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Antiterrordatei auf dem Prüfstand


ULD: "Visa-Warndatei und Antiterrordatei trennen"
Einreisende und Einlader nach dem Ausländerrecht seien nicht per se ein zu rasterndes Sicherheitsrisiko


(08.06.11) - Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) wendet sich gegen die vom Bundeskabinett geplante enge Verknüpfung einer neuen Visa-Warndatei mit der verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen Antiterrordatei.

Nach dem beschlossenen Regierungsvorschlag sollen künftig alle Visumantragsteller sowie Einlader, Verpflichtungsgeber oder so genannte sonstige Referenzpersonen beim Bundesverwaltungsamt (BVA) mit Daten aus der Antiterrordatei über terrorverdächtige Personen automatisiert abgeglichen werden. Im Trefferfall sollen die Daten an die zuständigen Sicherheitsbehörden zur Prüfung von Sicherheitsbedenken übermittelt werden. Die beteiligten Sicherheitsbehörden sollen die erlangten Daten für eigene Zwecke weiterverwenden, z. B. an weitere Behörden übermitteln können.

Das Verfahren gilt für alle am Visumantrag beteiligten Personen, also auch Einlader oder sonstige Referenzpersonen, selbst wenn keine Anhaltspunkte für Sicherheitsrisiken bestehen. Überwiegend würden Personen mit der Antiterrordatei abgeglichen, die sich rechtstreu verhalten und von denen keinerlei terroristische Gefahr ausgeht. Zwar sollen die Daten beim BVA umgehend automatisiert gelöscht werden, wenn der Abgleich keinen Treffer ergibt.

Da aber eine Eintragung in der Antiterrordatei aufgrund der weiten und unbestimmten Eintragungsvoraussetzungen leicht unzutreffend und unberechtigt sein kann und gerade bei Ausländern aufgrund von unterschiedlichen Namensschreibweisen oder unvollständigen Personenangaben oft Verwechslungen vorkommen, besteht laut ULD eine große Gefahr, dass Betroffene durch den Abgleich grundlos Nachteile erleiden. Die Erforderlichkeit des Abgleichs wird im Entwurf nicht dargelegt; nach Ansicht des ULD besteht sie nicht, weil das Ausländerrecht bereits ein Verfahren der Überprüfung von Sicherheitsbedenken bei Visumantragstellern aus bestimmten Staaten regelt.

Thilo Weichert sagte: "Die Antiterrordatei steht derzeit auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand und wird in Karlsruhe wahrscheinlich durchfallen. Doch unabhängig davon ist der geplante Datenabgleich von Visumsantragstellern und Beteiligten mit dieser Datei nicht akzeptabel. Hier muss nachgebessert werden. Einreisende und Einlader nach dem Ausländerrecht sind nicht per se ein zu rasterndes Sicherheitsrisiko. Die Zeiten, in denen das Ausländerrecht als Polizeirecht behandelt wurde, sollten eigentlich vorüber sein."

Hintergrund:
Der Vorschlag ist Teil des Gesetzentwurfs zur Errichtung einer Visa-Warndatei und zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (BR-Drs. 318/11). Er beruht letztlich auf einem engen, am Erforderlichkeitsgrundsatz orientierten Zuschnitt der neu einzurichtenden Visa-Warndatei. Anders als frühere Entwürfe aus der vergangenen Legislaturperiode verzichtet der nun vorgelegte Entwurf für die Visa-Warndatei auf eine verfassungswidrige Vorratsspeicherung der Daten aller am Visumverfahren beteiligten Personen in einer Datei, auf die neben den Visumbehörden auch die Sicherheitsbehörden Zugriff haben.

In die Visa-Warndatei sollen nur tatsächlich festgestellte Straftaten und andere Formen von Missbrauch eingetragen werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Visumverfahren stehen. Der Zugriff auf die Datei bleibt ausschließlich den Visumbehörden vorbehalten.

Gegen das Antiterrordateigesetz wurde schon vor einigen Jahren Verfassungsbeschwerde erhoben. Das ULD vertritt in einer Stellungnahme die Ansicht, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist (siehe ULD-Tätigkeitsberichte 2008, Kap. 4.2.2, und 2009, Kap. 4.2.7). Das Bundesverfassungsgericht wird über die Beschwerde voraussichtlich noch im Jahr 2011 entscheiden.

Eine aktuelle Stellungnahme des ULD zum Entwurf eines Visadateigesetzes ist im Internet abrufbar unter https://www.datenschutzzentrum.de/polizei/20110527-visa-warndatei.html
(ULD: ra)

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