Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Hersteller im SHK-Bereich mit Absatzalternativen


Bundeskartellamt gibt Fusion von Sanitärgroßhändlern frei
Die Betrachtung der tatsächlichen Lieferströme zeigte eine kritische Überlappung in der Region Ulm, in der die Tätigkeitsgebiete der beiden Unternehmen aneinander stoßen

25. Juli 2025

Das Bundeskartellamt hat den Erwerb des Geschäftsbetriebs der Wilhelm Gienger GmbH, Stuttgart, durch die Cordes & Graefe KG, Bremen, freigegeben, nachdem die Unternehmen ihre ursprünglichen Pläne auf die Bedenken des Bundeskartellamtes hin verändert haben. Der Zusammenschluss betrifft den Großhandel mit Produkten aus den Bereichen Sanitär, Heizung und Klima (SHK-Großhandel). Cordes & Graefe ist bundesweit führend in diesem Bereich. Sowohl Cordes & Graefe als auch Wilhelm Gienger sind Mitglieder der Einkaufs- und Vertriebskooperation GC Großhandelscontor GmbH ("GC-Gruppe").

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Während Wilhelm Gienger überwiegend im Raum Baden-Württemberg tätig ist, verfügt Cordes & Graefe dort bisher nur über vereinzelte Standorte. In der Region Ulm, wo sich die Vertriebsgebiete der Unternehmen überlappen, wären die Unternehmen jedoch auf hohe Marktanteile gekommen. Hier hatten wir wettbewerbliche Bedenken. Da sich die Unternehmen daraufhin in dieser Region von einer Tochtergesellschaft getrennt haben, konnten wir die Fusion nun freigeben."

Das Fusionsvorhaben war im Herbst 2016 erstmalig angemeldet worden. Das Bundeskartellamt hatte daraufhin im Rahmen eines Hauptprüfverfahrens umfangreiche Ermittlungen aufgenommen. Nachdem das Bundeskartellamt den Unternehmen seine vorläufige Einschätzung mitgeteilt hatte, nahmen diese die Anmeldung zurück, um das Vorhaben in abgeänderter und fusionsrechtlich unproblematischer Form neu anzumelden.

Räumlich betrachtet liegen im SHK-Großhandel regionale Märkte vor. Wilhelm Gienger erzielt im Durchschnitt 80 Prozent der Lieferumsätze eines Standorts in einer Entfernung von bis zu 50 km.

Die Betrachtung der tatsächlichen Lieferströme zeigte eine kritische Überlappung in der Region Ulm, in der die Tätigkeitsgebiete der beiden Unternehmen aneinanderstoßen. Andere Wettbewerber sind hier weniger stark. Wilhelm Gienger beschloss daraufhin, sich von einer in dieser Region tätigen Tochtergesellschaft zu trennen. Diese Änderung des Vorhabens hat die wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamts ausgeräumt.

Auch bei der Prüfung der Beschaffungsmärkte ergaben sich keine wettbewerblichen Bedenken, die eine Untersagung gerechtfertigt hätten. Zwar wurde bereits in früheren Fusionskontrollverfahren festgestellt, dass Cordes & Graefe auf der Beschaffungsseite klare Marktführerin ist. Daran hat sich auch aktuell nichts geändert. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die Fusion die Nachfragemacht von Cordes & Graefe erhöht, da Cordes & Graefe und Wilhelm Gienger im Rahmen der Einkaufskooperation der GC-Gruppe bereits jetzt ihre Nachfrage bündeln. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die Hersteller im SHK-Bereich über potenzielle Absatzalternativen verfügen, wie z.B. Baumärkte oder Internethändler. Diese Alternativen werden derzeit aber kaum genutzt, weil die Hersteller am dreistufigen Vertrieb (Hersteller – Großhändler – Fachhandwerker) festhalten. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 26.04.17
Home & Newsletterlauf: 24.05.17



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen