Nahe an der Beherrschungsschwelle
Marktmachtbericht des Bundeskartellamtes: Derzeit keine Marktbeherrschung bei der Stromerzeugung – Atom- und Kohleausstieg könnten dies ändern
Die aktuellen Marktdaten zeigen zudem, dass die Stromnachfrage in Deutschland in stärkerem Maße als in der Vergangenheit durch Netto-Importe aus dem Ausland gedeckt wurde
Das Bundeskartellamt hat zum ersten Mal einen Marktmachtbericht – Bericht über die Wettbewerbsverhältnisse bei der Erzeugung elektrischer Energie – vorgelegt. Der Bericht konzentriert sich auf den Markt für die Erzeugung und den erstmaligen Absatz von Strom.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "RWE ist derzeit zwar nicht marktbeherrschend, steht aber vergleichsweise nahe an der Beherrschungsschwelle. Dies bestätigen unsere aktuellen Analysen für das Jahr 2019. Das Unternehmen war erneut in einer erheblichen Anzahl von Stunden für die Deckung der Stromnachfrage unverzichtbar. Bereits eine relativ geringfügige weitere Verknappung der Angebotskapazitäten im Zuge des Atom- und Kohleausstiegs könnte dazu führen, dass RWE die Schwelle zur Marktbeherrschung überschreitet. Unsere Analysen beruhen auf einer aktuellen Datenbasis unter Einbeziehung des dritten Quartals 2019. Der Marktmachtbericht stellt damit allen Marktteilnehmern sehr zeitnah die notwendigen Informationen zur Verfügung, damit diese ihre Marktstellung besser beurteilen können."
Das Bundeskartellamt hat seine Analysen wie bereits im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens RWE/E.ON auf umfangreiche Daten zum konkreten Einsatz sämtlicher Kraftwerke in Deutschland gestützt. Die Methoden der Marktmachtanalyse werden in dem Bericht ausführlich dargelegt. Andere Stromerzeugungsunternehmen als RWE sind demnach derzeit sehr weit von einer marktbeherrschenden Stellung entfernt.
Der Bericht analysiert die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse auf dem deutsch-luxemburgischen Stromerstabsatzmarkt vom 1. Okober 2018 bis einschließlich 30. September 2019. Da Österreich anders als früher, wie andere Anrainerstaaten, häufig spürbare Preisdifferenzen zu Deutschland aufweist, wurde es nicht mehr in den räumlich relevanten Markt einbezogen.
Die aktuellen Marktdaten zeigen zudem, dass die Stromnachfrage in Deutschland in stärkerem Maße als in der Vergangenheit durch Netto-Importe aus dem Ausland gedeckt wurde.
Das Instrument des Marktmachtberichts wurde mit dem Strommarktgesetz geschaffen, mit dem sich der Gesetzgeber im Jahre 2016 gegen einen Kapazitätsmarkt und für eine Stärkung der Marktmechanismen im Strombereich entschieden hat. Der Marktmachtbericht war bisher Bestandteil des von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur jährlich veröffentlichten Monitoringberichts. Der Bericht soll den Marktakteuren mehr Rechtssicherheit über ihre Marktposition verschaffen und er ergänzt damit den Leitfaden für die kartellrechtliche und energiegroßhandelsrechtliche Missbrauchsaufsicht im Bereich der Stromerzeugung und des Stromgroßhandels, den das Bundeskartellamt gemeinsam mit der Bundesnetzagentur vor Kurzem veröffentlicht hat. (Bundeskartellamt: ra)
eingetragen: 05.01.20
Newsletterlauf: 12.03.20
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