Kartellverfahren: Leidet Infineon unter Qimonda?
Qimonda stellt Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens: Sanierung wesentlicher Geschäftseinheiten des Qimonda-Konzerns angestrebt
Aufgrund des Insolvenzantrags von Qimonda könnte Mehrheitsaktionär Infineon erheblichen Verbindlichkeiten wegen laufender kartell- und wertpapierrechtlicher Verfahren ausgesetzt sein
(26.01.09) - Die Qimonda AG (NYSE: QI) und die Qimonda Dresden OHG haben Freitag beim zuständigen Amtsgericht in München Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit dem Ziel gestellt, die Gesellschaften im Rahmen der bereits begonnenen Restrukturierung zu sanieren. Das Amtsgericht München wird nun einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen.
Der Insolvenzantrag der Qimonda hat auch Auswirkungen auf die Infineon Technologies AG. Derzeit hält Infineon 77,5 Prozent der Aktien der Qimonda AG. "Alle Beteiligten hatten bis zuletzt dafür gekämpft, Qimonda zu retten. Wir bedauern sehr, dass diese Anstrengungen ohne den gewünschten Erfolg geblieben sind und nunmehr den Mitarbeitern bei Qimonda eine ungewisse Zukunft bevorsteht", sagt Peter Bauer, Sprecher des Vorstands der Infineon Technologies AG.
Der Vorstand von Qimonda ist bestrebt, wesentliche Unternehmensteile im Rahmen der Insolvenz zu sanieren. "Das deutsche Insolvenzrecht bietet die Chance, unseren bereits begonnenen Restrukturierungsprozess zu beschleunigen und das Unternehmen wieder auf eine solide Basis zu stellen ", sagte Kin Wah Loh, Vorstandsvorsitzender der Qimonda AG. Qimonda verfügt über ausgereifte Produkte und hat mit der "Buried Wordline"-Technologie eine viel versprechende Zukunftstechnologie am Markt eingeführt.
Der Hintergrund für den Insolvenzantrag ist letztlich der massive Preisversfall in der DRAM-Industrie in Kombination mit einem sich dramatisch verschlechterten Zugang zu Finanzierungen auf den Kapitalmärkten, die die finanzielle Position von Qimonda in den letzten Monaten verschlechtert haben.
Die unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Verhandlungspartner sind jeweils nachvollziehbar, waren aber letztlich nicht miteinander vereinbar.
Ein Finanzierungspaket unter Beteiligung des Freistaates Sachsen, der Muttergesellschaft Infineon, eines führenden portugiesischen Kreditinstituts sowie weiterer Banken konnte trotz intensiver jedoch äußerst komplexer Verhandlungen sowie zugesagten Finanzierungshilfen von Kunden in den vergangenen Tagen und Wochen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Außerdem hatte sich zuletzt aufgrund der Verzögerung der Verhandlungen und den damit ausgebliebenen Investitionen in Produktivitätsverbesserungen sowie des Preisverfalls im Dezember Quartal ein erhöhter Finanzierungsbedarf für das laufende Geschäftsjahr ergeben.
Hintergrund: Im Dezember vergangenen Jahres hatten sich Infineon, der Freistaat Sachsen und das Land Portugal grundsätzlich auf ein Hilfspaket zur Rettung von Qimonda verständigt. Danach sollten der Freistaat 150 Millionen Euro, das Land Portugal 100 Millionen Euro und Infineon 75 Millionen Euro Kredit für den Speicherchip-Hersteller bereitstellen.
Der vorläufige Insolvenzverwalter wird sich in den nächsten Tagen einen Überblick über die Situation bei Qimonda verschaffen. "Wir gehen davon aus, dass wir unseren Geschäftsbetrieb mit Unterstützung des vorläufigen Insolvenzverwalters sowie unserer Mitarbeiter im Sinne unseres Restrukturierungsprogramms fortführen können", sagte Loh. "Dabei setzen wir insbesondere auf die guten Beziehungen zu unseren Kunden und Lieferanten, mit denen wir in den letzten Monaten gemeinsam die großen Fortschritte bei der Entwicklung unserer Buried Wordline-Technologie erreicht haben."
Bereits im Oktober hat Qimonda ein globales Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm eingeleitet, um das Unternehmen neu zu positionieren. Im Fokus steht dabei die Konzentration auf die Kernkompetenzen wie die innovative Buried Wordline-Technologie sowie Infrastruktur- und Grafikprodukte.
Der Verkauf der Beteiligung an Inotera im November 2008 war ein weiterer wichtiger Schritt, weil dadurch die Abhängigkeit vom PC-Markt und der damit verbundene Mittelabfluss reduziert werden. Die Schließung der 200-mm-Fertigung in Richmond, USA und der Backend-Fertigung für Komponenten und Module in Dresden laufen planmäßig.
Zusätzlich hat das Unternehmen seine Produktentwicklung in München und Xi'an konsolidiert sowie die Mitarbeiterzahlen und Kosten in der Verwaltung reduziert.
Qimonda verfügt über eine richtungweisende und innovative Buried Wordline-Technologie, ein starkes Produktportfolio, insbesondere in den Bereichen Grafik und Infrastruktur sowie mehr als 20.000 Patente und Patentanmeldungen. Der Qimonda Vorstand wird alles daran setzen, in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter die zur Neuausrichtung notwendigen finanziellen Mittel in Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern und Investoren sicherzustellen. Auf Basis der technologischen Stärken von Qimonda sieht der Vorstand dafür gute Chancen.
"Aufgrund des Insolvenzantrags von Qimonda könnte Infineon bestimmten erheblichen Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Qimonda-Geschäft ausgesetzt sein. Dies schließt laufende kartell- und wertpapierrechtliche Verfahren sowie die eventuelle Rückzahlung öffentlicher Fördermittel und mitarbeiterbezogene Eventualverbindlichkeiten ein. Infineon geht davon aus, dass der wesentliche Teil dieser eventuellen Verbindlichkeiten zu Zahlungen in Zeiträumen nach dem Geschäftsjahr 2009 führen könnte.
Wir beabsichtigen, die Rückstellungen für laufende kartell- und wertpapierrechtliche Verfahren in unserem Quartalsabschluss für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2009 zu erhöhen, und gehen davon aus, dass wir weitere Rückstellungen im Zusammenhang mit aus heutiger Sicht wahrscheinlichen und schätzbaren Eventualverbindlichkeiten des Qimonda-Geschäfts bilden werden. Die Gesamthöhe aller derartigen Rückstellungen schätzen wir auf einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag", sagtePeter Bauer, Sprecher des Vorstands der Infineon Technologies AG. (Qimonda: Infineon: ra)
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