UK Bribery Act in der Praxis


Compliance-Management innerhalb der Organisation: "Cologne Compliance Day" zeigt internationale Aspekte auf
Entwurf der EU-Datenschutzverordnung: Viele Prinzipien bleiben erhalten, aber im Detail gibt es zahlreiche Änderungen - Erhebliche Sanktionen bei Verstößen, Konsequenzen für die Compliance-Organisation


(13.07.12) - Compliance ist für deutsche Unternehmen weiter ein Top-Thema: Insbesondere börsennotierte Unternehmen suchen den optimalen Weg, um ihr Compliance-Management innerhalb der Organisation strukturell zu positionieren; viele mittelständische Unternehmen fragen sich, wie sie eine effiziente Compliance ohne unangemessenen Aufwand sichern können. Dies ist ein Fazit des zweiten Cologne Compliance Day der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG) und der Kanzlei Oppenhoff & Partner am 26. Juni in Köln. Dr. Hanno Goltz, Oppenhoff-Partner und Mitglied des Board & Council der BCCG, begrüßte rund 50 Teilnehmer zu der Veranstaltung, die eine Mischung aus Spezialthemen, aktuellen rechtlichen Entwicklungen und Beispielen aus der Praxis bot.

UK Bribery Act in der Praxis
David Lorello, Partner der Kanzlei Covington & Burling in London, berichtete über erste Erfahrungen mit dem UK Bribery Act, der seit etwa einem Jahr in Kraft ist. Eine erhebliche Grauzone sorge für Verunsicherung bei Unternehmen, so Lorello; sie werde nur teilweise durch Interpretationshilfen der englischen Behörden beseitigt. Besondere Risikobereiche seien Facilitation Payments, also informelle Zahlungen, die z.B. behördliche Vorgänge beschleunigen, sowie Einladungen zu Veranstaltungen, gerade auch mit Blick auf die anstehenden Olympischen Spiele in London.

Frank Müller, Group Head Legal and Compliance der Tata Steel Germany GmbH, erläuterte, wie sein Unternehmen auf den UK Bribery Act reagiert und entsprechende Maßnahmen in die allgemeinen Compliance-Strukturen integriert hat. Nach einer Risikoanalyse seien u.a. Richtlinien erlassen und per Online-Training an die Mitarbeiter vermittelt worden. Regelmäßig tausche man Erfahrungen mit anderen Unternehmen und Organisationen aus. Die Reichweite des Gesetzes, so Müllers Fazit, werde im Ausland häufig noch nicht hinreichend erkannt – wohl auch, weil noch nicht klar sei, mit welchen Zielen das Gesetz in der Praxis umgesetzt werde.

Neue Entwicklungen im Datenschutz/Wirtschaft von Weltpolitik bestimmt
Oppenhoff-Partner Dr. Jürgen Hartung stellte den Entwurf der EU-Datenschutzverordnung vor, die das Bundesdatenschutzgesetz ersetzen wird. Viele Prinzipien bleiben erhalten, aber im Detail gebe es zahlreiche Änderungen, so Hartung. Dies müsse, insbesondere angesichts der erheblichen Sanktionen bei Verstößen, Konsequenzen für die Compliance-Organisation von Unternehmen haben. Zudem seien in dem Entwurf der vorbeugende Datenschutz und der Accountability-Grundsatz stärker verankert; dies verlange eine Sicherstellung der Einhaltung des Rechts durch interne Prozesse und Richtlinien.

Wie die Weltpolitik die Wirtschaft bestimmt, erläuterte Oppenhoff-Partner Stephan Müller u.a. am Beispiel der Anti-Terrorismus-Verordnungen der EU. Diese Verordnungen, so der Außenwirtschaftsrechtsexperte, bedeuteten faktisch ein vollständiges Transaktionsverbot mit den natürlichen oder juristischen Personen, die in der Verordnung genannt sind – auch im Inland. Unternehmen könnten den Risiken nur durch ein systematisches Screening entgegenwirken – das wiederum müsse aber den Datenschutzvorschriften genügen. Weiterhin müsste der Compliance-Prozess auch einen bloß mittelbaren Bezug zu "kritischen" Ländern erkennen. Die entsprechenden Vorschriften würden von den Behörden in jeglicher Hinsicht weit ausgelegt, so Müller: "Hier drohen erhebliche Strafen für Unternehmen und Manager".

