Prüfung zu zahlreichen Dokumenten keinen Zugang hatten. Zum Prüfungsverlauf bemerkte Neven Mates, das für den Bericht zuständige Mitglied des Hofes:
"Wir konnten unseren Auftrag nur zum Teil erfüllen, da die uns von der EZB bereitgestellten Informationen für eine vollständige Beurteilung der Effizienz der Verwaltung hinsichtlich der Aufsichtsaufgaben nicht ausreichten. Die EZB gewährte mit der Begründung, sie würden die Effizienz ihrer Verwaltung nicht betreffen, keine Einsicht in zahlreiche Dokumente, die für die Prüfung nötig gewesen wären. Der Hof prüft derzeit, welche Möglichkeiten er hat, um sich Zugang zu den Dokumenten zu verschaffen, die er für die Prüfung der Effizienz der Verwaltung der EZB für erforderlich hält."
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen empfahlen die Prüfer der EZB, die folgenden wichtigsten Maßnahmen zu ergreifen:
• >> Aufsicht vor Ort: Die EZB sollte dafür sorgen, dass sie bei Vor-Ort-Prüfungen deutlich stärker vertreten ist.
• >> Externe aufsichtsrechtliche Tätigkeiten: Die EZB sollte sicherstellen, dass Anzahl und Fähigkeiten der Mitarbeiter angemessen sind und sie sollte die Instrumente zur Erfassung der Fähigkeiten und zur Zuteilung des Personals verbessern.
• >> Rechenschaftspflicht: Die EZB sollte die für Prüfungszwecke erforderlichen Dokumente zur Verfügung stellen und einen Kriterienkatalog für die Messung der Leistung im Aufsichtsbereich entwickeln.
• >> Governance: Die Beschlussfassung sollte vereinfacht und die durch die Nutzung Gemeinsamer Dienste entstehenden Risiken sollten untersucht werden.
Die EZB hat diese Empfehlungen im Prinzip vollständig akzeptiert. Davon ausgenommen sind lediglich die Empfehlungen zu den Gemeinsamen Diensten sowie zum Einfluss von Mitgliedern des SSM-Aufsichtsgremiums auf die für Aufsichtsaufgaben bestimmten Haushaltsmittel der EZB. Die EZB vertritt die Auffassung, dass das Aufsichtsgremium keine Kontrolle über den Haushalt oder die Humanressourcen für Aufsichtsaufgaben hat, da es kein Entscheidungsgremium der EZB ist, sondern der institutionellen Struktur der EZB durch die SSM-Regelung hinzugefügt wurde.
Die weltweite Finanzkrise 2008 hat in vielen europäischen Volkswirtschaften zu ernsthaften Störungen geführt. Die Folgewirkung für den Bankensektor bestand nach Jahren der Deregulierung und steigenden Risikobereitschaft darin, dass viele Kreditinstitute gezwungen waren, beim Staat um finanzielle Unterstützung zu ersuchen. Um den Teufelskreis von übermäßiger Risikobereitschaft und staatlichen Rettungsmaßnahmen zu durchbrechen, kündigten die Staats- und Regierungschefs der EU im Bemühen um eine dauerhafte Lösung für das Euro-Währungsgebiet im Jahr 2012 die gemeinsame Regulierung der Banken im Rahmen einer Europäischen Bankenunion an.
Die wesentlichen Säulen der Bankenunion sollten die zentrale Aufsicht über Banken des Euro-Währungsgebiets, ein Mechanismus zur Abwicklung zahlungsunfähiger Banken zu möglichst geringen Kosten für den Steuerzahler und die Wirtschaft sowie ein harmonisiertes System der Einlagensicherung bilden. Der erste Schritt - die zentrale Bankenaufsicht -führte zur Einrichtung des SSM im Jahr 2014, auf den ein großer Teil der Aufsichtstätigkeit übergehen sollte, die zuvor von nationalen Behörden wahrgenommen wurde. Der SSM wurde der Europäischen Zentralbank unterstellt, wobei jedoch die nationalen Bankenaufsichtsbehörden bzw. die nationalen zuständigen Behörden ebenfalls eng eingebunden sind.
Der Sonderbericht Nr. 29/2016 "Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus - Guter Auftakt, doch bedarf es weiterer Verbesserungen" ist in 23 EU-Amtssprachen verfügbar.
(Europäischer Rechnungshof: ra)
eingetragen: 23.11.16
Home & Newsletterlauf: 07.12.16
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