Digitalisierung von wichtigen Kulturgütern


Langzeitarchivierung: Das Erbe der Menschheit gehört allen Menschen
Das "Memory of the World"-Register umfasst gegenwärtig 158 Dokumente und Sammlungen aus 49 Ländern, darunter zehn aus Deutschland


(23.11.09) - Wenn wir heute auf die Geschichte der Menschheit zurückblicken, sehen wir meist die kulturellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit: die ägyptischen Pyramiden, da Vincis "Mona Lisa", Goethes "Faust", Beethovens Symphonien, die Theorien und Forschungen von Newton, Kant oder Einstein usw. Nicht immer war es eine edle Pflicht, die Werke der Vorfahren zu achten und zu bewahren. Noch in der Renaissance oder im Barock wurden ganze Städte entsprechend des Zeitgeistes umgebaut.

Auch heute zeugen Auseinandersetzungen wie jene um die Elbtalbrücke in Dresden davon, dass der Erhalt von Kulturgütern nicht immer selbstverständlich ist. Die Idee von der Bewahrung von Kulturgütern, wie wir sie heute kennen und pflegen, ist in Europa durch die nationalen Bewegungen im 19. Jahrhundert entstanden. Sie suchten die Hinterlassenschaften der jüngeren, nationalen Geschichte, um eine – oftmals nicht zutreffende – historische Linie der eigenen Vergangenheit zu zeichnen. So wurde die kulturelle Vergangenheit und ihre Vergegenwärtigung in Museen, Denkmälern und Bibliotheken zur eigenen Identitätsstiftung wie auch Abgrenzung gegenüber anderen Nationen instrumentalisiert.

Dieser janusköpfige Umgang hat sicher dazu beigetragen, dass in den letzten 100 Jahren weltweit Konflikte und Kriege wie die Weltkriege, der blutige Zerfall Jugoslawiens oder die Terroranschläge vom 11. September 2001 samt seinen Folgen derart heftig eskaliert sind. Die UNESCO hat, als sie sich 1945 gründete, diesen Zusammenhang sehr deutlich erkannt und in der Präambel zur Verfassung niedergeschrieben: "Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden."

Aus der Erfahrung des Zweiten Weltkrieges zogen die 37 Gründungsstaaten die Lehre: "Ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Abmachungen von Regierungen beruhender Friede kann die einmütige, dauernde und aufrichtige Zustimmung der Völker der Welt nicht finden. Friede muss - wenn er nicht scheitern soll - in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden." So kommt die UNESCO auch einer politischen Aufgabe nach, wenn sie den Schutz von Kulturgut und die Förderung von kulturellem Austausch einfordert und fördert. Ihre sicher bekannteste Maßnahme ist die "Liste des Welterbes", die aktuell rund 850 Kultur- und Naturdenkmäler in 141 Ländern umfasst.

Doch der traditionelle Umgang mit Kulturgütern – sie in Museen, Bibliotheken oder Archiven "einzusperren" und je nach Möglichkeiten mehr oder weniger restriktiv auszustellen – kann dieser politischen Aufgabe nicht gerecht werden. Die UNESCO hat daher schon 1991 das Programm "Memory of the World" ins Leben gerufen. Ziel ist es, im Zeitalter zunehmender digitaler Information und Kommunikation auch das Weltdokumentenerbe in Archiven, Bibliotheken, Gedenkstätten und Museen zu erschließen.

Dabei geht es ausdrücklich nicht nur um die Sicherung mit Hilfe neuer Technologien, sondern auch um den weltumspannenden, freien Zugang über das Internet. Das "Memory of the World"-Register umfasst gegenwärtig 158 Dokumente und Sammlungen aus 49 Ländern, darunter zehn aus Deutschland. Allerdings führt die UNESCO im Rahmen dieses Programms selbst keine Digitalisierung von Kulturdokumenten durch. Die Aufnahme in das Register "Memory of the World" ist eine Auszeichnung, die die Länder dazu verpflichtet, das betroffene Dokument zu erhalten und einem weltweiten Publikum zugänglich zu machen.

Weltweit sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Initiativen entstanden, die sich der Digitalisierung von wichtigen Kulturgütern widmen. Sie alle verfolgen dabei das doppelte Ziel, die Werke vor übermäßiger Abnutzung zu schützen und sie über das Internet einem weltweiten Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Mittelfristig steht natürlich auch das Ziel im Raum, digitale Sicherheitskopien anzulegen, um im Falle einer Katastrophe möglichst originalgetreue Nachbildungen anfertigen zu können.

So einfach die Idee klingt, es ist natürlich eine Mammutaufgabe, mehrere Tausend Jahre Kulturgeschichte aus den Museen, Archiven und Bibliotheken der Welt in das digitale Zeitalter zu übertragen. Dabei sind die Kosten – natürlich – ein entscheidendes Hemmnis.

Doch darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer politischer, organisatorischer und technischer Fragen, die bei weitem noch nicht gelöst sind:

>> Nach welchen Kriterien werden Kulturdokumente für die Digitalisierung ausgewählt?

>> Wer kommt für die Finanzierung auf?

>> Welche Technologien und Verfahren sind notwendig und geeignet, um Kulturgüter kostensparend, effizient und sinnvoll zu digitalisieren?

>> In welcher Form werden die digitalisierten Kulturzeugnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

>> Wie lassen sich die digitalen Repliken erschließen, dass sie auch wirklich genutzt werden können?

>> Wie kann auf technischer Seite sichergestellt werden, dass die digitalen Kopien langfristig (das heißt nicht nur für einige Dekaden sondern Jahrhunderte) nutzbar sind und nicht dem technologischen Fortschritt oder der kurzen Haltbarkeit der Medien zum Opfer fallen?

Lange gab es keine koordinierten Bemühungen, die sich auf übergeordneter Ebene mit diesen Fragen beschäftigt haben. Dies passiert erst seit wenigen Jahren und bei weitem nicht in dem Umfang, wie es wünschenswert wäre. Eine Vorreiterrolle spielt dabei – neben der UNESCO – die Europäische Union. Der Rat der EU hat im Oktober 2006 festgestellt, "dass eine tatsächliche Nachfrage nach digitalen Inhalten von Seiten der Bürger sowie in Forschungskreisen" besteht und "die Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit unseres kulturellen Erbes (...) zu kreativem Schaffen anregen und Aktivitäten in anderen Sektoren, wie etwa im Bereich des Lernens und des Tourismus, unterstützen" kann ("Schlussfolgerungen zur Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit kulturellen Materials und dessen digitaler Bewahrung").

Gleichzeitig forderte der Rat die Mitgliedsstaaten auf, die jeweiligen Projekte besser zu koordinieren, um Doppelarbeit zu vermeiden und Synergien zu nutzen. Es erging der offizielle Auftrag an die EU-Länder, die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung und die Online-Zugänglichkeit des kulturellen Materials und dessen digitale Bewahrung zu verbessern. In diesem Sinne sind auf EU- und auf nationaler Ebene verschiedene Initiativen entstanden beziehungsweise in die übergreifenden Bemühungen integriert worden, darunter die "Europäische Digitale Bibliothek" (www.theeuropeanlibrary.org) oder das Kompetenznetzwerk "Langzeitarchivierung nestor" (www.langzeitarchivierung.de).

Doch gleichen ihre Bemühungen einem Kampf gegen die berühmten Windmühlen, solange eine nachhaltige Unterstützung durch die Wirtschaft ausbleibt. Die Hersteller sind jedoch kaum sensibilisiert, dass die Bewahrung von digitalem Kulturgut für die Ewigkeit ein brisantes Feld ist. Das Thema Archivierung wird fast ausschließlich unter den Vorgaben der gesetzlichen Archivierungsrichtlinien betrachtet. Mögen hier zehn oder zwanzig Jahre schon als riesige Zeiträume erscheinen, für die Bewahrung von Kulturerbe reicht das bei weitem nicht aus.

Auch Projekte wie die Google Library, bei der ganze Bibliotheken im Massenverfahren eingescannt werden, können für historisch wertvolle Dokumente keine Lösung sein. Die gelieferte Qualität genügt weder wissenschaftlichen Ansprüchen noch kann man von einem schonenden Umgang mit den Büchern reden. Kritiker bemängeln zudem die ungeklärte Frage der Nutzungsrechte sowie die nicht transparenten kommerziellen Interessen von Google.

Gerade bei der Frage der kommerziellen Interessen stößt man auf ein weiteres Feld, das derzeit vor allem in der Wissenschaft heiß diskutiert wird. Es geht um den freien Zugang zu Forschungsergebnissen. Wissenschaftler, Forschungsreinrichtungen und Bibliotheken klagen zunehmend darüber, dass sie die horrenden Abonnementpreise von wissenschaftlichen Zeitschriften nicht mehr finanzieren können. So wird der freie wissenschaftliche Austausch massiv gestört.

Die Deutsche Forschungsgesellschaft DFG hat im Juni 2006 ein Positionspapier veröffentlicht, in dem die wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland dazu aufgerufen werden, die neuen Medien für eine effizientere Wissenschaft einzusetzen. Ganz im Sinne der Open Access Bewegung fordert sie dazu auf, Forschungsergebnisse nicht in teuren wissenschaftlichen Magazinen zu publizieren, sondern eigene Open Access-Plattformen im Internet zu gründen, getreu der Abschlusserklärung des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft 2003 (Declaration of Principles - Building the Information Society: a global challenge in the new Millennium): "Unser Ziel ist die Förderung universellen und gleichberechtigten Zugangs aller Menschen zu wissenschaftlichem Wissen und der Schaffung und Verbreitung von wissenschaftlichen und technischen Informationen, einschließlich Open-Access-Initiativen für wissenschaftliches Publizieren." (EMC: ra)

"Memory of the World" der UNESCO
Die von Deutschland initiierten Einträge im Register "Memory of the World" der UNESCO umfassen u.a.:

  • Die 42-zeilige Gutenberg-Bibel: Die 1.282 Seiten umfassende Gutenberg-Bibel der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ist eines von vier komplett erhaltenen Dokumenten und das einzige in Deutschland. Sie ist vollständig einsehbar unter www.gutenbergdigital.de
  • "Metropolis", Stummfilm von Fritz Lang: Das 1927 uraufgeführte Monumentalwerk wurde schon kurz darauf gekürzten und inhaltlich verfälscht. Das Original ging verloren. In jahrelanger Arbeit wurde es rekonstruiert und 2001 erstmalig aufgeführt.
  • Beethovens 9. Symphonie: Beethoven komponierte die Symphonie zu einem Zeitpunkt, als er schon vollständig taub war. Er verfolgte dabei das Ziel, über Töne und Klänge Gefühle auszudrücken und machte Musik somit zu einer Art Weltsprache.
  • Goethes literarischer Nachlass: Der literarische Nachlass Goethes wurde als bedeutendstes Dokument der Weltliteratur in das Register aufgenommen. Kern des Nachlasses ist das von Goethe selbst begonnene Archiv. Zum Nachlass gehören mehrere Tausend Briefe, Tagebücher sowie Schriften und Abhandlungen zu Wissenschaft, Kunst und Kultur, die zum Großteil in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zu finden sind.
  • Älteste Tondokumente traditioneller Musik 1893-1952 (Edison-Zylinder): Das Berliner Phonogramm-Archiv wurde 1900 gegründet und enthält über 145.000 Musikaufnahmen aus Kulturen aller Erdteile. Zu den wichtigsten Schätzen gehören 15.185 Edison-Zylinder, die zu den ältesten erhaltenen Tonträgern weltweit gehören.
  • Die Reichenauer Handschriften (10. und 11. Jahrhundert): Die Buchmalereien des im Bodensee auf einer Insel gelegenen Klosters Reichenau gehören zu den bedeutendsten Zeugnissen des deutschen Mittelalters. Die Miniaturen handeln vom Leben Christi und mittelalterlichen Herrschern.
  • Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm: Die Märchen der Brüder Grimm sind neben der Luther-Bibel das bekannteste und weltweit am meisten verbreitete Buch der deutschen Kulturgeschichte.
  • Die Waldseemüllerkarte von 1507: Die Weltkarte von Martin Waldseemüller wurde 1507 gedruckt und ist ein herausragendes Exemplar in der Entwicklung der antiken zu modernen Kartographie. Sie gilt als die erste Landkarte, auf der die westliche Hemisphäre und der Pazifische Ozean getreu wiedergegeben werden.
  • Renaissance-Bibliothek des Königs Mathias Corvinus (1458-1490): Die Bibliothek des ungarischen Königs Mathias Corvinus war die zweitgrößte Renaissance-Bibliothek. Nach seinem Tod ist der Bestand in die ganze Welt zerstreut worden. Heute sind noch rund 200 Werke nachgewiesen, hauptsächlich in Ungarn, Italien, Österreich und Deutschland.
  • Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646-1716): Dieses einzigartige Zeugnis der europäischen Gelehrtenrepublik im Übergang vom Barock zur frühen Aufklärung umfasst rund 15.000 Briefe an 1.100 Korrespondenten und umspannt alle wichtigen Bereiche der Wissenschaften.

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Schwerpunktinhalte im Überblick

Gesetzeskonforme Langzeitarchivierung

  • Standards wie ArchiSig und ArchiSafe

    Die revisionssichere elektronische Archivierung setzt Archivsysteme voraus, die den Datenbestand nach gesetzlichen Vorgaben und internen Vorschriften sicher, unverändert, vollständig, ordnungsgemäß, verlustfrei, reproduzierbar und datenbankgestützt recherchierbar verwalten. Die verwendeten Datenformate müssen dabei eindeutig, zuverlässig und langfristig interpretierbar sein. Die Daten müssen wirksam gegen ein mögliches Überschreiben geschützt und die technische Infrastruktur stabil verfügbar sein.

  • Untersuchung: Der deutsche StaaS-Markt

    Das rasante Wachstum von Unternehmensdaten treibt die Entwicklungen im Storage-Markt nach vorne. Der unaufhörlich steigende Bedarf an flexibler Speicherkapazität, vor allem die enorme Zunahme an unstrukturierten Datenformaten wie E-Mail etc., stellt IT-Anwender vor gro?e Herausforderungen beim Archivieren und beim Backup. Hersteller sind gefordert, auf diese Probleme – mit den richtigen Produkten und Services – zu reagieren. Das neue Multi Client-Projekt von IDC "Storage-as-a-Service: Anwenderpräferenzen und Trends in Deutschland, 2009/2010" bietet Anbietern von Storage-as-a-Service-Lösungen (in Anlehnung an SaaS, Software-as-a-Service) Gelegenheit, sich an dem Projekt zu beteiligen.

  • Der neue Trend heißt Storage-as-a-Service

    Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage kämpfen alle, große genauso wie kleine Unternehmen, mit immer knapperen IT-Budgets. Bei gleichzeitig gestiegenen gesetzlichen Anforderungen – Stichwort Compliance –, dem enorm anwachsenden digitalen Datenbestand und nicht zuletzt dem zunehmenden Kostendruck suchen Firmen und Organisationen aller Größen nach praktikablen Lösungen für die sichere Verwaltung ihrer digitalen Daten. On-Demand-Technologielösungen wie SaaS (Software-as-a-Service) und STaaS (Storage-as-a-Service) bieten hier interessante Möglichkeiten zur Kosteneinsparung. Iron Mountain Digital, Spezialistin für digitale Informationssicherung, hat daher die wichtigsten Punkte für die Wahl eines STaaS-Anbieters in einer Checkliste zusammengefasst.

  • Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)

    Auf die gesetzlich festgelegten Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) beruft sich das Finanzamt während einer Betriebsprüfung (Stichwort: Digitale Betriebsprüfung). Laut § 147 Abs. 6 und § 146 Abs. 5 der Abgabenordnung muss jeder Gewerbetreibende bereits seit Januar 2002, ohne Einschränkung hinsichtlich Größe und Art des Unternehmens, steuerbezogene Informationen bis zu zehn Jahre in digital auswertbarer und strukturierter Form aufbewahren. Zeitraubendes Sichten unzähliger Mikrofilme und Aktenordner durch Finanzbeamte und Wirtschaftsprüfer sollte durch diese Vorschrift ebenso vermieden werden wie Dokumentationslücken.

  • Compliance und ECM ergänzen sich gegenseitig

    Die Komplexität der heutigen Compliance-Vorschriften macht es für Mitarbeiter fast unmöglich, selbst den Überblick darüber zu behalten, welche Nachrichten gespeichert werden müssen und welche nicht. Daher können Unternehmen heutzutage nicht mehr darauf verzichten, E-Mails automatisch zu sichern. Eine softwareseitige Unterstützung erleichtert nicht nur den Mitarbeitern die Arbeit, sondern gibt der Geschäftsführung Sicherheit, dass wichtige E-Mails auch wirklich aufbewahrt werden.

  • Digitalisierung von wichtigen Kulturgütern

    Weltweit sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Initiativen entstanden, die sich der Digitalisierung von wichtigen Kulturgütern widmen. Sie alle verfolgen dabei das doppelte Ziel, die Werke vor übermäßiger Abnutzung zu schützen und sie über das Internet einem weltweiten Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Mittelfristig steht natürlich auch das Ziel im Raum, digitale Sicherheitskopien anzulegen, um im Falle einer Katastrophe möglichst originalgetreue Nachbildungen anfertigen zu können.

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