Globale Implementierung von Richtlinien
Dr. Schahin Seyed-Mahdavi Ruiz, Compliance Officer der MAN Diesel & Turbo SE, erläuterte in seinem Vortrag, wie MAN Erkenntnisse aus der Vergangenheit in der Compliance-Organisation umgesetzt habe. Über 11.000 Mitarbeiter haben man in den vergangenen drei Jahren in Compliance-Fragen geschult, eine globale Konzernrichtlinie zur Einschaltung von Geschäftspartnern implementiert und eine Whistleblower-Hotline eingerichtet, mit deren Hilfe Risiken erkannt und vermieden werden sollen. Für Lieferanten und Geschäftspartner gebe es ebenfalls einen Code of Conduct und teilweise auch Schulungen. Aktuelle Herausforderungen seien unter anderen die weltweite praktische Durchsetzung der Richtlinien vor dem Hintergrund der Expansion in den Schwellenländern und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung.

Über die Haftung für Auslandstöchter referierte Dr. Günter Seulen von Oppenhoff & Partner. Der Experte für Corporate Governance wies darauf hin, dass der Vorstand der Muttergesellschaft nicht nur für deren Compliance verantwortlich ist, sondern auch für die Tochtergesellschaften eine Organisations- und Überwachungspflicht trägt.. Bei der Ausgestaltung habe der Konzernvorstand aber ein Organisationsermessen. Hinsichtlich der Organisationsverantwortung umfasse dies z.B. die konzernweiten Compliance-Richtlinien und die Ausgestaltung von klaren Strukturen für die Verantwortlichkeit und Überwachung z.B. ein konzernweites Berichtssystem und die Kontrolle der Einhaltung von Compliance-Vorgaben. Bei der Implementierung, so Günter Seulen, müssen im Konflikt zwischen Konzernverantwortlichkeit und rechtlicher Selbständigkeit der Tochter aber die gesellschaftsrechtlichen Strukturen beachtet werden - ein konzernweites Direktionsrecht hat der Konzernvorstand nicht.

Wie viel Compliance brauchen Unternehmen wirklich?
Diese Frage stellte Mirko Haase, Regional Compliance Counsel Europe der General Motors Company – und gab eine Antwort aus betriebswirtschaftlichem Blickwinkel. Die laufenden Kosten eines Compliance-Management-Systems und die Investitionen darin könnten und sollten konkret bemessen werden. Praktische Erfahrungen zeigten, dass über verschiedene Modelle erfolgreich ein Kosten-Nutzen-Optimum angestrebt werden könne. Im Wettbewerb mit anderen Unternehmen könne eine "compliant" erbrachte Leistung ein wichtiger Vorteil sein. Mittelständischen Unternehmen, die noch am Anfang ihrer Compliance-Überlegungen stehen, empfahl Haase eine Risikoanalyse und eine schrittweise Abarbeitung der identifizierten Compliance-Themen.

Die abschließende Diskussion zeigte nochmals auf, wie individuell Compliance in den einzelnen Branchen und Unternehmen strukturiert, umgesetzt und positioniert ist. "One size fits all" gebe es nicht. Die gute Compliance, so fasste es Oppenhoff-Partner Stephan Müller zusammen, werde umfassend durchdacht, konsequent in entsprechende Strukturen und Business-Praktiken umgesetzt, um dann im täglichen Geschäft "mitzulaufen", ohne unverhältnismäßigen Zusatzaufwand zu verursachen. (Oppenhoff & Partner: ra)

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