Interview mit Harald Hohmann, Adlon Software
Mit Asset- und Lizenzmanagement gegen das Chaos bei der Lizenzierung: Statt zu vereinfachen, bieten Softwarehersteller immer wieder neue Lizenzmodelle und Vertragsformen
Compliance-Risiko: Die Unterlizenzierung haben auch die großen Softwarehersteller erkannt und machen derzeit starken Druck auf den Mittelstand, um ihre Softwareumsätze zu steigern
(26.05.10) - Durch Software-Unterlizenzierung oder auch falsche Lizenzierung entstehen in Unternehmen Compliance- und Haftungsrisiken, die unter Umständen erhebliche Schadenersatzforderungen nach sich ziehen können. In einem Interview weist Harald Hohmann (*), Senior Consultant bei der Adlon Datenverarbeitung Software GmbH, auf die herstellerseitig sehr komplexe Welt der Softwarelizenzierungen hin. Sein Hinweis: Lizenzmanagement-Software muss heute den gesamten Lebenszyklus von Software im Unternehmen unterstützen.
Frage: Welche Probleme machen mittelständischen Anwendern im Hinblick auf die richtige Lizenzierung derzeit am meisten zu schaffen?
Harald Hohmann: Die Erfahrung zeigt, dass mittelständische Unternehmen in der Regel unterlizenziert oder falsch lizenziert sind: die Firmen haben meist weniger Lizenzen erworben, als sie eigentlich benötigen. Dadurch entstehen Haftungsrisiken und unter Umständen erhebliche Schadenersatzforderungen. Gleichzeitig sind Firmen aber auch oft überlizenziert und übersehen dadurch Einsparpotenziale.
Die Unterlizenzierung haben auch die großen Softwarehersteller erkannt und machen derzeit starken Druck auf den Mittelstand, um ihre Softwareumsätze zu steigern. Vorwiegend geschieht dies über Partner, Systemhäuser oder Software-Reseller, und bei größeren mittelständischen Unternehmen über Auditierungspartner.
Frage: Ist der Eindruck richtig, dass die Soft- und Hardwarehersteller das Thema Lizenzierung konsequenter verfolge, und wie sieht es mit dem Thema Compliance aus?
Hohmann: Microsoft hat auf der internationalen Partnerkonferenz im Juli 2009 bekannt gegeben, dass sich die Anzahl der weltweit zertifizierten Software Asset- und Lizenz Management (SAM)-Spezialisten in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdoppelt hat. Im vorangegangenen Fiskaljahr hat Microsoft allein weltweit mehr als 4.000 SAM Assessment-Projekte über seine Partner durchgeführt.
Die Welt der Softwarelizenzierungen ist herstellerseitig komplex: da gibt es verschiedene Lizenzformen und -strategien. Hier ist es für die Kunden nicht leicht, die optimale Variante zu ermitteln. Die Hersteller-Lizenzierungsprüfungen erhöhen zudem den Druck.
Auch im Bereich der Produktpiraterie hat sich der Einfluss der Softwarehersteller in den letzten Monaten vergrößert: über die Business Software Alliance (BSA), eine internationalen Interessensvertretung der Softwarehersteller u.a. gegen Lizenzverstöße, werden
Zuwiderhandlungen streng und vermehrt verfolgt. Mit der ISO/IEC 19770 wurde bereits im Jahr 2006 ein internationaler Standard veröffentlicht, der Unternehmen beim Software Asset Management unterstützt.
Frage: Wie versuchen die Anbieter, mehr Lizenzgeschäft zu generieren? Wie behält man den Überblick im Lizenzdschungel?
Hohmann: Die Softwarehersteller versuchen über gezielte Kampagnen entweder direkt oder über den Partner Channel langfristige (Volumen-)Lizenzverträge abzuschließen.
Das heißt konkret: Statt zu vereinfachen, bieten die Softwarehersteller immer wieder neue Lizenzmodelle und Vertragsformen. So ist für Kunden und Partner kaum mehr der Überblick über die unterschiedlichen Lizenzverträge und Lizenzmodelle zu behalten.
Zudem hat praktisch jeder Hersteller seine eigenen Lizenzierungsformen, und mit der Übernahme von kleineren Softwareanbietern durch die großen Hersteller sind Produkt-Updates oder Softwarewartungsverträge immer schwerer nachvollziehbar.
Frage: Wie lassen sich Lizenzmodelle im Sinne der Anwender gestalten?
Hohmann: Der Kunde sollte eigentlich jederzeit die Wahl haben, wie er seine Software lizenzieren möchte.
Heute wird den Unternehmen vielmals ein dauerhaftes Nutzungsrecht für eine bestimmte Version verkauft. Oft ist dieses dann noch an bestimmte Auflagen gebunden, z.B. OEM-Lizenznutzung nur auf einem bestimmten Gerät, oder sogar laufzeitabhängig.
Richtig wären jedoch Lizenzmodelle, die sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren und die flexibel sind, sobald sich Anforderungen oder Gegebenheiten verändern.
So könnten z. B. Lizenzmodelle eingeführt werden, bei denen Gebühren nur für die genutzte Funktionalität in einem definierten Zeitraum entrichtet werden müssten. Heute binden sich Kunden aus Unwissenheit oft zu lange an ein Lizenzmodell, günstigere Alternativen und die Möglichkeit kurzfristiger Vertragsänderungen sind häufig nicht bekannt und werden auch nicht deutlich genug kommuniziert.
Frage: Thema "Virtualisierung": wie verhält man sich hier hinsichtlich der "richtigen" Lizenzierung. Wie vermeidet man als Anwender Falschlizenzierung in virtuellen Umgebungen?
Hohmann: Die Virtualisierung ist ja in der Praxis ein noch recht junges Thema und gleichzeitig ein zukunftsweisender Trend. Durch den Einsatz geeigneter Softwarelösungen für das Software-Asset-Lizenzmanagement kann sichergestellt werden, dass Software auch in virtuellen Umgebungen gemäß den Bestimmungen der Lizenzverträge genutzt wird.
Leistungsfähige Lizenzmanagement-Lösungen beherrschen nicht nur die Verwaltung von Desktop-Softwarelizenzen, sondern ermöglichen auch ein automatisiertes Management von Betriebssystemen und Applikationen innerhalb komplexer Server-Landschaften. Solch eine intelligente Lösung erkennt automatisch, ob eine Software auf einem dedizierten Server installiert ist, ob es sich um eine virtuelle Installation oder um ein Terminal-Server-Umfeld handelt.
Frage: Was kann man als mittelständisches Unternehmen tun, um auf der sicheren Seite zu sein? Was kann Lizenzmanagement-Software alles leisten?
Hohmann: Lizenzmanagement-Software muss heute den gesamten Lebenszyklus von Software im Unternehmen unterstützen. Dies beinhaltet alle Prozesse – angefangen von der Beschaffung der Softwarelizenzen, über Updates und Upgrades, bis hin zu einem Wechsel des Lizenzmodells, z. B. bei Vertragsübergängen im Zuge von Firmen-Zu- und Verkäufen.
Der Kunde muss jederzeit die Möglichkeit haben, auf Knopfdruck den aktuellen Status seiner Lizenzierungen abzurufen. Das ist nur möglich, wenn die eingesetzte Lösung nicht nur Desktop Software verwalten kann, sondern auch Serverlizenzen oder Software auf PDAs, Mobiltelefonen und sonstigen Geräten, auf denen lizenzpflichtige Software zum Einsatz kommt.
Darüber hinaus sollte eine leistungsfähige Lizenzmanagement-Lösung auch die jeweilige Nutzung der Softwareapplikationen erkennen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Kunden keine Lizenz- oder Wartungsgebühren für ungenutzte Software auf den Systemen bezahlen müssen. Einsparpotentiale lassen sich dadurch schnell identifizieren.
Frage: Sind Online-Mietmodelle eine Alternative für den Mittelstand? Welche Unterstützung bieten externe Dienstleister?
Hohmann: Die ideale Lizenzform ist eine Kombination aus (Online)-Mietmodell und dauerhaftem Nutzungsrecht.
Viele Softwarehersteller bieten heute schon Online-Mietlizenzen für ihre Software an. Und es gibt Lösungen, die bereits "out oft he box" umfangreiche Analysen bieten, so dass der Kunde die genau auf seine Bedürfnisse zugeschnittene "Mischung" aus einem "On demand"-Lizenzmodell und einer permanenten Lizenz ermitteln kann. Kompetente Beratungsfirmen mit Spezialwissen und Erfahrung im Bereich der Softwarelizenzierung können den Kunden bei der Auswahl der richtigen Lizenzmodelle natürlich zusätzlich helfen. (Adlon Datenverarbeitung Software: ra)
(*) Autoreninfo:
Harald Hohmann ist Senior Consultant bei der Adlon Datenverarbeitung Software GmbH in Lindau mit langjähriger Erfahrung Bereich Software Asset- und Lizenzmanagement und im Business Development von SAM.
ADLON Datenverarbeitung Software: Steckbrief
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