Monitoring von Compliance gefragt


Banken müssen aktiver gegen Korruption vorgehen: "Korruptionswahrnehmungsindex 2015": Deutschland auf Platz 10
Die jüngsten Korruptions- und Compliance-Skandale – sei es in der Automobilwirtschaft, im Sport oder im Finanzmarkt – zeigen, dass es auch in unserem Land in Sachen Integrität noch viel zu tun gibt

(22.02.16) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Er umfasst in diesem Jahr 168 Länder und Territorien. Der Index setzt sich aus verschiedenen Expertenbefragungen zusammen und misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Deutschland erreicht auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) 81 Punkte. Die Bundesrepublik rangiert damit mit Großbritannien und Luxemburg auf dem zehnten Platz.

Deutschland unter G20 Staaten auf dem zweiten Platz
Im Vergleich aller G20 Staaten belegt Deutschland mit Großbritannien hinter Kanada den zweiten Platz; EU-weit ist Deutschland auf Platz fünf des Korruptionswahrnehmungsindex. International belegen Dänemark (91 Punkte), Finnland (90) und Schweden (89) die vordersten Plätze.

Deutschland hat sich im Vergleich zum CPI 2014 um zwei Punkte und zwei Rangplätze verbessert. Ursache hierfür mag sein, dass Deutschland in den letzten zwei Jahren einige Hausaufgaben in Sachen Korruptionsbekämpfung zumindest teilweise erledigt hat: Die UN Konvention gegen Korruption wurde endlich ratifiziert, die Bestechung von Mandatsträgern wurde strafrechtlich verschärft und es wurden Karenzzeiten für Politiker in hohen Regierungsämtern gesetzlich festgelegt. Im November 2015 ist das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption in Kraft getreten. Der Bundestag berät derzeit den Gesetzentwurf zur Korruption im Gesundheitswesen, mit dem die Bestechung und Bestechlichkeit von Angehörigen der freien Berufe im Gesundheitswesen künftig geahndet werden soll.

Immer weniger Integrität in der deutschen Wirtschaft?
Der Ruf der deutschen Wirtschaft scheint indessen schlechter zu werden. Führungskräfte aus der Wirtschaft nehmen deutsche Unternehmen als immer weniger integer wahr; das ist dem Executive Opinion Survey des World Economic Forum zu entnehmen, der mit anderen Quellen dem CPI zugrunde liegt. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Von einer vermeintlichen Verbesserung im Index sollte sich Deutschland nicht blenden lassen. Die jüngsten Korruptions- und Compliance-Skandale – sei es in der Automobilwirtschaft, im Sport oder im Finanzmarkt – zeigen, dass es auch in unserem Land in Sachen Integrität noch viel zu tun gibt."

Ethisches Verhalten braucht solide rechtliche Rahmenbedingungen
Der VW-Skandal zeigt: Wo klare Regelungen und staatliche Verantwortung hinsichtlich der Typzulassungsverfahren sowie der Kontrolle gesetzliche Vorschriften zu Abgas- und Verbrauchswerten fehlen, ist die Versuchung von Unternehmen zu Manipulationen hoch. Am Reputationsverlust und wirtschaftlichen Schaden bei VW trägt daher der Staat eine Mitschuld.

Transparentes Monitoring von Führungs- und Fehlerkultur im Finanzsektor gefordert
Auch im Finanzsektor muss mehr zur Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption geschehen. Die großen global agierenden Banken haben in den Jahren 2010 bis 2014 über 300 Milliarden Dollar an Bußgeldern für Gesetzes- und Regelverstöße gezahlt (CCP Research Foundation). Die milliardenschweren Strafzahlungen haben jedoch offensichtlich nicht zu einem Umdenken der Verantwortungsträger geführt: In vielen Fällen wurden die Bußgelder nach innen bagatellisiert. Folglich blieb der Umgang der Banken mit Verstößen gegen Gesetz und Spielregeln mangelhaft.

"Der Kulturwandel kann nur mit einem konsequenten Monitoring von Compliance und gelebter Führungskultur durch die Bankenaufseher gelingen. Neue Regulierungsvorschriften und Bußgelder werden nicht ausreichen. Seit 2010 kündigen Banken immer wieder Aufbruch und Kulturwandel an, doch es ist nur wenig passiert", so Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland.

Das Problem muss auch strukturell gelöst werden. Im Investmentbanking werden beispielsweise die höchsten Boni seit Jahren gezahlt, aufgrund der Bonusregelungen sind Händler durch die Maximierung des eigenen Bonus quasi korrumpiert, und die Position des Kunden oder der Bank selbst ist sekundär geworden. Hier muss eine Aufsicht sicherstellen, dass dieser Geist von Maßlosigkeit und Selbstbedienung unterbunden wird.

Neben einem konsequenten Monitoring der Führungskultur fordert Transparency Deutschland eine Offenlegung von Fehlern und Verstößen von Banken: "Ohne eine radikale Veränderung des Fehlermanagements wird es keinen Wandel in der Führungskultur geben", sagt Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland. Die Delikte der Banken umfassen unter anderem massive Verstöße gegen Anti-Geldwäsche-Gesetze und gegen Embargos von Zahlungsverkehr mit ausgewählten Ländern, Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Manipulation von Referenzsätzen für Zinsen und Devisen ebenso wie vorsätzliche Falschdarstellung von Ausfallrisiken von handelbaren Anlagepapieren.

Der Lackmustest für einen gelingenden Kulturwandel erfordert die Entwicklung einer transparenten Fehlerkultur. Die transparente Kommunikation von Fehlern und ihren Folgen durch die Bankenaufsicht ist durch den Abschreckungseffekt eine starke Waffe im Kampf gegen Korruption und illegitimes Geschäftsgebaren. (Transparency: ra)

Transparency International: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Bildungsstand spielt eine Rolle

    In Deutschland gehen die Meinungen über generative Künstliche Intelligenz, wie ChatGPT, weit auseinander - Auch die Nutzung im privaten und beruflichen Alltag ist sozial ungleich verteilt. "Diese Unterschiede sind relevant", sagt Professor Florian Stoeckel, der die Studie geleitet hat. "Sie betreffen den Zugang zu Chancen, die digitale Teilhabe und letztlich die Frage, wer die Zukunft mitgestaltet, wenn sich Arbeit und Gesellschaft durch KI verändern."

  • Soziale Medien werden immer wichtiger

    Produkt auspacken, Anwendung zeigen, Marke vorstellen, Stimmen von zufriedenen Kundinnen und Kunden einfangen: Die Inhalte, die Handelsunternehmen auf ihren Social-Media-Profilen ausspielen, sind vielfältig. Trotzdem fällt es fast der Hälfte der deutschen Handelsunternehmen, die über ein solches Profil verfügen, schwer, regelmäßig Inhalte zu posten (46 Prozent). Hand in Hand damit gehen auch die Erstellung interessanter Inhalte, die ein Drittel der Händler als Herausforderung sieht (34 Prozent), und die kontinuierliche Kanalbetreuung bzw. das Community Management, mit dem etwa ein Viertel zu kämpfen hat (23 Prozent).

  • Finanzinstitute unter Zugzwang

    Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung zur digitalen operationellen Resilienz (DORA) Mitte Januar 2025 stehen Finanzinstitute unter Zugzwang: Sie müssen ihre IT-Sicherheit aufgrund der herrschenden Gefahrenlage entlang eines Katalogs an Maßnahmen auf einen zeitgemäßen Stand der Technik bringen. Eine aktuelle Studie von Veeam Software, dem weltweit führenden Anbieter für Datenresilienz nach Marktanteil, hat bei betroffenen Organisationen den Status Quo bei der Umsetzung abgefragt. Darin zeigt sich: Eine Mehrheit der deutschen Finanzdienstleister hält die hauseigene Resilienz noch nicht für ausreichend. 95 Prozent der über 100 befragten deutschen Unternehmen sehen noch Verbesserungsbedarf, um die Anforderungen zu erfüllen.

  • Billig-Händler verschärfen den Wettbewerb

    Seit einigen Jahren drängen verstärkt Online-Händler auf den deutschen Markt, die zu Niedrigstpreisen Produkte vor allem aus China importieren. Mehr als drei Viertel der deutschen Händler (78 Prozent) fordern deshalb ein Verbot chinesischer Billig-Marktplätze. Aus Sicht von je neuen von zehn Händlern würden sie häufig gegen das hier geltende Recht verstoßen (92 Prozent) und ihre Produkte enthielten oft potenziell gefährliche Inhaltsstoffe (88 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 505 Handelsunternehmen ab zehn Beschäftigten in Deutschland befragt wurden.

  • Cybersicherheit als strategisches Thema

    Eine aktuelle Studie von Qualys in Zusammenarbeit mit Dark Reading zeigt: Trotz wachsender Ausgaben und zunehmender Relevanz in Vorstandsetagen bleibt das Cyber-Risikomanagement vieler Unternehmen unausgereift. Der Grund: Der geschäftliche Kontext fehlt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen