Compliance und Haftungsrisiken


Kein Bereich im Unternehmen hat so viel mit Korruption, unkonformen sozialen Standards und Betrugsversuchen zu tun wie "Einkauf und Beschaffung"
Studie und Buch: Die größten Compliance-Fallen lauern im Einkauf und Beschaffung


(15.11.11) - Compliance und Haftungsrisiken betreffen nach der Meinung der deutschen Unternehmen vor allem die Abteilung für Einkauf und Beschaffung – noch vor dem Vertrieb und der Finanzabteilung. Obwohl die Unternehmen Schadensfälle unbedingt vermeiden oder begrenzen (92 Prozent) und ihr Unternehmensimage verbessern wollen (63 Prozent), verfügen heute noch immer über zwei Drittel der Unternehmen weder über ein Compliance-Management-System (CMS) noch über Lieferantenkodizes. Das hat eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag von Kerkhoff Consulting und der auf Compliance-Fälle spezialisierten Kanzlei Kerkhoff Legal ergeben. Diese Studie ist Grundlage für das neue Buch von Gerd Kerkhoff: "Aktenzeichen Einkauf" – mit einem Geleitwort des Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke.

"Kein Bereich im Unternehmen hat so viel mit Korruption, unkonformen sozialen Standards und Betrugsversuchen zu tun – vor allem auf internationalem Parkett", sagt Gerd Kerkhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung von Kerkhoff Consulting. "Umso verwunderlicher erscheint es, dass nur eine Minderheit der deutschen Unternehmen einen Kodex erstellt hat, welcher auch seine Lieferanten auf Regelbefolgung festlegt." Bei Unternehmen mit einem Umsatz unter 250 Mio. Euro sind es nach der Allensbach-Untersuchung sogar nur 31 Prozent, die einen solchen Kodex erstellt haben.

Selbst bei den Unternehmen, die einen Lieferantenkodex eingeführt haben, wird dieser nicht in all seinen Möglichkeiten genutzt. So hat nicht einmal ein Drittel der Unternehmen den Kodex in die eigenen AGB (Allgemeine Geschäftsbestimmungen) integriert. 67 Prozent der Unternehmen lassen ihre Lieferanten den Kodex gegenzeichnen. Immerhin: 86 Prozent der Unternehmen mit Lieferantenkodex kontrollieren nach eigener Angabe, ob die Regeln des Kodex auch befolgt werden. Dazu bedient sich aber nur ein Drittel auch externer Hilfe, um eine neutrale Betrachtung zu erhalten.

"Besonders fortschrittlich sind Unternehmen, die sogar die Begebenheiten ihrer unterschiedlichen Lieferantenländer in den Kodizes berücksichtigen", sagt Sabrina Keese. Keese ist Partnerin bei Kerkhoff Legal und Co-Autorin von "Aktenzeichen Einkauf". Aber: Gerade einmal ein Fünftel berücksichtigt die Länderspezifika. "Diese Unternehmen sind echte Vorreiter", sagt Keese. "Sie verhindern auf diese Art und Weise, dass sie für die Probleme ihrer Lieferanten – zum Beispiel aufgrund von Kinderarbeit oder Umweltverschmutzung – haftbar gemacht werden können. Sie haben zudem die Möglichkeit, diese Sicherungsmaßnahmen auch ihren Kunden darzustellen, um die eigene Marke als ein faires Unternehmen zu stärken".

Während ein Lieferantenkodex ein Unternehmen gegen äußere Risiken absichert, hilft ein Compliance-Management-System dabei, auch intern keine rechtlichen Fehler zu begehen. "Manager und Einkäufer wissen manchmal gar nicht, gegen welche rechtlichen Regelungen sie gerade verstoßen", sagt Gerd Kerkhoff. "Wenn ein Einkäufer abends mit seinen Kollegen anderer Firmen am Stammtisch sitzt und sich austauscht, kann aus einem solchen Gespräch unerwartet schnell ein kartellrechtlicher Verstoß werden. Und wenn es zur Anklage und Verurteilung kommt, kann das ein Unternehmen schnell an den Rand einer Insolvenz bringen."

