Urheberrechtsreform nötig
Europaabgeordnete der Piraten legt Bericht vor: EU-Urheberrecht hat digitales Zeitalter verschlafen
"Wir brauchen ein gemeinsames Europäisches Urheberrecht, das Grundrechte achtet und innovativen Diensten für den Onlinezugang zu Kultur keine Steine in den Weg legt"
(13.02.15) - Ein von der Europaabgeordneten der Piratenpartei, Julia Reda, veröffentlichter Berichtsentwurf bringt neuen Wind in die Diskussion um die EU-Urheberrechtsdebatte. In der für das Europaparlament angefertigten Untersuchung der Urheberrechtsrichtlinie von 2001 stellt die Autorin dem derzeitigen EU-Urheberrecht ein schlechtes Zeugnis aus. Insbesondere beklagt die Abgeordnete zahlreiche Hürden und Blockaden für den grenzüberschreitenden Austausch von Kultur im Internet. Weiterhin legt Reda mit dem Berichtsentwurf einen ambitionierten Umsetzungsplan für die anstehende EU-Urheberrechtsreform vor. Dass es eine solche noch 2015 geben wird, hat EU-Digitalkommissar Günther Öttinger bereits mehrfach angekündigt. Im Arbeitsplan der EU-Kommission ist das Projekt ebenfalls verankert.
"Die EU-Richtlinie zum Urheberrecht stammt aus dem Jahr 2001, aus einer Zeit vor YouTube und Facebook. Obwohl sie das Urheberrecht eigentlich für die Informationsgesellschaft hätte fit machen sollen, steht sie heute dem grenzüberschreitenden kulturellen Austausch im Weg", erklärt Julia Reda. "Wir brauchen ein gemeinsames Europäisches Urheberrecht, das Grundrechte achtet und innovativen Diensten für den Onlinezugang zu Kultur keine Steine in den Weg legt."
Technisch überholte und von Land zu Land unterschiedliche Urheberrechtsregeln "sind eine unverhältnismäßige Hürde für alltägliche Handlungen im Internet", wird in der Begründung des Berichtsentwurfs erläutert. "Diejenigen, die Werke betrachten, verändern oder neu schaffen und dabei auf Ressourcen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten zurückgreifen, sehen sich mit Bürokratie und Rechtsunsicherheit konfrontiert". Mit den Regeln von 2001 "fällt es kulturellen Einrichtungen wie Bibliotheken zunehmend schwer, ihrem öffentlichen Auftrag nachzukommen". Der Bericht empfiehlt außerdem, "die Verhandlungsposition von Kulturschaffenden gegenüber Rechteinhabern und Diensteanbietern [zu] verbessern".
Der Bericht stützt sich auf die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2014 und auf zahlreiche wissenschaftliche Studien, die der Forderung nach gemeinsamen europäischen Regeln Nachdruck verleihen: "Die ursprünglichen Ziele der Urheberrechtsrichtlinie können am besten durch die Einführung eines gemeinsamen Europäischen Urheberrechtstitels erreicht werden", heißt es in dem Bericht. Das Ziel eines Digitalen Binnenmarktes kann nur durch "gleichen Zugang [...] über nationale Grenzen hinweg" erreicht werden.
Der Berichtsentwurf fordert einheitliche Schutzfristen und Urheberrechtsschranken in ganz Europa, neue Ausnahmen für neue Nutzungsformen wie audio-visuelle Zitate, Online-Ausleihe oder die automatisierte Auswertung von Text und Daten (text and data mining). Außerdem schlägt er die Einführung einer offenen Klausel vor, die "die Anpassung an unvorhergesehene neue kulturelle Ausdrucksformen" erleichtern soll. Der Bericht empfiehlt, »staatliche Werke vom Urheberrechtsschutz auszunehmen" und fordert, dass "technische Maßnahmen die Nutzung von Ausnahmen und Urheberrechtsschranken nicht behindern dürfen".
Julia Reda, Vizepräsidentin der Fraktion Grüne/EFA im Europaparlament, hat gemeinsam mit dem Berichtsentwurf auch eine vollständige Liste aller 86 Lobbyanfragen zum Urheberrecht veröffentlicht, die sie seit ihrer Wahl im Mai erhalten hat. Die Liste zeigt das große Interesse an der Reform und die Vielfalt der Interessengruppen, deren Ansichten angehört wurden. Außerdem lädt Reda die Öffentlichkeit dazu ein, auf einer kollaborativen Internetplattform Kommentare zu dem Berichtsentwurf zu hinterlassen.
Der Bericht wird nun im Rechtsausschuss des Europaparlaments behandelt und schließlich im Plenum zur Abstimmung gestellt. Seine Verabschiedung ist für den 16. April geplant. Auf Seiten der Europäischen Kommission wird Vizepräsident für Digitales Andrus Ansip seine Strategie zum Digitalen Binnenmarkt im Mai vorstellen, während Digitalkommissar Günther Oettingers Vorschlag zur Urheberrechtsreform für September dieses Jahres erwartet wird. (Piratenpartei: ra)
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