Sie sind hier: Home » Markt » Hinweise & Tipps

BVerfG verwirft formal gesamtes Verschonungssystem


Keine Rückwirkung zu Lasten von Unternehmenserben – Ausnahmen sind kein Selbstzweck
Bis zum 30.06.2016 gilt das alte Recht grundsätzlich weiter - Alle bis dahin vom Finanzamt entschiedenen Übertragungen könnten deshalb begünstigt werden

(13.01.15) - "Nun besteht zwar Gewissheit. Für die Beratung bedeutet die […] Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Erbschaftsteuer jedoch leider wenig Erleichterung", sagte der Präsident des Steuerberaterverbands Schleswig-Holstein e.V. Lars-Michael Lanbin. Die erbschaftsteuerlichen Ausnahmen für das Betriebsvermögen genügen laut Karlsruhe nicht der Verfassung. Spätestens seit der mündlichen Verhandlung vor dem BVerfG im Juli dieses Jahres bangen Unternehmer um die Anerkennung ihrer Firmenübertragungen nach dem geltenden Recht.

"Wer einen Steuerbescheid hat, muss sich aufgrund des gesetzlichen Vertrauensschutzes keine Sorgen um die Ausnahme machen", erklärt Präsident Lanbin. Darüber hinaus hat das BVerfG erfreulicherweise eine großzügige Übergangsfrist ausgesprochen. Bis zum 30.06.2016 gilt das alte Recht grundsätzlich weiter. Alle bis dahin vom Finanzamt entschiedenen Übertragungen könnten deshalb begünstigt werden. In der Zwischenzeit muss der Gesetzgeber allerdings Neuregelungen schaffen, die auf den Tag der Gerichtsentscheidung zurückwirken können. Das BVerfG erlaubt dem Gesetzgeber, im Falle einer exzessiven Ausnutzung der Begünstigungen Unternehmensübertragungen ab Tag der Gerichtsentscheidung zu belasten.

"Ganz entschieden warne ich davor, diesen Spielraum auszunutzen, führt er in der kommenden politischen Erörterung nur zu weiteren, der Wirtschaft schadenden Unsicherheiten", so Lanbin. Das BVerfG verwirft zwar formal das gesamte Verschonungssystem. Es hebt aber detailliert hervor, was grundsätzlich geht und was hingegen verfassungswidrig ist. So führt das BVerfG beispielsweise aus, dass die bisherige Lohnsummenregelung grundsätzlich zulässig ist, jedoch nicht die Freistellung von Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten.

Damit sind konkrete Stellschrauben für die Reform aufgezeigt. Präsident Lanbin appellierte: "Nur daran sollte sich der Gesetzgeber orientieren. Ein politischer Umverteilungskampf auf dem Rücken von mittelständischen Unternehmenserben ginge hingegen gänzlich an den wirtschaftlichen Realitäten vorbei."

Unsicherheiten würden den bisher mit den Ausnahmen beabsichtigten Zielen deutlich zuwider laufen. Die Begünstigungen bezweckten stabile Rahmenbedingungen für den Übergang von kleineren und mittelständischen Unternehmen. Dafür gibt es gute Gründe.

Das BVerfG hat wiederholt die besondere Bedeutung von kleineren und mittelständischen Unternehmen und deren Schutzwürdigkeit in Erbfällen betont. Heute bestätigt es diese Leitlinie und hebt darüber hinaus den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Förderung außerfiskalischer Ziele hervor. Auf diesen hat auch der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) in seiner Stellungnahme S 03/13 hingewiesen. Kleinere und mittelständische Unternehmen sind Garanten für ein wirtschaftliches Wachstum sowie für die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Um diesen Standard zu halten, benötigen sie jedoch beträchtliches Kapital für Produktions- oder Investitionszwecke. Wie die jüngste Vergangenheit lehrt, müssen sie zudem in Krisenzeiten am Markt zunehmend mehr Eigenkapital vorhalten. Um diese unternehmerische Verantwortung nicht ruinös zu strapazieren, bedarf es vor allem einer planbaren und verkraftbaren Erbschaftsteuerbelastung. (Steuerberaterverband Schleswig-Holstein: ra)

Steuerberaterverband Schleswig-Holstein: Kontakt

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Invests

  • Cyber-Resilienz stärken

    Verlust sensibler Daten, enormer finanzieller Schaden oder die Störung der öffentlichen Ordnung - Cyberangriffe auf Kritische Infrastrukturen und Finanzinstitute können erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen haben. Die Europäische Union hat deshalb die NIS2-Richtlinie und den Digital Operational Resilience Act (DORA) eingeführt, um diese zu minimieren.

  • KI im Arbeitsalltag: Werkzeug, kein Wundermittel

    Knapp 60 Prozent der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden nutzen laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom inzwischen KI-basierte Chatbots. Wie gut die Ergebnisse ausfallen, die diese Bots und andere KI-Tools liefern, hängt allerdings wesentlich von der verwendeten Datengrundlage und einem wirklich sinnvollen Einsatzszenario ab.

  • Generationenkonflikt der IT-Security

    Unternehmen sind auf die Dynamik und frischen Ideen der jungen Generation angewiesen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und sich weiterzuentwickeln. Es darf jedoch nicht auf Kosten der IT-Sicherheit gehen. Um diesen Spagat zu meistern, braucht es einen Security-Ansatz, der Platz für Fortschritt schafft, anstatt ihn zu behindern.

  • Ist NIS-2 zu anspruchsvoll?

    Die politische Einigung über das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie NIS-2 und der Stärkung der Cybersicherheit noch vor der Bundestagswahl ist gescheitert. SPD, Grüne und FDP konnten sich nicht auf zentrale Punkte einigen. Damit bleibt über zwei Jahre nach der Verabschiedung der EU-Richtlinie die dringend notwendige gesetzliche Verschärfung aus. Die Umsetzungsfrist wird weiter überschritten

  • Seit 1. Januar 2025 gilt die E-Rechnungspflicht

    Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen kann plötzlich Rechnungen nicht mehr rechtssicher verschicken. Verzögerte Zahlungen, rechtliche Konsequenzen und möglicherweise ein belastetes Geschäftsverhältnis könnten die Folge sein - und das alles, weil Sie die E-Rechnungspflicht ohne die richtige Software kaum einhalten können.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen