Verstöße gegen die EU-Fluggastrechte-Verordnung
Non-Compliance: Die EU-weit geltenden Fluggastrechte werden von den Airlines oft missachtet
Bestehende Ansprüche auf Betreuungsleistungen sowie Ausgleichszahlungen ignorierten die Fluggesellschaften zu wesentlichen Teilen
(19.11.10) - Die Ergebnisse einer Online-Umfrage der Verbraucherzentralen in allen Bundesländern belegen, dass Fluggesellschaften bei Verspätungen, Ausfällen oder anderen Störungen die EU-weit geltenden Rechte betroffener Fluggäste häufig missachten. Daher fordern die Verbraucherzentralen der Länder und der Verbraucherzentrale Bundesverband eine gesetzliche Regelung für ein verbindliches Schlichtungsverfahren und wirksame Sanktionen.
"Zunehmend beschweren sich Fluggäste in unseren Beratungsstellen, dass sie sich bei Verspätungen, Ausfällen oder anderen Störungen im Stich gelassen fühlen und ihre Beschwerden nicht ernst genommen werden", sagt Petra von Rhein, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Bayern. Flugreisende haben bei Flügen von oder zu EU-Flughäfen konkrete Ansprüche, die seit 2004 in der EU-Verordnung 261/2004 geregelt sind.
Danach steht ihnen nicht nur das Recht auf rechtzeitige und angemessene Information durch die Fluggesellschaften zu, sondern auch je nach Strecke und Zeitverzug eine Betreuung mittels Verpflegung, Kommunikationsangeboten, Beförderung und Unterkunft. Oftmals besteht auch ein Anspruch auf Entschädigungszahlungen. In bestimmten Fällen kann der Fluggast sogar zwischen einer Erstattung des Flugpreises oder einer anderweitigen Beförderung wählen.
Um genauer zu erfassen, ob und wie die Fluggesellschaften die EU-Rechte umsetzen, befragten die Verbraucherzentralen Betroffene von Mai bis September 2010 online nach ihren Erfahrungen. Finanziert wurde das Vorhaben vom Bundesverbraucherschutzministerium. Insgesamt konnten die Angaben von 1.122 Verbrauchern ausgewertet werden.
"Die Ergebnisse der nicht repräsentativen Umfrage bestätigen unsere Beratungserfahrungen und decken erhebliche Defizite auf", so die Juristin der Verbraucherzentrale Bayern: Über 80 Prozent der Teilnehmer wurden erst am Flughafen über die Flugstörung unterrichtet. Bestehende Ansprüche auf Betreuungsleistungen sowie Ausgleichszahlungen ignorierten die Fluggesellschaften zu wesentlichen Teilen. Nur jedem vierten boten die Airlines Entschädigungen an, und auch das überwiegend erst auf Nachfrage.
Auch ihrer Verpflichtung, die Fluggäste aktiv auf ihre Rechte hinzuweisen, kamen die Fluggesellschaften bei über der Hälfte der Teilnehmer nicht nach. Darauf folgende Beschwerden bearbeiteten sie sehr zögerlich, 22 Prozent erhielt gar keine Antwort. Nur in drei Prozent der Fälle verlief die Rechtsdurchsetzung der Fluggäste reibungslos.
Um die EU-Verordnung zu Fluggastrechten in Deutschland wirksamer umzusetzen, fordern die Verbraucherzentralen, dass die Bundesregierung ihre im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung zur Einrichtung einer unabhängigen, übergreifenden Schlichtungsstelle schnellstmöglich umsetzt.
Das Luftfahrtbundesamt müsse umgehend wirksame Sanktionen für Verstöße gegen die EU-Fluggastrechte-Verordnung festlegen. "Ebenso wichtig ist es, dass die Fluggesellschaften ihre Informationspflichten sowie die Kundenbetreuung sowohl bei Flugstörungen als auch bei der Beschwerdebearbeitung dringend verbessern", betont von Rhein. (Verbraucherzentrale Bayern: ra)
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