Korruption nimmt zu - erwarten die Deutschen
Transparency International stellt Global Corruption Barometer in Berlin vor: Berichterstattung über Skandale stimmt Bevölkerung in Deutschland pessimistisch
Deutliche Signale von der Politik gefordert - Auch Medien und Nicht-Regierungsorganisationen haben Handlungsbedarf
(07.12.07) - Die internationale Anti-Korruptionsorganisation Transparency International hat in Berlin ihr Global Corruption Barometer 2007, eine jährliche Meinungsumfrage über Wahrnehmungen und Erfahrungen der allgemeinen Bevölkerung in Bezug auf Korruption, vorgestellt. Für das Global Corruption Barometer 2007 wurden rund 63.000 Personen in 60 Ländern durch Gallup International im Auftrag von Transparency International befragt.
Aus deutscher Sicht fällt dabei vor allem der anhaltende Pessimismus auf: 69 Prozent der Bevölkerung in Deutschland geht davon aus, dass in den nächsten drei Jahren die Korruption zunehmen wird. In den EU-Staaten sind nur die Bürger Großbritanniens (72 Prozent) und der Niederlande (73 Prozent) pessimistischer, alle anderen liegen deutlich darunter, am stärksten Bulgarien (32 Prozent), Rumänien (36 Prozent) und Litauen (37 Prozent).
Sylvia Schenk, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Offensichtlich sind die Menschen durch die Berichterstattung über Skandale wie Siemens und VW sowie über viele Vorfälle auf lokaler Ebene aufgewacht und haben gemerkt, dass Korruption auch in Deutschland ein Problem ist. Trotzdem besteht zu übergroßem Pessimismus kein Anlass. Die Thematisierung in der Öffentlichkeit zeigt ja gerade, dass die Staatsanwaltschaften, aber auch kritische Journalisten zunehmend konsequent vorgehen und Interessenkonflikte inzwischen viel strenger beurteilt werden."
Deutschland hat allerdings nach wie vor nicht die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert – im Gegensatz zu über 100 Ländern, darunter Großbritannien, Frankreich, Kanada, Russland und die USA. "Erschreckend ist in dem Zusammenhang, dass 77 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Bemühungen der Regierung, Korruption zu bekämpfen, für unwirksam hält", führt Schenk weiter aus. "Hier müssen deutliche Signale von der Politik gesetzt werden!"
Bei der Frage nach der Wahrnehmung von Korruption in den verschiedenen Sektoren in Deutschland werden die Privatwirtschaft und die politischen Parteien auf einer Skala von 5 ("höchst korrupt") bis 1 ("überhaupt nicht korrupt") am schlechtesten bewertet (3,5). Im Vorjahr lagen hier die Parteien mit 3,7 noch allein vorn. Am wenigsten korrupt werden wie im Vorjahr die Melde- und Zulassungsbehörden (mit 2,0) sowie das Bildungssystem (mit 2,2) eingeschätzt. Da sich die Wahrnehmung von Korruption im Bereich Parlament leicht gebessert hat, wird das Parlament in diesem Jahr mit 3,0 besser eingeschätzt als die Medien (3,1). Die deutlichste Veränderung findet sich bei den Versorgungsunternehmen, die eine Zunahme von 2,8 auf 3,1 verzeichnen. Hier sieht Schenk intransparente Strukturen, Zweifel an der Preisgestaltung, aber auch die immer stärker ins Blickfeld geratene enge Verflechtung mit der Politik – insbesondere auf kommunaler und Landesebene – als mögliche Ursachen.
Sektoren in Deutschland im Vergleich
Sektoren | 2007 | 2006 |
Privatwirtschaft | 3,5 | 3,5 |
Politische Parteien | 3,5 | 3,7 |
Medien | 3,1 | 3,1 |
Versorgungsunternehmen | 3,1 | 2,8 |
Parlament | 3,0 | 3,1 |
Nicht-Regierungsorganisationen | 2,8 | 2,8 |
Medizinische bzw. ärztliche Dienste | 2,8 | 2,6 |
Religiöse Institutionen | 2,5 | 2,6 |
Rechtssystem | 2,5 | 2,5 |
Militär | 2,4 | 2,5 |
Polizei | 2,3 | 2,3 |
Finanzamt | 2,3 | 2,4 |
Bildungssystem | 2,2 | 2,2 |
Melde- und Zulassungsbehörden | 2,0 | 2,0 |
(5=höchst korrupt; 1= überhaupt nicht korrupt)
Nach wie vor im oberen Mittelfeld sind die Nicht-Regierungsorganisationen ("NGOs") mit 2,8 zu finden. Sylvia Schenk: "Hier zeigt sich, dass Transparenz in der Zivilgesellschaft mindestens genauso wichtig ist wie bei Staat und Wirtschaft. Gerade die Nicht-Regierungsorganisationen sind zu recht unter wachsendem öffentlichem Druck, transparent zu arbeiten und Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie sich und ihre Aufgaben finanzieren." (Transparency: ra)
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