Obwohl sich die Unternehmen dessen bewusst sind, sagt über die Hälfte der Firmen, dass die Einführung eines Compliance-Management-Systems zu viel Aufwand bedeuten würde. Sabrina Keese: "Unternehmen ist die Einführung eines Compliance-Management-Systems häufig zu teuer. Dabei kalkulieren diese Unternehmen aber nicht, welche Kosten auf sie zukommen, wenn sie später juristisch belangt werden. Und auch der einzelne Manager, der heute persönlich für rechtliche Verstöße haftbar gemacht werden kann, sollte sich stets bewusst sein, dass er manchmal vielleicht sogar illegal handelt, ohne es zu wissen."

Das neue Buch "Aktenzeichen Einkauf – Mit Compliance Haftungsrisiken für Unternehmen und Management minimieren" erläutert anhand konkreter Beispiele sowohl die lauernden Gefahren als auch wie man diesen als Manager und Unternehmen durch den Aufbau von einem Compliance-Management-System und Lieferantenkodizes entgegentreten kann.

Das Buch ist seit dem 9. November 2011 im Buchhandel verfügbar.
Autoren: Gerd Kerkhoff, Gregor van Ackeren, Frank Blasius, Matthias Hoff, Sabrina Keese, Nicole Teresiak.
ISBN: 978-3527506484, Wiley Verlag GmbH & Co. KGaA.
Preis: 39,90 Euro

Über die Studie:
Im Auftrag von Kerkhoff Consulting und der Kanzlei Kerkhoff Legal hat das Institut für Demoskopie Allensbach 253 Unternehmen hinsichtlich ihres Umgangs mit dem Thema "Compliance" befragt. Ein Drittel der befragten Unternehmen hatte dabei eine Unternehmensgröße von unter 100 Mio. Euro Jahresumsatz, ein weiteres Drittel eine Größe von 100 Mio. Euro bis 500 Mio. Euro Jahresumsatz und ein letztes Drittel von mehr als 500 Mio. Euro Jahresumsatz. Ansprechpartner für die Interviews waren Geschäftsführer (25 Prozent), Leiter der Rechtsabteilung (16 Prozent), Leiter der Personalabteilung (11 Prozent), Leiter der Compliance-Abteilung (10 Prozent) oder andere leitende Angestellte (38 Prozent). (Kerkhoff Consulting: ra)

Kerkhoff Consulting: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

  • Rote Linien für die zukünftige Nutzung von KI

    Laut einer aktuellen Studie von NTT Data droht eine Verantwortungslücke die durch KI möglich gewordenen Fortschritte zu untergraben. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte räumen ein, dass Führungsfähigkeiten, Governance und die Bereitschaft der Mitarbeitenden nicht mit den Fortschritten der KI mithalten können. Das gefährdet Investitionen, Sicherheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

  • Europas Sanktionslandschaft

    Die Durchsetzung der europaweiten Datenschutz-Gesetzgebung hat einen neuen Höchststand erreicht: Erstmals überschreiten die öffentlich bekannten Bußgelder in Europa die Marke von fünf Milliarden Euro. Seit Inkrafttreten der General Data Protection Regulation (GDPR) im Mai 2018 wurden bis März 2025 insgesamt rund 5,65 Milliarden Euro an Strafen verhängt - ein Plus von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Diese Rekordsumme spiegelt wider, wie stark sich die europäische Sanktionspraxis in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

  • Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

    Die zunehmende Regulierungsdichte mit immer neuen Vorschriften erschwert Vorständen und Aufsichtsräten die rechtliche Einschätzung unternehmerischer Entscheidungen und bremst unternehmerisches Handeln. Das Deutsche Aktieninstitut und die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz haben die Studie "Absicherung unternehmerischer Entscheidungen - Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten" veröffentlicht.

  • Herausforderung: Datenschutz & geteilte Geräte

    Die Digitalisierung schreitet in der Transport- und Logistikbranche stetig voran und macht Prozesse innerhalb der Lieferkette immer transparenter und damit nachvollziehbarer. So kam die jüngste Studie "Digitale Innovationen: Was die Transport- und Logistikbranche jetzt braucht" von SOTI zu dem Ergebnis, dass sich 80 Prozent (weltweit 78 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden im T&L-Bereich durch die technische Nachverfolgbarkeit von Waren, für die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung tragen, sicherer fühlen. Gleichzeitig empfinden jedoch 61 Prozent das Tracking dienstlicher Geräte als Eingriff in ihre Privatsphäre (weltweit 55 Prozent).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen