IT-gestützte Compliance


Betrugsprävention: Banken sehen Nachholbedarf bei IT-Prozessen
Prozesse zur Geldwäsche-Prävention unterscheiden sich teils erheblich



Eine große Mehrheit der deutschen Finanzinstitute setzt im Bereich Compliance auf IT-Unterstützung. Hinsichtlich des Automatisierungsgrads und der IT-gestützten Risikobewertung besteht laut Bankenvertretern jedoch noch Handlungsbedarf. Insbesondere Medienbrüche und manuelle Prozesse werden von Geldwäschebeauftragten kritisch gesehen. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Quadriga-Instituts für Regulation und Management (QIRM) unter ausgewählten Branchenvertretern hervor. Die Untersuchung zum Thema Geldwäscheprävention durch das QIRM ist Teil des von Retarus gemeinsam mit weiteren Partnern unterstützten Bitkom Projekts "IT-gestützte Compliance im Finanzsektor". Ziel des Projektes ist es, ein Referenz Compliance-Modell zu entwickeln.

Im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen, zunehmender Compliance-Verfehlungen sowie der Geldwäschekriminalität und Terrorismusfinanzierung treibt der Gesetzgeber die Regulierung der Banken-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche zügig voran. Dies erfordert weitere Anpassungen in IT-gestützten Geschäfts-, Transaktions- sowie Governance-Prozessen.

Die zu diesem Zweck zwischen Mai und August dieses Jahres von der Quadriga Hochschule durchgeführte Befragung unter 22 Finanzinstituten ergab ein höchst differenziertes Bild. Laut der nun vorliegenden Erhebung greifen ausnahmslos alle Institute auf Instrumente zur Geldwäsche-Prävention zurück. Bei der konkreten Umsetzung der Vorgaben unterscheiden sich die Institute typenabhängig jedoch teils erheblich: Die Maßnahmen reichen von der reinen Implementierung gesetzlicher Vorhaben, über zusätzliche interne Richtlinien und Schulungen bis hin zu umfangreichen automatisierten Kontrollsystemen. Insgesamt greift eine große Mehrheit von 91 Prozent der insgesamt 22 befragten Banken und Finanzdienstleister dabei auf Softwareunterstützung zurück.

Uneinheitliche Bewertungssysteme führen zu Medienbrüchen
Große Unterschiede zeigen sich auch bei der Risikobewertung. Die für das individuelle Risikoprofil nötigen Daten stammen in aller Regel aus Kundenbestandssystemen und werden aufgrund unterschiedlicher Parameter bewertet. Während derartige Bewertungen bei 86 Prozent der Institute durch den zuständigen Mitarbeiter für Geldwäscheprävention erfolgt, wird dies in lediglich 77 Prozent der Fälle durch automatisierte Systeme gestützt. Nur bei 44 Prozent ist auch der jeweilige Kundenbetreuer mit in den Prozess eingebunden.

Doch auch die Systemunterstützung ist mitunter fehleranfällig. Insbesondere dort, wo die für die Bewertung relevanten Daten von Mitarbeitern manuell eingegeben werden. Zudem kommt für die IT-gestützte Risikoanalyse und -bewertung häufig unterschiedlichste Software zum Einsatz. Während sich gut die Hälfte der 22 Studienteilnehmer (53 Prozent) auf vorhandene Office-Produkte verlässt, haben hingegen 47 Prozent der Unternehmen hierfür Eigenentwicklungen im Einsatz. Weitere 53 Prozent setzen auf spezielle Compliance-Software (Mehrfachnennungen möglich).

Diese uneinheitlichen Bewertungssysteme führen in der Praxis zu vermehrten Medienbrüchen. Sowohl die Übertragung von Informationen aus manuell gepflegten Listen, als auch die Dateneingabe sowie die subjektive Bewertung der Ergebnisse durch Mitarbeiter bergen teils erhebliche Fehlerquellen. Insgesamt sehen daher etwa die Hälfte aller Befragten (53 Prozent) bei der Risikoanalyse- und -bewertung Bedarf für bessere IT-Unterstützung. Nur 19 Prozent erachten dies für nicht notwendig.

