Wem man im Internet vertrauen soll


Die Suchmaschinen und Empfehlungssysteme haben einen großen Einfluss darauf, welche Posts und Dokumente von Personen gesehen werden
Glaubwürdigkeit lässt sich anhand verschiedener Kriterien beurteilen - Besseres Glaubwürdigkeitsmodell finden und Experimente damit machen



In einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt wurde untersucht, wie sich Glaubwürdigkeit von Informationen aus dem Netz bewerten lässt, um damit effektiver Daten aus Plattformen wie Flickr und Co zu gewinnen. Das Thema Glaubwürdigkeit von Informationen aus dem Internet hat zuletzt durch die politische Dimension von Fake News und ihrem Einfluss auf demokratische Prozesse große Brisanz erlangt. Die Schwierigkeit für Internet-Unternehmen wie Facebook, das besonders mit der Thematik konfrontiert ist, besteht in ihrer Abhängigkeit von Computermethoden zur Auswahl von Inhalten. Der Erfolg des Internet beruht wesentlich auf der automatisierten Verarbeitung von Information: Algorithmen, nicht Menschen bestimmen, welche Ergebnisse von Suchmaschinen angezeigt werden. Im Bereich von Fake News fehlt es dafür aber an geeigneten Methoden.

Die Wahrheit, betont man bei Facebook, sei oft besonders schwierig zu identifizieren. Die Beurteilung von Glaubwürdigkeit hingegen scheint möglich und war das Thema eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten internationalen Forschungsprojekts unter der Leitung von Allan Hanbury von der Technischen Universität (TU) Wien. "Wir haben gesehen, dass die Glaubwürdigkeit von Online-Inhalten bisher nicht klar definiert war", sagt Hanbury. "Unser Ziel war, ein besseres Glaubwürdigkeitsmodell zu finden und Experimente damit zu machen."

Glaubwürdigkeit lasse sich anhand verschiedener Kriterien beurteilen, erklärt Hanbury. Manche haben mit der Quelle der Information zu tun. Verfügt die Quelle über Expertise in diesem Bereich? Genießt sie Vertrauen? Andere Kriterien drehen sich um die Information selbst. Wie hoch ist die Qualität der Information? Hier geht es etwa um Tippfehler in Dokumenten. Wie hoch ist ihre Zuverlässigkeit? Gemeint ist, wie stark die Qualität der von einer bestimmten Quelle stammenden Information variiert.

Glaubwürdigkeit von Bildern und Suchmaschine
Hanburys Team nahm die Suche nach Bildern in sozialen Medien unter die Lupe, speziell in Flickr. Die Idee war, das "Tagging", also die Benennung oder Etikettierung von Bildern zu betrachten, und ihre Glaubwürdigkeit zu beurteilen. Solche Tags können "Wasser", "Berg" oder "Strand" lauten. Ein Algorithmus bewertet die Glaubwürdigkeit der Tags nach verschiedenen Kriterien, etwa anhand der Begleittexte, aber auch daran, wie regelmäßig eine Nutzerin oder ein Nutzer postet und wie viele Bilder sie oder er online hat, ohne den Inhalt der Bilder selbst zu analysieren. Diese Informationen fließen in ein Programm, das versucht, Bilder mit den richtigen Tags zu versehen.

Dabei ließ sich zeigen, dass ein mit Glaubwürdigkeitskriterien arbeitender Algorithmus sehr verlässlich die richtigen Tags zu bestimmten Bildern findet. Mit der Berücksichtigung von Glaubwürdigkeitskriterien lässt sich so die Effektivität automatisierter Informationsgewinnung im Internet erhöhen. Das zu zeigen war eines der Ziele des Projekts. Neuland betrat das Projektteam mit dem Versuch, nicht nur die Glaubwürdigkeit von Inhalten zu analysieren, sondern auch jene von Systemen, die Informationen sammeln.
"Die Suchmaschinen und Empfehlungssysteme haben einen großen Einfluss darauf, welche Posts und Dokumente von Personen gesehen werden", sagt Hanbury. Sie können Ergebnisse nach Relevanz ordnen, aber auch bezahlte Inhalte höher reihen. "Wir haben uns angesehen, ob es möglich ist, die Glaubwürdigkeit von Suchmaschinen zu beurteilen." Diese Fragestellung wurde im Rahmen des Projekts erstmals untersucht und stellte sich als sehr schwierig heraus. Denn ohne Kenntnisse über die Programmierung der Suchmaschine sei das fast nicht möglich, räumt Hanbury ein.

Gesundheit im Netz
Falschinformationen sind nicht nur bei politischen Themen besonders heikel, sondern beispielsweise auch bei medizinischen Inhalten. "Menschen, die an langwierigen Erkrankungen leiden, informieren sich oft ausführlich darüber im Internet und werden mit der Zeit selbst zu Experten", erklärt Allan Hanbury. Manchmal seien gerade top-gereihte Inhalte Falschinformationen, wo mit der Hoffnung und Verzweiflung der Menschen Geschäfte gemacht würden, gibt der Wissenschafter zu bedenken. Die Organisation "Health On the Net" (HON) beschäftigt sich bereits seit 1995 mit dem Phänomen und kämpft für die Qualität medizinischer Online-Information, ist allerdings mit der Menge an Information überfordert. "Eine händische Bewertung ist nicht mehr möglich." In einer Zusammenarbeit mit HON testeten die Forscherinnen und Forscher der TU Wien die in dem Projekt entwickelten automatisierten Methoden zur Bewertung der Glaubwürdigkeit. "Der Rahmen, den wir aufgebaut haben, kann künftig verwendet werden, um Glaubwürdigkeit zu messen", betont Hanbury.

Zur Person
Allan Hanbury forscht als Gruppenleiter für "Information and Software Engineering" (ifs) an der Technischen Universität Wien. Seine Forschungsinteressen sind Datenwissenschaft, Informationsgewinnung und die Evaluation von Informationsgewinnungssystemen und Algorithmen. Er ist Koordinator verschiedener EU-Projekte und österreichischer Forschungsprojekte.
(Wissenschaftsfonds FWF: ra)

eingetragen: 04.03.17
Home & Newsletterlauf: 03.04.17

Wissenschaftsfonds FWF: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Bildungsstand spielt eine Rolle

    In Deutschland gehen die Meinungen über generative Künstliche Intelligenz, wie ChatGPT, weit auseinander - Auch die Nutzung im privaten und beruflichen Alltag ist sozial ungleich verteilt. "Diese Unterschiede sind relevant", sagt Professor Florian Stoeckel, der die Studie geleitet hat. "Sie betreffen den Zugang zu Chancen, die digitale Teilhabe und letztlich die Frage, wer die Zukunft mitgestaltet, wenn sich Arbeit und Gesellschaft durch KI verändern."

  • Soziale Medien werden immer wichtiger

    Produkt auspacken, Anwendung zeigen, Marke vorstellen, Stimmen von zufriedenen Kundinnen und Kunden einfangen: Die Inhalte, die Handelsunternehmen auf ihren Social-Media-Profilen ausspielen, sind vielfältig. Trotzdem fällt es fast der Hälfte der deutschen Handelsunternehmen, die über ein solches Profil verfügen, schwer, regelmäßig Inhalte zu posten (46 Prozent). Hand in Hand damit gehen auch die Erstellung interessanter Inhalte, die ein Drittel der Händler als Herausforderung sieht (34 Prozent), und die kontinuierliche Kanalbetreuung bzw. das Community Management, mit dem etwa ein Viertel zu kämpfen hat (23 Prozent).

  • Finanzinstitute unter Zugzwang

    Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung zur digitalen operationellen Resilienz (DORA) Mitte Januar 2025 stehen Finanzinstitute unter Zugzwang: Sie müssen ihre IT-Sicherheit aufgrund der herrschenden Gefahrenlage entlang eines Katalogs an Maßnahmen auf einen zeitgemäßen Stand der Technik bringen. Eine aktuelle Studie von Veeam Software, dem weltweit führenden Anbieter für Datenresilienz nach Marktanteil, hat bei betroffenen Organisationen den Status Quo bei der Umsetzung abgefragt. Darin zeigt sich: Eine Mehrheit der deutschen Finanzdienstleister hält die hauseigene Resilienz noch nicht für ausreichend. 95 Prozent der über 100 befragten deutschen Unternehmen sehen noch Verbesserungsbedarf, um die Anforderungen zu erfüllen.

  • Billig-Händler verschärfen den Wettbewerb

    Seit einigen Jahren drängen verstärkt Online-Händler auf den deutschen Markt, die zu Niedrigstpreisen Produkte vor allem aus China importieren. Mehr als drei Viertel der deutschen Händler (78 Prozent) fordern deshalb ein Verbot chinesischer Billig-Marktplätze. Aus Sicht von je neuen von zehn Händlern würden sie häufig gegen das hier geltende Recht verstoßen (92 Prozent) und ihre Produkte enthielten oft potenziell gefährliche Inhaltsstoffe (88 Prozent). Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 505 Handelsunternehmen ab zehn Beschäftigten in Deutschland befragt wurden.

  • Cybersicherheit als strategisches Thema

    Eine aktuelle Studie von Qualys in Zusammenarbeit mit Dark Reading zeigt: Trotz wachsender Ausgaben und zunehmender Relevanz in Vorstandsetagen bleibt das Cyber-Risikomanagement vieler Unternehmen unausgereift. Der Grund: Der geschäftliche Kontext fehlt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen