Kurzstudie zu Journalismus und Korruption


Compliance im Journalismus: Antikorruptionsbemühungen von Verlagen und Rundfunkanstalten müssen gestärkt werden
Mehr Transparenz über die Mitteleinnahmen und -verwendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks


(09.08.13) - Der Journalistenverbund Netzwerk Recherche stellte in Kooperation mit der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, dem Institut für Journalistik der TU Dortmund und der Otto-Brenner-Stiftung die Kurzstudie "Gefallen an Gefälligkeiten: Journalismus und Korruption" vor. Im Rahmen der Publikation kommt eine Befragung von Medienhäusern zu dem Schluss, dass ihr Interesse an dem Thema Korruptionsbekämpfung bisher gering ist.

Jürgen Marten, stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland, sagte: "Statt systematisch Korruption vorzubeugen und Transparenz zu schaffen, ruhen sich anscheinend viele Häuser auf dem Glauben aus, dass ihre Journalisten nicht bestechlich seien. Doch auch hier müssen wirtschaftliche Abhängigkeiten – zum Beispiel von Anzeigekunden – und mögliche Interessenkonflikte öffentlich gemacht werden. Wir brauchen außerdem mehr Transparenz über die Mitteleinnahmen und -verwendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir fordern, dass die Anstalten in einem öffentlichen Bericht darüber Rechenschaft ablegen."

Befragung von Tageszeitungen und Analyse von Regelwerken
Im ersten Schritt der Compliance-Untersuchung durch das Institut für Journalistik an der TU Dortmund wurden die Chefredakteure der dreißig auflagenstärksten Tageszeitungen angeschrieben. Davon haben lediglich zwei die Fragen beantwortet. In einem zweiten Schritt wurde eine Auswahl öffentlich zugänglicher Regelwerke von Verlagen sowie privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten untersucht. Auch die Richtlinien des Presserates, des Deutschen Journalistenverbandes und von Netzwerk Recherche wurden verglichen.

Die Analyse der Kodizes zeigt, dass sie mitunter nur einen appellierenden Charakter haben und wenig konkrete Vorgaben enthalten. Zum Beispiel wird nicht definiert, ab welchem Wert Geschenke, Einladungen und Rabatte abzulehnen sind. Fast überall fehlen verbindliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung interner Kodizes oder der Richtlinien des Presserats. Dies wäre jedoch im Sinne eines modernen Compliance-Management-Systems entscheidend für die Wirksamkeit der Kodizes. Ein Vorschlag für ein umfassendes Regelwerk wird am Ende der Untersuchung vorgestellt.

Bevölkerungsumfrage stellt Medien schlechtes Zeugnis aus
Günter Bartsch, Geschäftsführer von Netzwerk Recherche: "Gerade in unserer Branche, in der Glaubwürdigkeit ein hohes Gut ist, sollte mehr Transparenz und bessere Korruptionsprävention möglich sein. Erst letzte Woche hat das relativ schlechte Abschneiden der Medien auf dem Korruptionsbarometer von Transparency International gezeigt, dass wir handeln müssen."

Die Bevölkerungsumfrage des Globalen Korruptionsbarometers untersucht, wie korrupt einzelne Sektoren wahrgenommen werden. In Deutschland rangieren die Medien mit 3,6 Punkten auf einer Skala von eins (überhaupt nicht korrupt) bis fünf (höchst korrupt) in diesem Jahr erstmals hinter der Öffentlichen Verwaltung (3,4) und dem Parlament (3,4).

Über den Bericht
Neben der Compliance-Untersuchung von Natascha Tschernoster von der TU Dortmund, enthält die Kurzstudie Beiträge von Netzwerk-Recherche-Mitglied Boris Kartheuser über den Einfluss der PR-Branche auf den Journalismus sowie Fallbeispiele wie die Luxusreisen von Journalisten mit ThyssenKrupp, Volkswagen und Mazda. Ein weiterer Beitrag deckt Schleichwerbung in Zeitschriften der WAZ-Woman-Group auf. Ein Beitrag von Transparency Deutschland leistet zudem einen Abriss über Korruption und Journalismus aus rechtlicher Perspektive.
(Transparency: ra)

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

  • Rote Linien für die zukünftige Nutzung von KI

    Laut einer aktuellen Studie von NTT Data droht eine Verantwortungslücke die durch KI möglich gewordenen Fortschritte zu untergraben. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte räumen ein, dass Führungsfähigkeiten, Governance und die Bereitschaft der Mitarbeitenden nicht mit den Fortschritten der KI mithalten können. Das gefährdet Investitionen, Sicherheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

  • Europas Sanktionslandschaft

    Die Durchsetzung der europaweiten Datenschutz-Gesetzgebung hat einen neuen Höchststand erreicht: Erstmals überschreiten die öffentlich bekannten Bußgelder in Europa die Marke von fünf Milliarden Euro. Seit Inkrafttreten der General Data Protection Regulation (GDPR) im Mai 2018 wurden bis März 2025 insgesamt rund 5,65 Milliarden Euro an Strafen verhängt - ein Plus von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Diese Rekordsumme spiegelt wider, wie stark sich die europäische Sanktionspraxis in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

  • Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

    Die zunehmende Regulierungsdichte mit immer neuen Vorschriften erschwert Vorständen und Aufsichtsräten die rechtliche Einschätzung unternehmerischer Entscheidungen und bremst unternehmerisches Handeln. Das Deutsche Aktieninstitut und die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz haben die Studie "Absicherung unternehmerischer Entscheidungen - Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten" veröffentlicht.

  • Herausforderung: Datenschutz & geteilte Geräte

    Die Digitalisierung schreitet in der Transport- und Logistikbranche stetig voran und macht Prozesse innerhalb der Lieferkette immer transparenter und damit nachvollziehbarer. So kam die jüngste Studie "Digitale Innovationen: Was die Transport- und Logistikbranche jetzt braucht" von SOTI zu dem Ergebnis, dass sich 80 Prozent (weltweit 78 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden im T&L-Bereich durch die technische Nachverfolgbarkeit von Waren, für die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung tragen, sicherer fühlen. Gleichzeitig empfinden jedoch 61 Prozent das Tracking dienstlicher Geräte als Eingriff in ihre Privatsphäre (weltweit 55 Prozent).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen