Risikoaverses Finanzierungsverhalten
Mögliche Bauzinserhöhung birgt kein systematisches Kreditausfallrisiko: Professionelle Wohnungsunternehmen finanzieren konservativer als Privatkunden
Gewerbliche und private Bauherren nutzen hohe Tilgungsraten zur schnellen Entschuldung
(29.10.13) - Die aktuelle Niedrigzinsphase birgt die Gefahr, dass Wohnungsunternehmen und private Häuslebauer Baufinanzierungsdarlehen in einem Maße aufnehmen, die sie nach Auslauf der Zinsbindung – wenn die Zinsen womöglich höher sind – nicht mehr stemmen können. Eine Auswertung der Transaktionsplattform Europace, die rund 15 Prozent aller privaten Baufinanzierungen in Deutschland abdeckt, sowie die Analyse des langfristigen Darlehensneugeschäfts von Dr. Klein mit Wohnungsunternehmen kommen zu dem Schluss, dass kein systematisches Kreditausfallrisiko besteht. Darüber hinaus weisen Daten der Deutschen Bundesbank auf ein stabiles Marktumfeld hin, in welchem das Gesamtvolumen des Baufinanzierungs-Neugeschäfts kaum anzieht.
"Professionelle Wohnungsunternehmen finanzieren konservativer als Privatkunden", berichtet Hans Peter Trampe, Vorstand der Dr. Klein & Co. AG. "Neben einer langen Sollzinsbindung achten sie auf eine hohe Tilgungsrate und nutzen so das niedrige Zinsniveau zur schnellen Entschuldung." Derzeit liegt der durchschnittliche Tilgungssatz bei 3,23 Prozent. "Das risikoaverse Finanzierungsverhalten zeigt sich auch im Beleihungsauslauf", so Trampe. "Dieser liegt bei gewerblichen Bauherren im Schnitt bei 71 Prozent. Sie bringen somit 29 Prozent Eigenkapital in ihre Finanzierung ein."
Bei privaten Bauherren liegt der durchschnittliche Beleihungsauslauf im September 2013 bei 77,28 Prozent. Sie bringen somit etwas mehr Eigenkapital ein als noch vor einem Jahr (durchschnittlicher Beleihungsauslauf im September 2012: 78,36 Prozent).
Tilgen die Richtigen höher?
Europace, der Marktplatz für Immobilienfinanzierungen, Bausparen und Ratenkredite, weist für das 2. Quartal 2013 aus, dass nur rund ein Drittel der Verbraucher eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren eingeht. Läuft die Mehrheit der privaten Darlehensnehmer somit Gefahr, sich zu überschulden, wenn ihre zehnjährige Zinsbindung endet? "Man muss auf die Finanzierungsdetails achten", rät Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher der Dr. Klein & Co. AG. "Lässt man die auf zehn Jahre begrenzten KfW-Darlehen sowie kurzfristige Zwischenfinanzierungen, Kleinkredite für Modernisierungen, Umschuldungs- und Prolongationskredite aus, so reduziert sich das private Baufinanzierungsvolumen mit einer Zinsbindung von zehn Jahren auf rund 50 Prozent."
Der Blick auf die Tilgungssätze zeigt, dass die Erwerber mit der entsprechenden Zinsbindungswahl gezielt eine höhere Tilgung zur schnellen Abzahlung ihres Kredits nutzen: 70 Prozent der Kauf- und Baufinanzierungen mit bis zu zehnjähriger Zinsbindung wird mit mehr als 1,5 Prozent getilgt. Der Anteil der Finanzierungen mit zehnjähriger Zinsbindung und Tilgungssätzen von bis zu 1,5 Prozent sinkt auf 15 Prozent. Darüber hinaus wählen 70 Prozent der Darlehensnehmer Sondertilgungsoptionen in Höhe von fünf Prozent pro Jahr und nutzten diese intensiv.
Durch die Kombination verschiedener Finanzierungsbausteine mit unterschiedlichen Zinsbindungen reduzieren Verbraucher das Zinsänderungsrisiko. Eine große Bedeutung hat dabei Bausparen, mit welchem sich Kreditnehmer im Niedrigzinsumfeld eine über die gesamte Laufzeit fest kalkulierbare Kreditrate sichern. Derzeit sind 37 Prozent der Darlehenssumme durch Bausparen unterlegt.
Auch Finanzinstitute sorgen dafür, dass Kredite nicht zu gewagt abgeschlossen werden. Alle großen und viele kleine Banken haben ihre Kreditrichtlinien verschärft.
Ein hoher Anteil der risikoreicher finanzierenden Erwerber, die eine zehnjährige Zinsbindung mit bis zu einem Prozent tilgen, weist hohe Überschüsse von mehr als 50 Prozent ihrer Darlehensrate auf. Eine Stichprobe innerhalb dieser potenziellen Risikogruppe ergab, dass kein Kreditnehmer nicht mindestens die Hälfte seiner vereinbarten Rate zusätzlich leisten könnte, wenn die Baufinanzierungszinsen anziehen würden. Die Auswertung zeigt: "Überschuldung als systematisches Risiko lässt sich zum heutigen Zeitpunkt ausschließen", sagt Gawarecki. Die Ausstattung der KfW-Förderdarlehen mit längeren Zinsbindungen sowie die Senkung der Kosten langfristiger Zinsbindungen könnten den Anteil von kurzen Zinsbindungen jedoch weiter reduzieren, so Gawarecki. (Dr. Klein & Co: ra)
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