"Effektive Betrugsprävention mit klaren digitalen Prozessen"
"Die Befragung stieß bei den Verantwortlichen auf große Resonanz. Der Bedarf an einheitlichen Compliance-Richtlinien ist bei einer überwältigenden Mehrheit der Unternehmen vorhanden", kommentiert Eberhard Rohe, Finanzexperte bei Retarus und Mitglied des Bitkom Kooperationsprojekts zu IT-gestützter Compliance. Das Ziel der IT-Wirtschaft muss es sein, ihre Kompetenzen zu bündeln und zeitnah marktgerechte Lösungen zu entwickeln, um Banken einen reibungslosen Informationsaustausch zu ermöglichen. Nur mit klaren und vor allem einheitlichen digitalen Prozessen kann es gelingen, eine effektive Betrugsprävention zu betreiben. Solange Institute auf manuelle Listen und subjektive Einschätzungen angewiesen sind, ist dies nur schwer möglich."

"Die Prozesse in der IT-gestützten Compliance müssen zudem in Abhängigkeit zu den IT-Anwendungen, Datenstrukturen und Technologien der Institute gesehen werden. Ohne ein Verständnis der Unternehmens- und IT-Architektur lässt sich Compliance nicht effizient managen", ergänzt Prof. Dr. Kurt Sandkuhl, Leiter des Lehrstuhls Wirtschaftsinformatik an der Universität Rostock und Mitglied im Bitkom Projekt.

"Sowohl die am Projekt beteiligten Firmen als auch der Bitkom begreifen Regulation als große Chance für den Bankensektor. Gemeinsam suchen wir aktiv nach digitalen Lösungen, um den damit verbundenen Aufwand für die Finanzbranche möglichst klein zu halten", kommentiert Marco Liesenjohann, Referent Wissenschaftlicher Dienst des Bitkom. "Im nächsten Schritt wird der Bitkom im Rahmen eines Expertenarbeitskreises ein entsprechendes Referenzmodell für die Branche entwickeln."

Über das Bitkom Projekt "IT-gestützte Compliance im Finanzsektor"
Ziel des gemeinsamen Projektprogramms ist die Entwicklung einer strukturierten, praxisrelevanten Datenbasis der aufsichtsrechtlichen Compliance im Banken- und Finanzsektor aus Bedarfs- und aus Angebotsperspektive. Dabei steht die Analyse der etablierten Praxis in Finanzinstituten im Mittelpunkt. Diese bildet wiederum die Grundlage für IT-gestützte Modelle zur wirksamen Umsetzung der Regulierungsanforderungen.
(retarus: ra)

eingetragen: 18.01.17
Home & Newsletterlauf: 14.02.17

retarus: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

  • Rote Linien für die zukünftige Nutzung von KI

    Laut einer aktuellen Studie von NTT Data droht eine Verantwortungslücke die durch KI möglich gewordenen Fortschritte zu untergraben. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte räumen ein, dass Führungsfähigkeiten, Governance und die Bereitschaft der Mitarbeitenden nicht mit den Fortschritten der KI mithalten können. Das gefährdet Investitionen, Sicherheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

  • Europas Sanktionslandschaft

    Die Durchsetzung der europaweiten Datenschutz-Gesetzgebung hat einen neuen Höchststand erreicht: Erstmals überschreiten die öffentlich bekannten Bußgelder in Europa die Marke von fünf Milliarden Euro. Seit Inkrafttreten der General Data Protection Regulation (GDPR) im Mai 2018 wurden bis März 2025 insgesamt rund 5,65 Milliarden Euro an Strafen verhängt - ein Plus von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Diese Rekordsumme spiegelt wider, wie stark sich die europäische Sanktionspraxis in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

  • Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

    Die zunehmende Regulierungsdichte mit immer neuen Vorschriften erschwert Vorständen und Aufsichtsräten die rechtliche Einschätzung unternehmerischer Entscheidungen und bremst unternehmerisches Handeln. Das Deutsche Aktieninstitut und die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz haben die Studie "Absicherung unternehmerischer Entscheidungen - Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten" veröffentlicht.

  • Herausforderung: Datenschutz & geteilte Geräte

    Die Digitalisierung schreitet in der Transport- und Logistikbranche stetig voran und macht Prozesse innerhalb der Lieferkette immer transparenter und damit nachvollziehbarer. So kam die jüngste Studie "Digitale Innovationen: Was die Transport- und Logistikbranche jetzt braucht" von SOTI zu dem Ergebnis, dass sich 80 Prozent (weltweit 78 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden im T&L-Bereich durch die technische Nachverfolgbarkeit von Waren, für die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung tragen, sicherer fühlen. Gleichzeitig empfinden jedoch 61 Prozent das Tracking dienstlicher Geräte als Eingriff in ihre Privatsphäre (weltweit 55 Prozent).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen