Verlagerung des Firmensitzes innerhalb der EU


Bundesregierung will Verlagerung des Unternehmenssitzes EU-weit einheitlich geregelt wissen
Grenzüberschreitende Verlegung des Registersitzes bedürfe einheitlicher Regelungen in allen Mitgliedstaaten der EU


(09.04.09) - Innerhalb der Europäischen Union soll nach Ansicht der Bundesregierung die grenzüberschreitende Verlagerung des Unternehmenssitzes einheitlich geregelt werden. Die Regierung hat eine solche Initiative "seit langem" gefordert und erwarte, auch vor dem Hintergrund ähnlicher Forderungen des Europaparlaments, dass die EU-Kommission "in absehbarer Zeit" einen Richtlinien-Entwurf vorlegt.

Dies erklärt sie in ihrer Antwort (16/12403) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/12206). Das "Cartesio"-Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Dezember vorigen Jahres habe erneut deutlich gemacht, dass die grenzüberschreitende Verlegung des Registersitzes einheitlicher Regelungen in allen Mitgliedstaaten der EU bedürfe.

Nicht aufeinander abgestimmte einzelstaatliche Regelungen seien nicht sinnvoll. Dagegen unterfalle nach Ansicht der Regierung die Verlagerung des Verwaltungssitzes, soweit sie den Wegzug der Gesellschaft betreffe, dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten.

Die Linksfraktion hatte in ihrer Kleine Anfrage vorbemerkt:
"Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasste sich in seinem "Cartesio"-Urteil (Rs. C-210/06) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 234 EG-Vertrag (EGV) mit der beabsichtigten Verlegung des Verwaltungssitzes des ungarischen Unternehmens Cartesio nach Italien. Das Unternehmen ist eine nach ungarischem Recht gegründete Kommanditgesellschaft mit Sitz in Baja (Ungarn). Cartesio wollte seinen Verwaltungssitz nach Italien verlegen, gleichwohl aber den Rechtsstatus einer Gesellschaft ungarischen Rechts mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten beibehalten.

Das ungarische Handelsgericht verweigerte dem Unternehmen jedoch die Eintragung in das Handelsregister und verlangte eine Liquidation und anschließende Neugründung des Unternehmens in Italien. Der EuGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die ungarische Praxis, wonach einem ungarischen Unternehmen verwehrt wird, seinen Sitz in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu verlegen, mit der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 und 48 EGV vereinbar ist.

Der EuGH hat mit seinem "Cartesio"-Urteil vom 16. Dezember 2008 seine Rechtsprechung in der Rechtssache "Daily Mail" (Rs. 81/87) bestätigt: Demnach können Artikel 43 und 48 EGV einen EU-Mitgliedstaat nicht daran hindern, einer inländischen Gesellschaft die Rechtspersönlichkeit abzuerkennen, wenn sie ihren Verwaltungssitz in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates verlegt. Der EuGH äußerte sich jedoch in einem obiter dictum auch zur Möglichkeit der grenzüberschreitenden Umwandlung einer Inlands- in eine Auslandsgesellschaft und stellt fest, dass eine Verlegung des Satzungssitzes ohne vorherige Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft im Herkunftsland von der Niederlassungsfreiheit gedeckt ist (Verbindungsbüro des Deutschen Bundestags. Bericht aus Brüssel Nr. 3/2009, S. 6 bis 7).

Weiterhin kündigte die EU-Kommission (KOM) im Rahmen der Folgenabschätzung einer 14. Gesellschaftsrechtslinie an, dass sie weitere EU-Rechtsinitiativen hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verlegung des Satzungssitzes von Kapitalgesellschaften im Nachgang und in Kenntnis des "Cartesio"-Urteils des EuGH erwägt (SEK(2007) 17007, S. 6)."
(Deutsche Bundesregierung: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen